Sun-Microsoft: Analyse und Hintergründe

Suns Zukunft bleibt ungewiss

In seiner Stellungnahme Anfang April hat Sun nämlich unter anderem in einem Nebensatz eingeräumt, es betrachte die von seiner Seite in Brüssel vorgebrachten Bedenken mit der Übereinkunft als erledigt. Damit wird der Kommission erheblich Wind aus den Segeln genommen. Zwar hat die Einigung mit Sun verfahrenstechnisch mit der EU-Entscheidung nichts zu tun, doch schwächt sie aus Sicht von Experten die Position von Wettbewerbskommissar Mario Monti vor dem EU-Berufungsgericht in Luxemburg, wo Microsoft die von der Kommission verhängten Strafen und Auflagen zunächst aussetzen und anschließend aufheben lassen will.

Die auf zunächst zehn Jahre vereinbarte technische Kooperation sollte die technischen Abgründe zwischen den Systemen beider Unternehmen reduzieren und Suns Server den Austausch von Informationen mit Desktops und Servern unter Windows erleichtern. Sun dürfte es so leichter haben, Kunden bei der Stange zu halten, die seine Systeme in heterogenen Umgebungen verwenden wollen. Und Microsoft dürfte im Gegenzug von Suns Erfahrungen mit großen Servern profitieren, wo Windows bislang noch wenig erfolgreich ist.

Dass Suns Absatz davon kurzfristig profitiert, ist allerdings kaum zu erwarten. Ein Kernproblem bleibt zudem noch außen vor - wie nämlich Microsoft und Sun ihre inkompatiblen Techniken zur Entwicklung Web-basierender Anwendungen unter einen Hut bekommen wollen. "Ich bin überrascht, dass der Deal zustande gekommen ist", wundert sich beispielsweise Bill Joy, der Sun mitgegründet und im vergangenen September von den geheimen Verhandlungen erfahren hatte, bevor er das Unternehmen verließ. "Mit Microsoft zu arbeiten war eigentlich fast ein Ding der Unmöglichkeit."

Sun hatte seine große Zeit in den späten 90er Jahren, als das Unternehmen auf der Internet-Welle ritt und Tausende seiner Server in die Rechenzentren von Finanz-, Telco- und Internet-Firmen verkaufte. Während andere Hersteller ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung reduzierten, steckte Scott McNealy Milliarden in Prozessoren, die mit denen von Intel und in Software, die mit der von Microsoft konkurrierten. Als dann die IT-Budgets sanken, kauften die Anwender immer weniger Server mit Suns proprietären Sparc-Prozessoren und Solaris, sondern wandten sich preiswerteren Systemen mit Intel-Chips und Linux oder Windows zu. Sun begann daraufhin selbst mit dem Verkauf von Linux-Servern, rutschte aber immer tiefer in die Verlustzone.