"Kapitalismus geht in Richtung Social"

Das Business wird social

Menschliche Roboter

Sie zitieren für ihre Sicht den Ökonomieexperten Gary Hamel und dessen Buch "What Matters Now: How to Win in a World of Relentless Change, Ferocious Competition, and Unstoppable Innovation" (deutsch: "Worauf es jetzt ankommt"). Hamel vertritt die Ansicht, dass traditionelle Ansätze der Mitarbeiterführung nach dem hierarchischen Befehls- und Kontrollmodell nur für die effiziente Massenproduktion im 20. Jahrhundert geeignet waren. Bislang habe sich dieses nicht mehr zeitgemäße Verhalten aber im Prinzip nicht geändert. Noch immer gehe es darum, "Menschen in semiprogrammierbare Roboter" zu verwandeln.

Web-inspirierte Werte

Dieses Management-Modell habe ausgedient. An seine Stelle würden als Schlüsselelemente der Unternehmensführung "Web-inspirierte Werte" treten: Gemeinschaft (= Community), Transparenz, Meritokratie, Offenheit und Kollaboration. Das seien die Ankerpunkte, von denen künftig der Erfolg von Unternehmen abhänge. Status- und Senioritätsprinzip hätten keine Zukunft mehr. Nur Unternehmen, die diese Vorgaben mit den herkömmlichen Vorstellungen von Verantwortlichkeit und Kontrolle kombinieren, könnten erfolgreich sein.

Ähnlich argumentiert Experton-Analyst Giering. Er schreibt, Transformationen innerhalb der Bereiche der Arbeitswelt, der Gesellschaft und der Technik böten mannigfaltige Möglichkeiten, um den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden und zu effizienteren Arbeitsweisen zu gelangen. Das zielt auf den Kern der Diskussion, die Potenziale von Social Media.

Giering macht hierzu Anleihen bei der industriellen Revolution und den nach den Prinzipien von Frederick Winslow Taylor gestalteten Arbeitsabläufen. Er vertritt die These, dass bereits vor über 100 Jahren "erstmalig die klassische Trennung von Privat- und Arbeitswelt verschwamm". Genau das Argument ist heute en vogue - wenn auch aus anderen Gründen.

Social = Ausbeutung?

Provokativ fragt Giering, ob Social Business im Sinne des Taylorismus einen Rückschritt bedeute. Denn Social Business ziele "eben auch auf Arbeitsteilung, Produktivitäts- und Effizienzsteigerung ab". Er stellt zur Diskussion, ob "die gegenwärtigen Entwicklungen, mit all ihren vermeintlichen Vorteilen" nicht doch "bloß wieder ein Versuch sind, die menschliche Arbeitskraft möglichst effizient auszubeuten". Nein, sagt Giering.

Das Prinzip des Social Business sei "wohl eher in der postindustriell entstandenen Human-Relations-Bewegung der 1940er Jahre verortet, welche eine Humanisierung der Arbeit zum Ziel hatte". Um dieses Ziel zu erreichen, gab es im Wesentlichen drei arbeitsorganisatorische Maßnahmen: Job-Rotation, Job-Enlargement und Job-Enrichment - alle sind Kennzeichen von Social Media

Job-Rotation

Job-Rotation habe einen wiederkehrenden, systematischen Arbeitsplatzwechsel vorgesehen. Das stehe "im engen Zusammenhang mit den Prinzipien des Social Business". Der Trend zu "modernen Arbeitsplätzen, die die klassischen, starren Vorstellungen der Arbeit im Sinne eines festen Ortes und einer festen Zeit ablösen", entfalte sein Potenzial.