Zwischen den Welten

Sprache über IP

Mit der Verabschiedung des H.323-Standards im Jahre 1996 wurde gleichzeitig die Basis für die Sprachkommunikation über IP-Netze geschaffen. Allerdings ist diese Norm nur als Rahmenstandard für die multimediale Kommunikation zu sehen, unter welchem eine Reihe von neuen allgemein einsetzbaren und spezifischen Protokollen harmonisch zusammenarbeiten. Aus nachfolgendem Bild sind die grundsätzlichen Zusammenhänge ersichtlich.

Betrachten wir die Sprache im LAN als Verfahren einmal genauer, wird sofort erkennbar, dass die Konvergenz mit dem Datennetz nur mit einem riesigen Overhead zu realisieren ist. Die reine Sprachinformation von 20 Oktetts wird um weitere 64 Oktetts aufgebläht:

-2 Oktetts für die Kennzeichnung von Beginn und Ende des Ethernet-Rahmens

-14 Oktetts Ethernet-Header

-20 Oktetts IP-Header

-8 Oktetts UDP-Header

-16 Oktetts RTP-Header (RTP = Real Time Transport Protocol). Dieses versieht die Sprachpakete mit einer fortlaufenden Sequenznummer, wodurch der Verlust einzelner Pakete erkannt wird. Ferner fügt RTP einen Zeitstempel hinzu, der es ermöglicht, dass Sprachpakete, die zu lange im Netz unterwegs waren, beim Empfänger unterdrückt werden)

-4 Oktetts Ethernet-Rahmensicherung (FCS)

Für den beschriebenen Fall besteht ein Sprachpaket somit zu über 76 Prozent aus Overhead, nur 24 Prozent stellen die "Nutzlast" dar. Wird die Sprache zur Übertragung nicht komprimiert, dann werden für einen 64-kBit/s-Datenstrom bis zu 270 kBit/s Bandbreite benötigt. Dieses krasse Missverhältnis lässt sich durch eine Komprimierung um den Faktor 4 beheben. Außerdem kann die Länge der Sprachinformation in Abhängigkeit von der Netzwerkqualität auf Werte zwischen 100 und 200 Oktetts erhöht werden, wodurch sich auch der Wirkungsgrad verbessert.

Die für das Telefonieren im LAN erforderlichen Netzwerkkomponenten sind im obenstehenden Bild zusammengestellt. Das Gateway wird nur benötigt, um die Kommunikation aus dem LAN in das herkömmliche Fernsprechnetz zu bewerkstelligen beziehungsweise um unterschiedliche Telekommunikationssysteme miteinander zu verbinden. Die beiden Hauptaufgaben des Gateways bestehen in der Konvertierung von Signalisierungsinformationen sowie die Übersetzung der Medieninformationen. Auch die MCU (Multipoint Control Unit) ist nur dann erforderlich, wenn mehr als ein Teilnehmer mit Informationen versorgt werden soll. Ein typisches Beispiel dafür sind Konferenzschaltungen, die über eine zentrale oder dezentral positionierte MCU gesteuert werden.

Als H.323-Terminal kommen verschiedene Endgeräte zum Einsatz: gruppenfähige Video- oder Audiosysteme, PC- oder Videotelefone, dedizierte LAN-Telefone und Set-top-Boxen mit Videotelefon. Die wichtigste Komponente ist der Gatekeeper, eine für die LAN-Telefonie unbedingt erforderliche Software für das Management von so genannten Zonen und Rufdiensten.

Erst der Gatekeeper bringt H.323 praktisch zum Laufen. Er stellt drei grundsätzliche sowie fünf optionale Funktionen bereit. Die drei grundsätzlichen Funktionen umfassen:

-die Übersetzung von Adressen: IP-Adresse in Telefonnummer und umgekehrt,

-die Zugangssteuerung unter Berücksichtigung der momentanen Netzauslastung (Erlang),

-die effiziente Verwaltung der verfügbaren Bandbreite im LAN.

Die fünf optionalen Funktionen ermöglichen darüber hinaus:

-die Autorisierung der Verbindungen durch Definition von Regeln für den Verbindungsaufbau,

-Bandbreitenmanagement,

-die Realisierung von spezifischen Leistungsmerkmalen durch zusätzliche Dienste,

-die Bereitstellung von Verzeichnisdiensten,

-Besondere Dienste für das Call Management.

Eine IP-basierte TK-Anlage muss demnach die Funktionen eines Gatekeepers erfüllen. Dafür existieren heute ausschließlich herstellerspezifische Implementierungen, weil durch H.323 zahlreiche Funktionen noch nicht definiert sind. Dazu zählen beispielsweise die Kommunikation von Gatekeeper zu Gatekeeper und zwischen Gatekeeper und Gateway. Die heute verfügbaren IP-Telefonanlagen sind für Teilnehmerzahlen zwischen 100 und 200 konzipiert. Das schließt derzeit einen Einsatz in größerem Umfang aus.