Oracle-Geschäftsführer Jürgen Kunz
"x86-Server sind ausgelutscht"
Die Private Cloud hat sich etabliert
Das ‚c‘ in Oracles kürzlich vorgestelltem neuen Datenbank-Release 12c steht für Cloud Computing. Worauf konzentrieren aus Ihrer Sicht die Anwender ihre Aktivitäten - sind das eher Private-Cloud-Initiativen oder reicht es auch schon weiter in die Public-Cloud?
Kunz. Die Private Cloud hat sich mittlerweile etabliert. Da wird vielleicht nicht mehr viel darüber geredet. Denn wenn man sich die großen Unternehmen ansieht, dann ist Private Cloud nichts, was erst seit gestern gemacht wird. Vielleicht wurde es anders genannt, Shared Service Center oder so ähnlich, aber die dazu gehörige Infrastruktur-Plattform ist eine Private-Cloud-Plattform. Das Thema Software as a Service (SaaS) stößt derzeit auf wachsendes Interesse draußen im Markt. Beispielsweise wächst das Thema Human Capital Management (HCM) im Cloud-Umfeld derzeit massiv. Der Grund liegt darin, dass sich ein Private Cloud Service an dieser Stelle wunderbar anbietet. Den Unternehmen genügt eine standardisierte Lösung, es gibt in der Regel wenig Anpassungsbedarf. Damit stellt sich automatisch die Frage, ob man so eine Standardfunktionalität selbst betreiben oder nicht besser aus einer Cloud beziehen sollte. Wo es sicher in nächster Zeit noch spannend werden wird, sind Plattform- und Infrastruktur-Themen.
- Die Skepsis wächst, trotz guter Erfahrungen
Obwohl die meisten Nutzer mit Cloud-Lösungen zufrieden waren - mehr als drei Viertel aller Nutzer gab dies an -, wächst die Skepsis vor allem gegenüber der Public Cloud. Nur ein Prozent mehr als 2011 konnte positive Erfahrungen sammeln, während die Zahl der Skeptiker stieg. 19 Prozent der Befragten gaben an, der Wolke eher negativ gegenüber zu stehen, im Vorjahr waren es noch 16 Prozent. Auch die Zahl derjenigen, die "eher positiv" eingestellt waren, schrumpfte. Dies betrifft nicht nur Public-Cloud-Lösungen, wie die Studie ergab, ... - Deutsche Unternehmen immer vorsichtiger
... sondern auch die generelle Einstellung der Unternehmen gegenüber der Wolke. Auch hier gilt: Mehr Firmen sind aufgeschlossen und interessiert, aber ebenso viele sind kritisch eingestellt. Dass es immer weniger Unentschiedene gibt, schreiben die Analysten von KPMG der Tatsache zu, dass das Thema generell mehr an Reife gewonnen hat. - Diese Branchen nutzen die Private Cloud am meisten
Der ITK-Sektor ist wieder mal der Vorreiter: Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der Unternehmen aus diesem Bereich nutzt schon die Private Cloud. Aber auch die Chemie- und Pharmabranche, sowie Verkehr und Logistik zeigen sich dem Trend gegenüber aufgeschlossen. Vorsichtig und Investitions-scheu zeigten sich dagegen die Maschinen- und Anlagebauer, sowie der Groß- und Einzelhandel. "Bei diesen Branchen ist auch der Anteil der Cloud-Skeptiker/-Unentschlossenen hoch", heißt es in der Studie. - Anteil der Private Cloud am IT-Budget wird weiter wachsen
Noch macht die Private Cloud nur einen geringen Anteil am IT-Budget aus. Fast jedes zehnte Unternehmen investiert heute gar nicht in die Private Cloud - dieser Anteil wird aber in zwei Jahren auf drei Prozent gesunken sein. In fast jedem dritten Unternehmen (32 Prozent) werden nur ein bis zehn Prozent für die Private Cloud aufgewendet. Eine große Investition mit mehr als 50 Prozent des Etats - daran glauben immerhin noch 18 Prozent der Befragten. Im Schnitt, so das Ergebnis der Studie, würde knapp ein Viertel (24 Prozent) des IT-Budgets für die Private Cloud ausgegeben. 2011 waren es nur 19 Prozent. Die Tendenz zur mehr Investition zeichnet sich deutlich ab: In zwei Jahren werde dies, so glauben viele Unternehmen, auf 34 Prozent steigen. Die Private Cloud mag zwar angekommen sein, ... - Unternehmen fürchten den Datenverlust
