Express per Glasfaser

Von WDM zu DWDM

Um hohe Übertragungskapazitäten zu erreichen, gibt es drei Möglichkeiten:

- die Installation zusätzlicher Glasfaserverbindungen - eine kostspielige und häufig nicht durchführbare Alternative;

- den Einsatz von TDM-Systemen (TDM = Time Division Multiplexing) der nächsten Generation - eine traditionelle Methode der Kapazitätserhöhung von 10 GBit/s auf 40 GBit/s, die in naher Zukunft jedoch nicht möglich sein wird;

- Wellenmultiplex-Systeme (WDM) bilden die Grundlage für TDM-Systeme - mit WDM (Wavelength Division Multiplexing) lassen sich die Transportkapazitäten bestehender Glasfasernetze auf wirtschaftliche Weise erhöhen. Durch die Nutzung optischer Multiplexer und Verstärker werden beim WDM mehrere optische Signale miteinander kombiniert, als Gruppe verstärkt und zum Zwecke der Kapazitätssteigerung gemeinsam über eine einzige Glasfaser übertragen. Ein WDM-gestütztes System ermöglicht diese Steigerung unter Beibehaltung der Leistung, Zuverlässigkeit und Stabilität des Systems.

WDM ist ein optisches Multiplexverfahren, bei dem die einzelnen Kanäle auf Wellen unterschiedlicher Länge durch das Übertragungssystem "laufen". Dies ist möglich, weil sich Lichtwellen unterschiedlicher Länge nicht gegenseitig stören. Bei der WDM-Übertragung wandeln lichtemittierende Dioden oder Laser die elektrischen Signale in Lichtsignale einer bestimmten Wellenlänge (Lichtfarbe) um. Ein passives optisches Koppelelement (Sternkoppler) führt die Signale der einzelnen Kanäle zu einem optischen Multiplexersignal zusammen, das anschließend über die Leitung geht. Am Empfangsort teilen wellenlängenabhängige passive Filter oder opto-elektrische Empfangselemente den Input wieder in einzelne Kanäle auf. Da sich die Lichtwellen gegenseitig nicht beeinflussen, lassen sich unterschiedliche Datenformate und Bandbreiten gleichzeitig übertragen.

Mit WDM als Transporttechnik bauen Netzbetreiber eine Infrastruktur auf, die sie später je nach Bedarf erweitern können. Dabei lassen sich die Kapazitäten in beliebigen Teilbereichen des Netzes ausbauen - ein Vorteil, den keine andere Technik bietet.

Im Vergleich zu Repeater-gestützten Systemen ergeben sich bei WDM größere Abstände zwischen den Netzelementen. Darüber hinaus lassen sich mit der optischen Verstärkerkomponente des WDM-Systems Kosten sparen, da die optischen Signale für die Übertragung und Verstärkung nicht in elektrische Signale umgewandelt werden müssen. Außerdem ermöglicht WDM die Nutzung eines breiten Wellenlängenbereichs im 1550-nm-Fenster. Durchstimmbare Laser, die mit mehreren Wellenlängen arbeiten können, erleichtern es, solche Netze aufzubauen.

Die verfügbare Übertragungskapazität ergibt sich aus der Zahl der Wellenlängen und der Datenrate pro Wellenlänge. Eine Erweiterung von WDM heißt "Dense WDM" (DWDM), eine Technik zum Übertragen von 80 Wellenlängen über eine Glasfaser, die siebenmal dünner als ein menschliches Haar ist.

Wichtig ist, dass WDM und DWDM keine besonderen Glasfasern benötigen, sondern lediglich Standardkabel. Mit Hilfe von optischen Verstärkern überwinden optische Komponenten laut Siemens Strecken von mehr als tausend Kilometern, ohne dass die einzelnen Signale zwischendurch aufgespaltet und elektrisch verstärkt werden müssen. Deswegen dient WDM heute in Weitverkehrsnetzen - vor allem in den USA, weil dort angesichts des Internet-Booms die Glasfasern schon knapp sind. Aber auch die Deutsche Telekom investiert in diese Technik und will bis zum Jahr 2002 ein DWDM-Transportnetz mit einer Übertragungskapazität von 40 GBit/s aufbauen.

