Ex-CompuServe-Chef Felix Somm im Interview

"Die standen mit drei Bussen vor der Tür"

tecChannel: Wann haben Sie zum ersten Mal davon erfahren, dass man über CompuServe strafbare Inhalte aus Newsgroups abrufen kann? Erst dann, als die Staatsanwaltschaft Sie angeschrieben hat?

Somm: Die haben uns nicht angeschrieben. Die standen mit drei Bussen voller Polizisten vor der Tür, und hatten wohl gedacht, dass es da viel abzutransportieren gäbe. (Anm. d. Red: CompuServe unterhielt damals in Deutschland kein eigenes Rechenzentrum.) Dass im Internet grundsätzlich Probleme da sind, das kann niemand verleugnen - das hat jeder gewusst. Das Interessante war ja auch, dass mir der Staatsanwalt das vordemonstrieren wollte an dem Tag, und es nicht konnte. Von daher haben wir im Anschluss der Durchsuchung gesagt, da muss irgendwas sein, und haben gesucht. Aber keiner der Beamten konnte während der Durchsuchung etwas finden oder uns etwas aufzeigen. Wir haben dann die Problematik erkannt: Die Polizei hatte andere Newsreader und andere Grafiksoftware eingesetzt. Wenn ich natürlich ganz konkret den Hinweis habe, bis auf den Punkt genau - dann finde ich das Zeug. Das war sicher auch ein Problem im Nachhinein: Wir haben die Pädophilie-Newsgroups gesperrt, auf Grund eines konkreten Hinweises. In der Menge der News ist aber das Suchen und Sperren nicht unbedingt etwas, das ich sehr einfach und schnell tun kann.

tecChannel: Wie war die Reaktion von CompuServe in den USA, als sie selbst erst die Sperrung von fünf Newsgroups, und dann auf einen Hinweis der Behörden von ganzen 282 verlangt haben?

Somm: Absolutes Verständnis. Es ist wichtig zu verstehen: Das ist eine Midwest-Firma. CompuServe saß in Columbus, Ohio. Das ist ein Ort, wo Familien hinziehen, wenn sie ihre Kinder großziehen wollen. Dort ist Kinderpornografie genauso wie hier etwas schockierendes, das jeder verdammt. Deshalb ist die Reaktion genau so gewesen: Das ist schockierend, das darf nicht sein - was können wir tun?