... für die Public Cloud gilt das aber nur bedingt. Als größte Herausforderung für Public-Cloud-Anbieter hat sich, wie in vergangenen Jahren auch, der Datenschutz erwiesen. Insgesamt 73 Prozent der Befragten gaben an, mehr oder weniger ausgeprägt Datenverlust zu fürchten. Und sogar 75 Prozent bemängelten, dass sich unterschiedliche Public-Cloud-Lösungen nicht miteinander vertrügen und dass sie oft nicht mit inhouse Anwendungen kompatibel seien. Auch die unklare Rechtslage und die Angst davor, IT-Know-How zu verlieren, sind Hinderungsgründe. Die Bedenken schlagen sich auch in den Nutzerzahlen wieder: - Vor allem größere Unternehmen nutzen die Cloud
Zwar nutzen doppelt so viele Unternehmen Public-Cloud wie noch im Vorjahr, so ein Ergebnis der Studie, aber der Mittelstand setzt noch nicht auf die Public-Cloud. Vor allem große Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern nutzen sie: Hier ist jede fünfte Firma zu finden. Bei kleineren Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten sind es nur fünf Prozent. Hier ist der Anteil gleich geblieben. - Software as a Service liegt bei Nutzung vorn
Wenn Unternehmen in der Public Cloud aktiv sind, setzen sie vor allem auf Software as a Service (SaaS): Schon 17 Prozent nutzen sie bereits, fast eben so viele planen sie. Allerdings hat SaaS an Boden verloren: 2011 gaben noch 25 Prozent an, dies zu nutzen. Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a Service (PaaS) liegen knapp dahinter. Business Process as a Service (BPaaS) hat deutlich zugenommen: 2011 nutzten nur ein Prozent der Befragten BPaaS, nun sind es immerhin elf Prozent. Ein Trend lässt sich hier noch nicht festmachen. Inwieweit Software as a Service in Zukunft eine Rolle spielen wird, lässt sich noch nicht sagen. - Gewisse Sättigung erreicht
Zwar glauben viele Unternehmen, dass die Aufwendungen für Cloud-Lösungen zunehmen werden. Aber es sieht so aus, als wäre eine gewisse Sättigung erreicht. Weniger als noch 2011 wollen Unternehmen viel Geld in die Hand nehmen und wenn, dann auch eher für Private-Cloud-Lösungen. Aber wenigstens sind sich alle einig: Dass die Ausgaben sinken, davon geht fast keiner aus.
Wie beurteilen Sie das Thema IaaS - ist das ein valides Geschäftsmodell?
Kunz: Ich denke schon, dass es eine Chance haben kann. Aber momentan gelten an dieser Stelle aus meiner Sicht die gleichen Voraussetzungen wie beim Plattformaspekt. Man muss sich überlegen, ob es eine kritische Masse dafür gibt, und was geeignete Infrastrukturumgebungen sein könnten, die sich für ein entsprechendes Cloud-Offering eignen. Da steckt man, wenn man das mit dem Thema SaaS vergleicht, noch in den Anfängen.
Andere Unternehmen wie Amazon und Microsoft sind an dieser Stelle bereits sehr aktiv. Verpasst Oracle da nicht den Anschluss?
Kunz: Nein, es ist ja nicht so, dass wir diese Angebote nicht haben. Gerade im Silicon Valley ist das bei vielen Startups eine durchaus gefragte Plattform. Der deutsche Markt ist allerdings eine andere Sache.
Warum stellt sich für Sie in Deutschland die Situation anders dar?
Kunz: Das liegt einfach an der Menge der Innovationsthemen. Das Angebot muss natürlich auch angenommen und genutzt werden. Hier bewegt man sich in Deutschland meist noch in einem etwas konservativeren Modell als es vielleicht in den USA der Fall ist. Dort ist eher die Flexibilität das Kernkriterium. In Deutschland wird mehr über Sicherheit diskutiert. Das sind berechtigte Fragen.
Betreibt Oracle Rechenzentren in Deutschland beziehungsweise Europa?
Kunz: In Deutschland nicht, aber wir haben zwei Rechenzentren in Schottland und bauen momentan ein weiteres in Amsterdam auf.