Auch in City-Netzen werden DWDM und WDM verstärkt zum Einsatz kommen; allerdings nicht aus denselben Gründen wie auf der Langstrecke, denn im Stadtnetz gelten andere ökonomische Rahmenbedingungen. Es geht dort nicht darum, möglichst viele Daten möglichst weit zu transportieren, sondern flexible Netze kostengünstig anzubieten. "Flexibel" heißt, dass die Leitungen verschiedene Protokolle und Formate übertragen. Und hier erscheint vor allem Gigabit-Ethernet interessant, obwohl Ethernet von den Erfindern als eine Technik für lokale Netze und nicht für längere Strecken entwickelt wurde. Ursprünglich war das Verfahren dafür ausgelegt, möglichst vielen Teilnehmern den Zugriff auf ein einziges Netz, das "Shared Medium", zu erlauben. Die physikalische Ausdehnung des Systems war auf wenige hundert Meter begrenzt und die nutzbare Bandbreite betrug weit weniger als 10 MBit/s. Die aktuelle "Gigabit-Ethernet"-Technik knüpft Punkt-zu-Punkt-Verbindungen im Voll-Duplex-Betrieb, sodass keine Reichweitenbeschränkungen mehr bestehen. Siemens hat bereits die Übertragung von Gigabit-Ethernet auf einer Strecke von 1570 Kilometern zwischen München und Wien demonstriert.

Weil Ethernet als Basis von Firmennetzen dient, die alle Internet- und Intranet-Anwendungen mit Hilfe des Internet-Protokolls (IP) realisieren, ist die Technik für Fernübertragungen interessant. Ethernet (10 MBit/s), Fast Ethernet (100 MBit/s), Gigabit-Ethernet (1000 MBit/s) und sehr bald auch 10-GBit/s-Ethernet verbinden einzelne Computer, Server, Workgroups, Stockwerke und Gebäude auf dem firmeneigenen Campus miteinander. Der Zusammenschluss mehrerer Filialen erfolgt häufig über Festverbindungen, zum Beispiel eine gemietete 2-MBit/s-Standleitung, die Gigabit-Ethernet-Übertragungen wie ein Flaschenhals behindern und Voice- oder Video-over-IP-Anwendungen unmöglich machen.

Die direkte Verbindung der Geschäftsstellen mittels Gigabit-Ethernet über DWDM hat für das Firmennetz einige Vorteile. Zunächst kann das Unternehmen auf IP-Switches verzichten, die das Signal auf das Format der Standleitung konvertieren. Vielmehr verbinden sie den Ethernet-Anschluss direkt mit dem City-Netz. Alle Applikationen des lokalen Netzes funktionieren standortübergreifend. Im Grunde genommen gibt es nur noch einen großen virtuellen Campus, weil die gleiche Technik - in diesem Fall Ethernet - auf dem Campus und zwischen den Campus-Netzen verwendet wird. Gleichzeitig hat sich das Thema Flaschenhals erledigt. Und bei Bedarf fügt der Anwender per WDM oder DWDM sukzessive weitere Übertragungskanäle hinzu.

Eine flexiblere Gestaltung der rein optischen Netze erlauben Add/Drop-Multiplexer beziehungsweise Abzweigmultiplexer. Bei Add/ Drop-Multiplexern bestimmt der Administrator bereits im Vorfeld, welche Wellenlängen bei jedem Netzknoten abzweigen und welche hinzukommen. Denn bestimmte Signale will man vielleicht nicht über die gesamte Strecke übertragen, sondern bereits unterwegs weiterverarbeiten. Und anders als elektronische Systeme steuern solche Multiplexer den Verkehr, ohne von der optischen auf die elektronische Ebene zurückzuwechseln. Ein weiterer Entwicklungsschritt sind "rekonfigurierbare" Add/Drop-Multiplexer. Sie steuern den Verkehr in Echtzeit und ermöglichen eine dynamische Bandbreitenzuweisung. Benötigt ein bestimmter Netzknoten mehr Wellenlängen, so kann er sie auch bekommen.