Preiswerte Netze für den Mittelstand

In den vergangenen Jahren ist die Diskussion um höhere Bandbreiten in LANs sehr vehement geführt worden. Die Schlagworte dazu waren Multimedia, Electronic Commerce und Internet/Intranet. Allerdings führte die Diskussion oftmals völlig am Ziel vorbei, weil unrealistische Annahmen gemacht wurden. Gerade dem Mittelstand ist von ATM oder Gigabit-Ethernet dringend abzuraten. Für Netzgrößen zwischen 100 und 1000 Anschlüssen sind geswitchte Netzwerke mit 10/100-MBit-Kapazität völlig ausreichend.

Von: Dr. Franz-Joachim Kauffels

Es ist an der Zeit, die Karten neu zu mischen und sich der Realität zu stellen. Sowohl ATM als auch Gigabit-Ethernet sind für den lokalen Bereich noch nicht so verfügbar, wie man sich das vor einiger Zeit vorgestellt hatte. ATM ist und war als Konzept für LANs außer in wenigen Ausnahmefällen absurd, Gigabit-Ethernet hat ein paar technische Mängel (siehe Gateway 2/98, S. 66 und diese Ausgabe S. 142). Man kann aber auch sagen, daß beide Techniken das Problem haben, daß es die durchschnittlichen Anwender häufig gar nicht einsehen, dafür Geld auszugeben. Außer beim sogenannten "Carrier Class Equipment", also Gerätschaft für WAN-Netzleistungs-Dienstanbieter, ist mit ATM kaum etwas zu verdienen. Und Gigabit-Ethernet hat bis jetzt noch nicht einmal die Druckfarbe für die Broschüren eingefahren. Der ATM-Hersteller Newbridge mußte Anfang Februar schwere Verluste veröffentlichen (171 Millionen Dollar netto), was den Kurs der Aktie drückte. Fore Systems ist ebenfalls scheintot. Bei den anderen Herstellern wird der ATM-Bereich mit anderen Bereichen gemischt, so daß eventuelle Verluste nicht sichtbar sind.

Das Marketing und teilweise auch das Consulting in Deutschland leben davon, Dinge zur Bewältigung nicht vorhandener Probleme zu verkaufen. Dazu eignen sich besonders Problemstellungen, die jeden verblüffen, der damit keine Erfahrung hat. Das gilt etwa für Multimedia, E-Commerce und Internet-Techniken. Besonders gerne verunsichert man den Mittelstand, dem man nach Möglichkeit eine Mini-Variante eines Netzes für einen internationalen Großkonzern verkauft. Es gab schon Angebote von sehr bekannten DV-Herstellern, die für circa 50 harmlose PC-Arbeitsplätze ein durchgängiges ATM-Netz im Wert von rund 200.000 Mark installieren wollten.

Ein Manko des Mittelstandes ist es vielfach, daß sich niemand richtig für DV zuständig fühlt, keiner echte Ahnung hat und erst recht kein Geld für einen teuren Berater da ist. Also "macht man irgendwie rum" und freut sich, wenn der PC-Händler um die Ecke irgend etwas aufstellt, was so tut, als würde es laufen. Ein gangbarer Weg ist die Qualifikation der Distributoren und Partnerhändler, wie sie in den letzten Jahren stattgefunden hat. Aber auch ein noch so qualifizierter Partnerhändler ist zum Beispiel mit Analysen der Geschäftsprozesse des Kunden überfordert. Dies ist auch nicht seine Aufgabe und fällt aus der Kalkulation. Dabei wäre gerade eine solche Analyse sehr hilfreich, um festzustellen, was der Kunde tatsächlich benötigt.