Treffen im Zeichen der Chip-Giganten

Physikalische Schnittstellen für 10GE fixiert

In Florida wurden auch die physikalischen Schnittstellen von 10-Gigabit-Ethernet definiert. Da es zwei Versionen geben wird, eine mit exakt 10 GBit/s für lokale Netze und eine mit 9,58464 GBit/s für WANs, sind sechs unterschiedliche Interfaces für Lichtwellenleiter vorgesehen. In der Frage des Steckverbinders kamen keine neuen Vorschläge, so dass es vorläufig beim Duplex-SC-Stecker bleibt. Dieses Thema dürfte jedoch wieder auf der Tagesordnung stehen, wenn die Übertragungstechnik fixiert ist.

Jonathan Thatcher von World Wide Packets, der die Working Group 802.3ae 10-Gigabit-Ethernet leitet, räumte ein, dass noch einige Fragen zu 10GE offen sind, allerdings keine grundlegenden. Daher wird die zweite Version des Draft im Dezember 2000 den Mitgliedern zugänglich gemacht. Der Standard soll wie geplant im März 2002 verabschiedet werden.

Neben 10GE war der "Resilient Packet Ring" (RPR) eines der dominierenden Themen des IEEE-Meetings. Die "Resilient Packet Ring Study Group" (RPRSG) beschäftigt sich mit dem Problem, dass es oft sehr lange dauert, bis sich Netzwerkverbindungen neu konfigurieren - etwa nach Ausfall einer Komponente. Häufig sind dafür 40 Sekunden zu veranschlagen. Auf Drängen von Herstellern und Anwendern soll ein Verfahren zur Datenübertragung normiert werden, das Fehler in extrem kurzer Zeit behebt. Vor dem Hintergrund immer höherer Datenraten im LAN, MAN und WAN ist das unverzichtbar.

RPR erinnert stark an FDDI mit der Topologie eines Doppelrings bei gegenläufigen Datenrichtungen. Der Resilient Packet Ring reagiert im Fehlerfall ähnlich: Der innere Ring wird in diesem Fall mit dem äußeren "kurzgeschlossen", um den Datenfluss wieder herzustellen. Ein wesentlicher Unterschied zu FDDI ist, dass der Empfänger, nicht der Sender die Datenpakete vom Ring entfernt. Nur dann, wenn es sich um Broadcasts handelt oder kein Empfänger verfügbar ist, übernimmt das der Sender.

Die RPRSG plant, das Protokoll unabhängig von der Übertragungsebene zu gestalten. Es soll für Geschwindigkeiten ausgelegt sein, die deutlich über der von FDDI liegen, also 1 GBit/s, 10 GBit/s sowie diverse Sonet-Datenraten. Die Gruppe will zudem einen Mechanismus für die Verteilung von Bandbreite definieren. Die Technik ist primär für das MAN und WAN ausgelegt, kann aber auch in Hochleistungs-LANs zum Einsatz kommen.

Bereits auf den vergangenen IEEE-802-Tagungen wurde darüber diskutiert, der RPRSG offiziell den Status einer "Working Group" mit der Bezeichnung 802.17 zuzuerkennen. In Tampa versuchte nun die Resilient Packet Ring Study Group, sich der Ethernet-Gruppe 802.3 anzuschließen, um am Erfolg von Ethernet mit teilzuhaben. Dies lehnten deren Mitglieder jedoch ab, weil RPR zu Ethernet inkompatibel ist. So unterscheiden sich beide Verfahren in Bezug auf die Frame-Größe und den PHY-Layer; außerdem verwendet RPR nicht CSMA/CD. Interessanterweise fanden sich in der Resilient Packet Ring Study Group wieder die Mitglieder aus der Token-Ring-Gruppe, die beim letzten Treffen in den "Winterschlaf" versetzt wurde.

Das RPR-Verfahren soll folgende Eigenschaften aufweisen:

- Unterstützung von Ringen mit einer Ausdehnung im MAN und WAN bis weit über 100 Kilometer,

- Rekonfigurieren der Verbindung im Fehlerfall innerhalb von 50 µs,

- Rekonfiguration auch bei Ausfall eines Ringes,

- Filterfunktionen,

- Quality of Service mit dynamischer Broadcast- und Multicast-Steuerung,

- kurze Verzögerungszeiten, die auch Sprach- und Videoapplikationen unterstützen,

- Support für Multicast-Anwendungen und Accounting-Mechanismen sowie

- dynamische Bandbreitensteuerung.

Noch während des Meetings überarbeiteten die Mitglieder der RPRSG ihren Antrag, eine Working Group 802.17 einzurichten. Die anschließende Abstimmung ergab 71 Ja-Stimmen bei 18 Gegenstimmen und 42 Enthaltungen. Das Vorstandskomitee des IEEE wird daher aller Voraussicht nach dieses Resultat akzeptieren und die Arbeiten an einem neuen Standard IEEE 802.17 absegnen.

Am zweiten Tage des IEEE-Meetings formierte sich ein neue Gruppe um Howard Frazier von Dominet Systems, der bereits vor einiger Zeit die Arbeitsgruppe 802.3u (Fast Ethernet) gegen die 100VG-AnyLAN-Fraktion zum Erfolg führte. Auf einer Abendveranstaltung versuchte die Gruppe, die Tagungsteilnehmer von der neuen Idee "Ethernet to the Last Mile" zu überzeugen. Firmen wie Intel, World Wide Packet, Cisco, Alloptic, Worldcom, Yipes und HSP Design stellten in Vorträgen die Vorzüge dieser Technologie dar. Speziell Anwendungen aus dem Unterhaltungssektor, wie etwa Video on Demand, sind auf Verbindungen mit hoher Bandbreite angewiesen.