Künstliche Dummheit statt Künstliche Intelligenz

Warum Künstliche Intelligenz (KI) in Spielen stagniert

Wo bleiben Emotionen?

Bei der Gegnerintelligenz mag das Story-Argument der Entwickler noch ziehen, bei den sterilen oder unglaubwürdigen Spielwelten vieler Titel versagt es jedoch. Die Auftraggeber in Hellgate wirken ähnlich lebendig wie Litfass-Säulen, The Witcher-Hausbewohner stört es nicht die Bohne, wenn der eingedrungene Held sämtliche Schränke und Truhen plündert.

Die Tristesse im virtuellen Leben ist ein Lieblingsthema für Frank Gwosdz und Serein Pfeiffer. Die beiden entwickeln mit ihrer Firma Artificial seit 2005 KI-Software für Spielestudios. Frank Gwosdz: „Viele Entwickler kümmern sich bei der KI nur um das, was fürs Spielprinzip essentiell ist. Aber wenn man sich zum Beispiel die Herr-der-Ringe-Bücher von Tolkien durchliest, dann geht es darin eben nicht nur um das Essentielle der Handlung. Die Bücher schildern ein ganzes Universum. Erst dadurch kann man ein Gefühl von Lebendigkeit hervorrufen.“

Lebendige Spielwelten machen die Arbeit der KI-Programmierer freilich um ein Vielfaches komplizierter. Schließlich müssen Sie dann nicht nur das Verhalten von Gegnern und Einheiten definieren, sondern auch das von unzähligen Tieren und Nicht- Spieler-Charakteren – am besten noch abhängig vom Wetter und von den Tageszeiten.

Wie schnell das zur Mammutaufgabe werden kann, erläutert Thomas Stein am Beispiel des Gegnerverhaltens von Anno 1701: „Wir mussten zunächst eine lange Liste von Bedingungen erstellen, die eintreffen können. Aus denen ergaben sich jeweils bestimmte Aktionen. Diese Aktionen mussten wiederum für jeden Gegner einzeln konfigurierbar sein und außerdem das Verhältnis zum Spieler sowie das Verhältnis der KI-Spieler untereinander berücksichtigen.“

Ein weiteres Problem dieser so genannten „Environmental AI“: Je glaubwürdiger und realistischer die Spielwelt, desto auffälliger und störender die Unstimmigkeiten. Die Experten von Gamestar zeigen sich etwa allesamt tief beeindruckt von den belebten Städten in Assassin‘s Creed.

Viele Spieler kritisieren jedoch das offensichtlich unlogische Verhalten der Passanten, die einen Mörder offenbar selbst dann nicht erkennen, wenn er mit erhobenem Schwert neben ihnen steht.