Kommunikationssteckdose wird Realität

Vielseitige Einsatzgebiete für die PLC-Technologie

Die PLC-Technologie lässt sich sowohl auf Mittelspannungsleitungen (6,6 bis 20 kV) als auch auf Niederspannungsleitungen einsetzen, um die "Letzte Meile" zu überbrücken. Im Niederspannungsbereich wird zusätzlich zwischen Outdoor-Systemen (380 V) und Indoor-Installationen (220 V) unterschieden. Wegen der denkbar ungünstigen Übertragungseigenschaften von Starkstromleitungen für informationstechnische Signale funktioniert die PLC-Technologie nur über Entfernungen von bis zu 300 Metern, mit Repeater beträgt die Reichweite bis 500 Meter.

Neben Diensten wie Internetzugang und Telefonie bietet die PLC-Technik eine Fülle weiterer Einsatzmöglichkeiten im Bereich der so genannten energienahen Dienste. So könnte beispielsweise der Energieverbrauch von Elektrogeräten wie Waschmaschinen oder Warmwasserbereitern zentral gesteuert werden, wobei Verbrauchsspitzen und besonders günstige Tarife berücksichtigt würden. Außerdem ließe sich elektrischen Haushaltsgeräten oder Fertigungsmaschinen eine individuelle Internetadresse zuteilen. Störungen würden dann automatisch an eine Service-Zentrale gemeldet, ebenso wären Ferndiagnose und Software-Updates über die Steckdose möglich. Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Überwachung von Häusern und Wohnungen.

Für die Energieversorger als Eigentümer der Infrastruktur wird das Fernablesen der Stromzähler über PLC eine wichtige Rolle spielen. Nur mit Hilfe einer Online-Ablesung, wie sie bereits heute im skandinavischen Raum praktiziert wird, kann der Kunde flexibel zwischen verschiedenen Anbietern auswählen. Andererseits haben die Energieversorgungs-Unternehmen die Möglichkeit, ihren Kundenkreis zu erweitern.

Schließlich lässt sich mit der PLC-Technik auch in Altbauten oder denkmalgeschützten Gebäuden eine IT-Infrastruktur bereitstellen, ohne dass dafür neue Kabel verlegt werden müssen. Interessant könnte die PLC-Technologie auch für die Anbieter von Inhalten (Content Provider) werden, weil damit eine neue Variante der Wertschöpfungskette entsteht.

Um unterschiedliche Dienste bereitzustellen, bietet es sich an, Outdoor- und Indoor-Systeme miteinander zu kombinieren. Die Schnittstelle zwischen beiden bildet der Stromzähler, der zur Verbindung der beiden Systeme überbrückt werden muss. Die amerikanische "Home Plug Powerline Alliance", der unter anderem Firmen wie Compaq, Intel, Motorola, AMD, Cisco, S3 Diamond Multimedia, Texas Instruments und Matsushita angehören, hat im Januar 2001 den Entwurf eines Standards zur Heimvernetzung verabschiedet. Damit sollen sich auch TV-Geräte, Videorecorder oder Stereoanlagen unterschiedlicher Hersteller miteinander koppeln lassen.

Andere Unternehmen wollen nicht die Stromverkabelung, sondern das hausinterne Telefonnetz als preiswertes Übertragungsmedium nutzen. Allerdings ist das Stromnetz normalerweise in Gebäuden viel feiner verzweigt und steht praktisch in jedem Raum zur Verfügung. So könnten Kühlschrank, Stereoanlage und Mikrowellenherd miteinander kommunizieren. Steuern lässt sich dies beispielsweise über den heimischen PC oder auch über das Internet. Dank der Vernetzung von Videorecorder und Internet-PC wäre es beispielsweise möglich, das Gerät vom Rechner im Büro oder sogar vom Handy aus zu programmieren. Anfang Mai wurde in einem Feldversuch die Praxistauglichkeit mit Prototypen verschiedener Hersteller erfolgreich getestet. Ziel der Home-Plug-Technik sind Datenraten von bis zu 10 MBit/s.

Überschaubare Zahl von Herstellern

Nach dem Ausstieg der großen Hersteller Norweb (Nortel Networks) und Siemens aus der Powerline-Technik teilen sich praktisch zwei Firmen den Weltmarkt: die schweizerische Ascom Powerline Communications AG und die israelische M@in.net Ltd. Das Powerline Center auf der CeBIT 2001 vermittelte einen guten Überblick über die zur Verfügung stehenden Produkte. Aussteller waren unter anderem Alcatel, Ascom, Datasoft, Enikia, Inari, Intellon, M@in.net, Power Plus, Nams, Phonex, Polytrax und Powertec.

