Ringen um Standards

10-Gigabit-Fibre-Channel

Die jüngste Entwicklung ist ein Standardvorschlag für einen 10 GBit/s schnellen Fibre Channel, den die FCIA im vergangenen Herbst unterbreitet hat. Der Entwurf soll eine um den Faktor zwölf gesteigerte Baudrate gegenüber dem heute auf 1 GBit/s standardisierten Fibre Channel möglich machen. Der Abschluss der Standardisierung ist laut CIA-Chairman Skip Jones schon im kommenden Jahr zu erwarten, sodass erste Fibre Channel-Implementierungen gemäß dem 10GFC-Standard voraussichtlich Anfang 2002 erfolgen können.

Kernbestandteil des neuen Standards sind neben gemeinsamen Link-Architekturen mit der Ethernet-Welt und der künftigen Infiniband-Speicherarchitektur auch die Definitionen für die Logikeinheiten und Zugriffsverfahren für Single- und Multimode-Glasfaser auf der physikalischen Ebene im LAN- und WAN-Bereich. Dabei wird 10GFC sowohl WAN- als auch MAN-Übertragungen über native Dark Fiber (DWDM) sowie Sonet/SDH unterstützen. Somit lassen sich künftig auch die durch die auf Zehn-Kilometer-Beschränkung entstandenen SAN-Inseln per Highspeed-Link verbinden.

Die Abstimmung auf die Ethernet- und Infiniband-Techniken auf der physikalischen Ebene soll es darüber hinaus sogar möglich machen, über die gleichen Kabel, Konnektoren und optischen Transceiver alle drei dieser Übertragungsverfahren mit bis zu 10 GBit/s zu nutzen. Das SAN könnte die Schnittstelle zwischen Server und Speicher wesentlich verändern. Es wundert daher nicht, dass auch die SCSI Trade Association (SCSITA) bei den Standardisierungs-Bemühungen mitmischt.

An dieser Schnittstelle arbeitet auch die Infiniband Trade Association. Um einen gemeinsamen Nachfolger für den PCI-Bus zu entwickeln, haben sich darin die zunächst gegeneinander arbeitenden Gruppen um IBM und Intel zusammengeschlossen und im letzten Dezember die Version 1.0 dieses neuen Bus-Standards veröffentlicht. Bei Infiniband handelt es sich um eine I/O-Architektur auf Basis der vom Fibre Channel bekannten Switched-Fabric-Technik. Das I/O-System wird wie bei Mainframes über die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (Kanäle) vom Arbeitsspeicher entkoppelt. Der gemeinsam genutzte Bus als potenzieller Engpass entfällt, mehrere Datenströme lassen sich parallel abarbeiten. Die Adapter und Links, die eine Bandbreite von derzeit bis zu 2,5 GBit gestatten, sollen kompatibel mit der Fibre-Channel-Verkabelung sein.

Die gemeinsame Nutzung von Infiniband und FC-SAN könnte durchaus klappen. Crossroads hatte erst kürzlich ein so genanntes Fibre-Channel-Routing über eine Infiniband-Architektur vorgeführt.

Diese Verbindung ermöglicht es, die beiden Techniken unabhängig von Protokoll und Infrastruktur gemeinsam über die gleiche Verkabelung zu nutzen. Noch bleibt einiges zu tun, bis stabile Infiniband-Produkte verfügbar sind und ihre Praxistauglichkeit nachgewiesen haben. Immerhin liefert Intel seit Ende Januar erste Samples von Chip-sets aus. Auf dem Intel Developer Forum in San Jose war ein vollständiges Infiniband-Netz mit einer Switched Fabric als Herzstück zu sehen. Adaptec, Agilent, Compaq, Computer Associates, LSI Logic und Q-Logic beteiligten sich ebenfalls an dieser Technikdemonstration. Neben Crossroads hat von den SAN-Spezialisten mittlerweile auch Brocade Interesse an Infiniband gezeigt und sich in die Phalanx der Förderer dieser Technik eingereiht.

Werden im ersten Schritt die Fibre-Channel-Daten über Infiniband-Netze übertragen, könnte in einem zweiten Schritt SCSI folgen. Doch bis die neue Bus-Technik als natives Speicher-Interface in Netzwerken auf breiter Front zum Tragen kommt, wird es nach Einschätzung der Experten von Gadzoox noch etwa drei Jahre dauern. Das liegt daran, dass viele Details fehlen, etwa ein Mapping der geeigneten Protokolle für Block-I/O wie SCSI. So werden auf absehbare Zeit die Speichernetze wohl über Brü-cken beziehungsweise Adapter an Infiniband-Server und -Speicher angeschlossen, die Fibre Channel in Infiniband umwandeln beziehungsweise umgekehrt.

Um für diese stürmische Entwicklung gerüstet zu sein, müssen bei der Konzeption von SAN-Infrastrukturen die verschiedenen Standards berücksichtigt werden. Derzeit können allein aufwändige Tests Aufschluss über die tatsächliche Standardkonformität der Produkte geben. Dabei helfen die SAN-Testzentren, denn ein Ende des Ringens um die Standards ist noch lange nicht in Sicht. Die SAN-Zukunft hat gerade erst begonnen. (ok)

Zur Person

Berthold Wesseler

ist freier Journalist in Brühl/Rheinland.