Fels in der Brandung

Weiche Knie bei voller Last

Ein drittes wichtiges Leistungskriterium bei Netzwerkequipment ist die Latenzzeit. Das ist die Zeit, die zwischen dem Eintreffen des ersten Bits eines Datenpakets an einem Eingangsport und dem Eintreffen des letzten Bits desselben Pakets am Ausgangsport vergeht. Neben dem absoluten Wert der Latenzzeit ist auch seine Streuung interessant. Wichtig sind diese beiden Größen für die Übermittlung von Multimediadaten. Dazu zählen auch Telefongespräche über IP-Netze. Auch in dieser Disziplin zeigten unsere Messungen gute Resultate. Besonders positiv fiel uns auf, daß alle pro Durchgang gemessenen Werte dicht beieinander lagen, also nicht über einen mehr oder weniger breiten Bereich streuten. Dies läßt auf eine solide hardwaretchnische Implementierung der Switch Fabric schließen.

Auch bei steigender Last bleiben die Latenzzeiten weitgehend konstant. Dies gilt allerdings nur bis in den Bereich von etwa 90 Prozent der Vollast. Und damit sind wir bei der einzigen Schwäche, die sich die Cabletron-Switches in unserem Test leisteten: Nähert sich die Last dem Grenzbereich, so steigen die Latenzzeiten recht deutlich an. Allerdings: Man mußte den Lastgenerator schon ziemlich nahe an die 100 Prozent heranregeln, damit unsere Testkandidaten weiche Knie bekamen (Bild 4).

Manche Switches tendieren bei Vollast auf einem Port dazu, auch auf anderen, nicht ausgelasteten Ports Daten zu "vergessen"; Fachleute sprechen hier von "Head-of-Line-Blocking" (HOLB). Der hierfür zuständige Test ist in der Norm RFC 2285 beschrieben. Ergebnis: Die Kandidaten hatten mit dieser Art von Überlast keinerlei Probleme. Auch durch das Bombardement mit fehlerhaften Datenframes war das Trio nicht aus der Ruhe zu bringen; es verwarf zuverlässig und vollständig alle "illegalen" Datenpakete. Last, but not least quälten wir die Anordnung, indem wir die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Datenpaketen bis auf das zulässige Minimum und dann noch weiter verkürzten. Dieses Minimum heißt Interframe-Gap; es beträgt bei Standard-Ethernet 9,6 µs, bei Fast-Ethernet 960 ns und bei Gigabit-Ethernet 96 ns. Die Switches erwiesen sich auch hier als sattelfest - bis zum Standard-Minimum waren sie nicht zu erschüttern. Große Reserven für noch kürzere Interframe-Gaps wiesen sie allerdings nicht auf. Ein Problem muß man darin nicht unbedingt erblicken, denn keine normale Ethernet-Karte sendet in kleineren als von der Norm vorgesehenen Zeitabständen. Aus diesem Grund kommen kürzere Frame-Abstände in der Praxis so gut wie nicht vor.

Kurzes Fazit: Das Cabletron-Trio erwies sich als ausgesprochen standfest. Die geringfügigen Schwächen im Bereich der Latenzzeiten können den positiven Eindruck nicht schmälern. Allerdings sollte sich der Leser vor Augen halten, daß alle diese Aussagen sich nur auf den OSI-Layer 2 beziehen. Das Bild könnte sich ändern, wenn auch die höheren Protokollebenen einbezogen werden. gateway wird am Ball bleiben und diese Aspekte zu einem späteren Zeitpunkt unter die Lupe zu nehmen.