Gute Karrierechancen für Mädchen

Anspruchsvolleres Selbstverständnis

Der Dekan des Fachbereichs Wirtschaftsingenieurwesen in der Fachhochschule Wilhelmshaven, Prof. Manfred Siegle, geht sogar noch einen Schritt weiter: "Die Wirtschaft kann zur Bewältigung der vielfältigen wirtschaftlichen und sozialen Probleme auf die Kompetenz von Frauen nicht länger verzichten. Die Hierarchien in den Unternehmen sind heute vielfach verkrustet. Mit Recht wird bemängelt, dass die Umstrukturierungsprozesse zu langsam vorangehen, weil an Besitzständen festgehalten wird. Die notwendigen innovativen Prozesse werden dadurch behindert beziehungsweise erst gar nicht ermöglicht." Das heißt auch, die von Männern dominierten Arbeitssysteme sind nicht offen für innovative Prozesse. Durch mehr Frauen im Management erhoffen sich zukunftsorientierte Unternehmen, die verkrusteten Hierarchien aufzubrechen, um mehr Kreativität und Kooperation in die Arbeitssysteme zu bekommen.

In die Rolle der Lückenbüßerinnen werden sich die Frauen jedoch nicht fügen. Im Gegenteil: Sie wollen die Chancen nutzen, um eigene Vorstellungen über den Umgang und den Einsatz von Technik in die Tat umzusetzen: "Das Bild des Ingenieurs als Macher, Tüftler und Bastler hat ausgedient", erklärte Barbara Schwarze, an der Fachhochschule Bielefeld Leiterin der Koordinierungsstelle für Frauenprojekte. Auch die Unternehmen forderten inzwischen ein anspruchsvolleres Selbstverständnis von Technikern, das auch die gesellschaftlichen Bezüge ihrer Tätigkeit herausstellt.

Dazu zählen nicht nur Fachleute längst das außerfachliche Wissen, beispielsweise Kenntnisse zum Projektmanagement oder die Fähigkeit, sich schnell in neue Zusammenhänge einarbeiten zu können. Darüber hinaus, so ermittelte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, sollten technisch Orientierte kommunikative und organisatorische Fähigkeiten besitzen, was in der Hoffnung der befragten Manager zum Technikernachwuchs gipfelt, dass er über ausreichend Humor verfügt, um auch einmal Niederlagen wegzustecken.

"Bisherige Ausbildungsinhalte und -ziele sind zu techniklastig und sprechen besonders weibliche Jugendliche, die Wert auf soziale Zusammenhänge legen, nicht an", fasste die Soziologin Schwarze zusammen. "Der Frauenausschluss der Vergangenheit hat die Bildungsinstitutionen in den Ingenieurberufen so stark geprägt, dass er sich in den Strukturen verankert und eine Eigendynamik entwickelt hat", ergänzte Christiane Erlemann von der Fachhochschule Berlin. So bestehe das Bild einer männlichen Organisation auch dann noch fort, wenn der formale Ausschluss nicht mehr gegeben sei und eine wachsende Zahl von jungen Leuten ihre Bildungsentscheidungen grundlegend verändert haben. Für sie fällt "die Forderung nach frauenfreundlichen Lehr- und Lernformen zeitlich zusammen mit neuen Anforderungen an die Ingenieurausbildung insgesamt".