Die Ascom-Powerline-Technik transportiert breit- und schmalbandige Datenströme sowie Sprachsignale über das Niederspannungsnetz 230/400 V bis zu den Steckdosen in Gebäuden. Das Konzept beruht auf einem Master-Slave-Prinzip und nutzt zur Modulation das GMSK-Verfahren (Gaussian Minimum Shift Keying). Das Frequenzband zwischen 1,6 und 30 MHz wird für den Access- und Indoor-Bereich aufgeteilt. Die tieferen Frequenzen von 1,6 bis etwa 13 MHz stehen für den Zugang zur Verfügung. Mit ihnen lassen sich Entfernungen von 200 bis 300 Meter ohne Einsatz eines Repeaters überbrücken. Für die in vielen Fällen unstrukturierten Netze im Inneren von Gebäuden werden die Frequenzen zwischen 10 und 30 MHz genutzt. Die Übertragungsdistanzen - ohne Repeater - liegen bei 100 Meter.

Die Datenraten der ersten serienreifen Produktgeneration erreichen bis zu 4,5 MBit/s. Welche Bandbreite und Reichweite tatsächlich erzielt wird, hängt einerseits von den Netzstrukturen ab, beispielweise ob Erdkabel oder Freileitungen genutzt werden. Andererseits spielen die Richtlinien in den einzelnen Ländern eine Rolle. Mittelfristig strebt Ascom Werte von bis zu 20 MBit/s an.

Die Ascom-PLC-Produktfamilie besteht heute aus folgenden Komponenten:

- dem Outdoor-Master zur Steuerung und Verteilung von Sprache, Daten;

- einem Outdoor-Access-Point: Er empfängt und sendet Signale vom und zum Outdoor Master;

- dem Indoor-Controller: Das Gerät übermittelt die Signale zu den Powerline-Adaptern;

- dem Powerline-Adapter, einer Plug-and-Play-Lösung zur Verbindung von Endgeräten mit dem "Daten-Strom".

Alcatel Kommunikationselektronik benutzt für seine PLC-Übertragungstechnik "Line Runner PDSL" die Mittelspannungsebene (20 bis 30 kV), um darüber Punkt-zu-Punkt-Verbindungen mit 2 MBit/s aufzubauen. RWE hat mit Hilfe dieser Technik in einem Feldversuch bereits rund 200 Privat- und Geschäftskunden in Essen angeschlossen. City-Carrier wie MA-Net/Stadtwerke Mannheim (MVV-Energie AG) mit rund 40 Pilotstrecken oder R-Kom greifen ebenfalls auf die Line-Runner-PDSL-Systeme zurück. Ferner ist die Technik von Alcatel seit 1999 bei den EnBW-Kunden in Herrenberg im Einsatz.

Die in München ansässige Polytrax konzentriert sich mit ihrem System dagegen auf den Heimmarkt. Die PTX2-Produktfamilie arbeitet in Europa in den freigegebenen Cenelec-Bändern B und D. Die maximale Übertragungsrate liegt bei 150 kBit/s. Das reicht nach Angaben des Herstellers aus, um im Web zu surfen, zu telefonieren oder um Fernseher oder Stereoanlage mit Lautsprechern zu verbinden. Seit der CeBIT 2001 vermarktet auch die Powertec AG die Polytrax-Produkte "Asop" und "Asoss". Powertec hat in Europa bereits über 750 000 PLC-Lösungen installiert. Hinter Polytrax stehen finanzkräftige Investoren wie die Deutsche Telekom und France Télécom, außerdem einige Venture-Capital-Geber. Dies ist einer der Gründe, weshalb das Unternehmen innerhalb kurzer Zeit seine Position im PLC-Markt ausbauen konnte.

In der Bundesrepublik haben bereits einige Service Provider PLC in ihr Produktportfolio aufgenommen und bieten entsprechende Dienste an. So zeigt RWE am Beispiel einer Musterwohnung in der Kruppstraße 5 in Essen, wie das voll vernetzte Haus der Zukunft aussehen könnte. Dort sind Powerline-Anwendungen in einer realen Wohnumgebung zu sehen. Besucher können mit "RWE Powerline" telefonieren oder im Internet surfen.