Flexibel in der Mittelklasse

Zuverlässige Apparate

Damit Voice over IP richtig funktioniert, müssen alle Windows-Messaging-Programme die richtigen TAPI-Serviceprovider verwenden. Startet Opticlient mit der Siemens-TAPI und Netmeeting mit einem anderen Interface, kommt das Betriebssystem durcheinander. Hier hätten wir uns lieber einen Linux-Client gewünscht, den Siemens jedoch nicht im Angebot hat.

Die getesteten Telefone Optipoint 300 Basic und Optipoint 300 Advanced unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Hardware, denn sie nutzen die gleiche Programmbasis. Im "Basic"-Modell sind zudem einige Softwarefunktionen gesperrt, darunter das komprimierende Übertragungsprotokoll G.723.1, ohne das dieses Gerät nicht für Teleworking geeignet ist. Andere Beschränkungen sind durch das sehr kleine, einzeilige Display mit nur 20 Zeichen bedingt. So lässt sich das Telefon nur über kryptische Ziffernkombinationen und ohne eine Menüführung konfigurieren. Allerdings lassen sich beide Telefone über einen eingebauten Web-Server von außen einstellen, was dieses Manko der Basic-Variante teilweise wieder ausgleicht. Auch Software-Upgrades sind über FTP zentral steuerbar, sodass eine unternehmensweite Umstellung zügig ablaufen kann.

Beim "Advanced"-Modell ist die Bedienerführung gut gelungen und entspricht dem Standard moderner Anlagentelefone. So vermittelt der Umgang mit den Geräten den soliden Eindruck, den man von herkömmlichen Apparaten gewohnt ist. Der Rufaufbau dauert allerdings etwas lange; bis zu zwei Sekunden vergehen nach dem Eintippen der letzten Ziffer bis zum ersten Klingeln. Dass man die Rufnummer mit der "Ok"-Taste bestätigen muss, ist lästig, aber notwendig, weil das System sonst das Ende der Rufnummer nicht erkennt und zunächst auf weitere Eingaben wartet.

Beide Telefone unterstützen derzeit nicht die Stromversorgung über den Ethernet-Anschluss, sodass ein zusätzliches Netzteil notwendig ist. Auch fehlt ein interner 2-Port-Hub oder ein Ethernet-Switch und man braucht zwei separate Kabel bis zum nächsten "großen" Switch.

Im ersten Testszenario kamen Hipath 5500 als Gatekeeper und RG 2500 als Gateway zum Einsatz. Dieses Paar hat Siemens für Voice-over-IP-Netze mit maximal 500 Endgeräten und 30 ISDN-Verbindungen über das Gateway vorgesehen. Nach unserer Klassifikation (siehe Seite 78/79) ist das eine "mittelgroße" Anlage. Die beiden Geräte gaben im Test nicht den geringsten Anlass zur Klage. Unsere Testanrufe mit Systemtelefonen über die beiden Hicom-TK-Anlagen liefen in beiden Richtungen problemlos. Das Testpaar hat einige Eigenschaften, die erst in größeren Netzen üblich sind: Ein zentraler Anrufbeantworter mit benutzerbezogenen Mailboxen, der die eingegangenen Sprachnachrichten als E-Mail verschickt, gehört zum Gatekeeper. Das Gateway unterstützt auch den "Q.SIG"-Standard, der bei der Verbindung mit einer TK-Anlage dazu dient, Telefonfunktionen in das Voice-over-IP-Netz zu übermitteln. Der ISDN-Port nimmt auch Faxe entgegen und leitet sie nach dem "T.128"-Standard ins Voice-over-IP-Netz weiter.

Die Hipath 5500 arbeitet jedoch ausschließlich im Alleinbetrieb. Der Anwender kann nicht mehrere Server parallel schalten, um dadurch die Verfügbarkeit zu erhöhen oder die Kapazität zu erweitern. Allerdings kommuniziert der Gatekeeper mit mehreren Gateways.

Wird der Server zu knapp, muss das Unternehmen auf das High-end-Gerät RG 2200 umsteigen. Darin sind ein Gatekeeper und ein Gateway zusammengefasst. Das Gerät leitet derzeit maximal 60 und demnächst 120 Gespräche gleichzeitig ins ISDN-Telefonnetz weiter. Nach Aussagen des Herstellers sollen in künftigen Softwareversionen zu Gunsten der Kapazität mehrere dieser Gatekeeper zu koppeln sein.

Beide Gatekeeper sind auf PCs installiert und arbeiten mit Windows NT. Im Sinne der Verfügbarkeit sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Geräte ausschließlich für Voice over IP genutzt werden, weil die Stabilität offener Windows-Server bei weitem nicht die für die Telefonie erforderliche Qualität erreicht.

Zur Demonstration eines Call-Center-Einsatzes bauten wir einen Test mit Gatekeeper RG 2200 und einigen Opticlients auf. Eine für mittelgroße Call-Center-Anwendungen geeignete Software ist im Gatekeeper integriert. Die automatische Rufverteilung testeten wir erfolgreich; das Java User Interface war sehr übersichtlich und entspricht professionellen Anforderungen.

Zur Beurteilung der empfundenen Sprachqualität testeten wir die Verbindung zwischen den beiden Gateways RG 2500 und RG 2200. Eine ISDN-Sprachprobe wurde dem ersten Gateway vorgespielt, von diesem in IP-Pakete umgewandelt, die das Voice-over-IP-Netz durchliefen und beim zweiten Gateway landeten. Dieses machte daraus wieder ein ISDN-Signal.

Die Sprachproben hat das Messprogramm "Tiqus/SQA der Firma Vierling" erzeugt und nach dem ITU-Standard "P.800" mit dem Algorithmus "Tosqa" der Telekom-Abteilung T-Nova automatisch analysiert. Die Messskala "Mean Opinion Score" (MOS) stellt die subjektiv empfundene Verständigungsqualität auf einer fünfwertigen Skala dar: von mangelhaft (1), ausreichend (2) und gut (3) bis zu sehr gut (4) und ausgezeichnet (5).