Noch kaum Konkurrenz für DSL

Breitbanddienste über Kabel-TV-Netze

Wie die Carrier bei DSL wollen auch die Betreiber von Kabel-TV-Netzen eine bereits vorhandene Infrastruktur nutzen und darüber interaktive Sprach- und Datendienste anbieten. Jahrelang spielten die Koaxial-Netze der Kabelfirmen als Zugangstechnik für Breitbanddienste eine marginale Rolle. Ein Grund dafür war, dass die Deutsche Telekom als größter Anbieter auf diesem Sektor verständlicherweise wenig Interesse daran hatte, einen internen Konkurrenten zu ihren etablierten Telekommunikationsdiensten aufzubauen, vor allem ISDN.

Nachdem sich nun die Telekom auf Druck der Wettbewerbshüter von einem Großteil ihres Kabelnetzes trennen muss, ändert sich die Lage. Ein Beispiel dafür ist Kabel NRW, das mit 4,2 Millionen angeschlossenen Haushalten größte Kabelnetz Deutschlands. Callahan Associates, das 55 Prozent der Anteile an Kabel NRW hält, baut das Netz in Nordrhein-Westfalen zu einem redundanten Breitbandnetz mit einer doppelten Ringstruktur aus. Es verfügt über 100 Kanäle mit jeweils 8 MHz, das Datenverkehr in beiden Richtungen zulässt.

Die Grundlage des neuen Netzes bilden Primär- und Sekundär-Backbone-Ringe mit Glasfaserkabeln. Die Privat- und Geschäftsgebäude werden über Hybrid-Glasfaser-Koaxialleitungen (Hybrid Fibre Coaxial) angebunden. Die Schnittstelle zwischen dem Glasfaser- und Koaxialkabel bilden HFC-Knoten. Dort werden die IP-Daten in RF-Traffic (Radio Frequency) umgewandelt. Um eine möglichst hohe Datenrate und Signalqualität zu erzielen, legt Kabel NRW die Glasfaserstränge so nah wie möglich zu den angeschlossenen Gebäuden, das heißt bis in eine Entfernung von wenigen hundert Meter. Neben Datenservices will Kabel NRW auch Dienste wie Sprache über IP anbieten. Bis Ende des Jahres sollen 1,6 Millionen Wohneinheiten angeschlossen sein und die erweiterten Möglichkeiten des Netzes nutzen können.

Als "große Herausforderung" sieht Kabel NRW die Verbindung zwischen dem Übergabepunkt im Haus und der Verkabelung in der Wohnung oder dem Büro - also die Netzebenen 4 und 5. Dort sind unterschiedliche Typen von Endgeräten vorhanden, die über entsprechende Schnittstellen in das neue Breitbandnetz integriert werden müssen. Um das sicherzustellen, muss Kabel NRW mit den Betreibern der Netzebene 4 zusammenarbeiten, also beispielsweise den Wohnungsbaugesellschaften. "Kabel NRW ist hier in konkreten Gesprächen, um gemeinsam Lösungen zu finden", ließ das Unternehmen verlauten.

Welche Bandbreite einem Teilnehmer in einem Kabelnetz zur Verfügung steht, hängt davon ab, wie viele Nutzer der Betreiber pro Kabelmodem vorsieht. Kabelmodems stellen 30 MBit/s und mehr zur Verfügung. Wenn jedoch an ein solches System 800 Teilnehmer angeschlossen sind, reduziert sich die Bandbreite auf etwa 400 kBit/s. Ähnlich wie bei DSL könnten Modelle zum Zuge kommen, die unterschiedliche Up- und Downstream-Datenraten vorsehen, etwa 700 kBit/s für den Empfang und 100 kBit/s für das Versenden von Daten. Für Anwender aus dem professionellen Umfeld ist diese Bandbreite allerdings nicht ausreichend. Hier werden die Netzbetreiber andere Modelle entwickeln müssen, die zumindest für kleine und mittlere Unternehmen Übertragungsraten im Bereich von SDSL vorsehen, also mindestens 2 MBit/s.

Wer die neuen Digitaldienste über das Kabelnetz nutzen will, muss nach Angaben von Kabel NRW 15 bis 20 Mark pro Monat für den Decoder zahlen. Hinzu kommen die Kosten für den Telefondienst. Für ihn will der Betreiber etwa zehn Prozent weniger als der Marktführer verlangen. Für den Internetzugang sind mehrere Modelle im Gespräch: eine Flatrate und eine Variante, bei der nach Zeiteinheiten abgerechnet wird.