Ex-CompuServe-Chef Felix Somm im Interview

"Das ist dann natürlich alles auf Eis gelegt worden"

tecChannel: Hatte Ihr Ausscheiden bei CompuServe mit dem Prozess zu tun, oder wollten Sie sich ohnehin selbstständig machen?

Somm: Eigentlich nicht, ich wollte zu dem Zeitpunkt meine eigene Firma gründen. Ich habe mich mit Internet beschäftigt, seit ich 1988 von der Uni abgegangen bin. Damals gab es noch kein World Wide Web. Es war spannend. Darum bin ich dann zu CompuServe gegangen. Im Juni 1997 hat das Internet eine Entwicklung genommen, wo ich mir gesagt habe, das ist sicherlich eine Chance, etwas Neues anzufangen. Wissensmodelle haben sich geändert und der Zeitpunkt war richtig, denke ich. Wenn die Umstände anders und die Motivation besser gewesen wäre, dann hätten wir gesagt, gut, warum nicht noch ein Jahr länger. Aber mein Ziel war grundsätzlich, ich wollte das machen. Ich habe die Chance gesehen und wollte sie ergreifen. Manchmal braucht es einen kleinen Anlass, um das ganze Ding dann letztendlich auf die Kante zu bringen.

tecChannel: Hat CompuServe Inc. jemals daran gedacht, die deutsche Niederlassung zu schließen, weil man dort den Geschäftsführer vor den Kadi zerrt?

Somm: Nein, weil die deutsche Niederlassung jahrelang die prosperierendste in Europa war. Wir hatten damals - das kann man auch noch nachlesen - die Absicht, in ein relativ großes Gebäude in Unterhaching zu ziehen. Wir hatten damals auch noch die Idee, ein Rechenzentrum aufzubauen mit Internettechnik, um besser auf die lokalen Bedürfnisse eingehen zu können. Das ist damit natürlich alles auf Eis gelegt worden. Die Entwicklung ist dann ganz anders gegangen. Wie sie sonst gelaufen wäre, kann heute keiner einschätzen. Damals sind wir von einem Unternehmen unterstützt worden, das mit Hundertprozent Volldampf in die Zukunft gefahren ist. Schließlich hat man dann gesagt: Wollen wir in Deutschland investieren? Wir haben ja noch England, wir haben ja noch Paris. Wo ist der richtige Standort? Und das war natürlich nicht mehr das Argument, dass wir sagen können, wir haben hier alle Unterstützung der Welt...