Zwitterwesen

Dual-Mode ohne IN-Technik

In den folgenden Abschnitten sollen einige Möglichkeiten für die Nutzung von Dual-Mode-Telefonen bei verschiedenen Netzausbaustufen vorgestellt werden.

Der erste Fall behandelt die "klassische" Anwendung von Dual-Mode-Telefonen: Hier sind die DECT-Basisstationen mit dem Festnetz verbunden, das noch nicht über eine intelligente Rufzustellung verfügt. Die DECT-Basisstationen können entweder Einzellensysteme für den Heimbereich beziehungsweise für kleine Büros sein oder Mehrzellensysteme zur Funkabdeckung von größeren Firmenarealen (siehe Bild 1). Die Systeme werden über ISDN oder eine analoge Anschaltung an das Festnetz gekoppelt. Da sowohl die DECT-Basisstationen als auch die Dual-Mode-Telefone konform zum GAP-Standard (Generic Access Profile) sind, lassen sich die Basisdienste (Verbindungsaufbau, -abbau et cetera) auch zwischen Komponenten verschiedener Hersteller realisieren.

Der Vorteil besteht für den Dual-Mode-Benutzer bei dieser Variante darin, daß er sowohl auf Reisen als auch zu Hause oder im Büro nur ein Handy benötigt. Das Dual-Mode-Telefon erkennt, welches Netz zur Zeit verfügbar ist und schaltet den entsprechenden Modus selbständig ein. Die Erreichbarkeit unter einer Rufnummer ist hier allerdings nur über das Einrichten einer bedingten Rufumleitung (Call Forwarding) möglich. Hier bieten sich zwei Alternativen an:

Zum einen kann man im GSM-Netz ein "Call Forwarding on not Reachable" einrichten. Das Rufumleitungsziel ist dann die Festnetzrufnummer der entsprechenden DECT-Basisstation. Die Alternative ist die Einrichtung eines "Call Forwarding on no Reply" im Festnetz. Hier entstehen allerdings lange Reaktionszeiten, bis der Anruf weitergeleitet ist (typisch sind 20 bis 30 Sekunden), da zunächst der Ruf an die Festnetznummer geleitet wird und der Benutzer die Chance hat, den Ruf dort entgegenzunehmen.

Im zweiten Fall ist eine Verbesserung der Prozedur möglich, wenn die Basisstation ein sogenanntes "Periodic Location Registration" unterstützt. Hierbei überprüft die Basis periodisch, ob sich das Dual-Mode-Handy im Versorgungsbereich befindet. Mit dieser Information kann die Anlage dann automatisch ein Call Forwarding im Festnetz einrichten. Verläßt zum Beispiel das Dual-Mode-Gerät den Versorgungsbereich einer DECT-Station, so wird die Rufumleitung aktiviert. Im anderen Fall meldet sich das Handy an der Basisstation an und desaktiviert automatisch die Rufumleitung. In Verbindung mit einer "intelligenten" DECT-Basisstation ist also bei der Verwendung eines Dual-Mode-Handhelds die Erreichbarkeit unter einer Rufnummer realisierbar.

Allerdings verursachen Rufumleitungen immer Kosten für den Angerufenen. Auch wenn mehr als zwei Festnetzstandorte - zum Beispiel der Heim- und der Büroanschluß - in das Erreichbarkeitsszenario eingeschlossen werden sollen, ist dieses nur mit einem sehr aufwendigen und unbequemen Verfahren möglich. Es bedeutet vor allem einen hohen Signalisierungsaufwand im Festnetz.

Einen Ausweg aus dieser Problematik zeigen die sogenannten Intelligenten Netze (siehe Bild 2). Dort wird eine Mobilität des Endgeräts wie in Mobilfunksystemen angeboten. Dafür wurde der Begriff "Cordless Terminal Mobility" (CTM) geprägt. CTM beinhaltet Mobilitätselemente wie das An- und Abmelden der Endgeräte im Netz, um dem Netz den aktuellen Aufenthaltsort bekanntzumachen. Dazu müssen die DECT-Basisstationen bestimmte Protokolle auf der Netzschnittstelle unterstützen. Im ISDN-Bereich wird zur Zeit eine Erweiterung des DSS1-Protokolls zur Realisierung der Mobilitätsfunktionen standardisiert, während im analogen Netz die relevanten Informationen per DTMF-Signalisierung (Tonwahlverfahren) übertragen werden müssen. Diese Variante ist allerdings nicht standardisiert, so daß hier die Implementation vom Netzbetreiber abhängig ist.

Der Nutzer selbst braucht nicht mehr selber aktiv werden, um seinen Aufenthaltsort bekanntzumachen. Er ist in mehreren DECT-Bereichen, auch in öffentlichen DECT-Inseln, unter seiner eigenen Telefonnummer erreichbar. Die Rufnummer dieser zusammenhängenden DECT-Versorgungsbereiche muß dem Kunden also gar nicht bekannt sein. Sollte sich der Dual-Mode-Nutzer in keiner DECT-Insel aufhalten, so richtet der SCP (Service Control Point) als Rufweiterleitungsziel das Standardziel ein, in diesem Fall die GSM-Rufnummer des Kunden. Damit ist er auch unterwegs unter einer einzigen Rufnummer erreichbar. Diese Technik wurde in Feldtests bereits erfolgreich erprobt und läßt sich voraussichtlich ab Ende 1998 kommerziell einsetzen (siehe Kasten "DECT-Pilot Berlin").