Happy Birthday, Linux!

Torvalds 1 : Tanenbaum 0

Die zunehmende Diskussion um Linux in comp.os.minix ruft Andrew S. Tanenbaum, den Entwickler von Minix, auf den Plan. Er schaltet sich mit einem Posting unter dem Titel "LINUX is obsolete" in die Diskussion ein und entfacht einen regelrechten Flamewar. Tanenbaums Hauptpunkte sind:

  • Linux hat einen monolithischen Kernel und ist damit ein Rückschritt in die siebziger. Microkernels wie bei Minix sind die Zukunft.

  • Linux ist nicht portabel, weil es sich zu sehr auf die Features des 80386 stützt. Und der 80386 werde ohnehin von RISC-Chips abgelöst. (Welch kolossaler Irrtum :-)

Tanenbaum nutzt die Gelegenheit und verweist auf sein neues Projekt Amoeba. Dabei handelt es sich um ein verteiltes, parallelisiertes Betriebssystem mit Microkernel Architektur, das auf Sparcs, 386/486, 68030 sowie Sun 3/50 und Sun 3/60 läuft. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass Minix nur ein Hobby von ihm sei und er ja hauptberuflich als Professor für Betriebssysteme arbeite - eventuell um die "Stichhaltigkeit" seiner Argumente qua position zu untermauern.

Linus revanchiert sich mit dem Kommentar: "Ist das Ihre Entschuldigung für die Schwächen von Minix? Schade, aber ich habe mehr Ausreden und trotzdem ist Linux in fast allen Belangen überlegen". Der Seitenhieb "Abgesehen davon scheint der meiste gute Code in Minix von Bruce Evans zu stammen" ist da eigentlich schon gar nicht mehr nötig.

Aber auch seine anderen Konter sind wirklich lesenswert:

  • Minix ist Ihr Hobby? Dann schauen Sie doch mal, wieviel Geld mit Minix verdient wird, und wer alles Linux kostenlos weitergibt. Ich betreibe Linux als echtes Hobby. Ich verdiene weder Geld damit, noch ist es in irgendeiner Form Teil meiner Studien.

  • Ihr Beruf ist Professor? Das ist eine wirklich verdammt gute Erklärung für einige der "Gehirnschäden" von Minix.

  • Wenn die Programmierung als Microkernel das einzige Kriterium für einen "guten" Kernel ist, dann wäre Minix tatsächlich besser. Was Sie aber nicht erwähnen ist, dass Minix das "Microkernel-Ding" nicht besonders gut macht, und auch mit dem Multi-Tasking seine Probleme hat. Wenn ich ein OS geschrieben hätte, das sogar mit einem multithreaded Dateisystem Schwierigkeiten hat, wäre ich nicht so schnell dabei, andere zu verurteilen. Ich würde alles tun, um dieses Fiasko geheim zu halten.

  • Portabilität ist eine gute Sache, aber nur wo es Sinn macht. Die Essenz eines Betriebssystems ist doch, die Hardware-Features der Plattform auszunutzen und sie hinter einer Schicht von APIs zu verstecken.

Sein Abschluss der Mail:

"P.S. Entschuldigung, wenn ich teilweise etwas hart klinge. Minix ist ein gutes Betriebssystem, wenn man gerade nichts anderes hat. Amoeba könnte nett sein, wenn man zufällig fünf bis zehn 386er in der Ecke stehen hat, ich habe das nicht. Normalerweise lasse ich mich nicht zu Flamewars hinreißen, aber ich bin ein wenig empfindlich, wenn es um Linux geht."

Den kompletten Thread können Sie hier downloaden.

Inzwischen sind neun Jahre vergangen und Andrew S. Tanenbaum schreibt in seiner persönlichen FAQ auf die Frage, was er von Linux hält: "Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Linus dafür zu danken, es gemacht zu haben. [...] Wir beide sind jetzt froh über die Ergebnisse. Die einzige Person, die vielleicht nicht so glücklich ist, ist Bill Gates."