Der beste Kritiker ist der Nutzer

Gewohnheitstier Web-Surfer

Benutzer lieben Standards. Neben klassischen Designvorschriften gibt es bei der Bedienung von Computern noch ein Gesetz - das der Gewohnheit. Selbst wenn eine Interaktion schlecht gelöst ist, werden sich Benutzer, die daran gewöhnt sind, kaum überzeugen lassen, einen anderen Navigationsweg neu zu lernen. Das weiß man vom Textverarbeitungsprogramm - wer wechselt wirklich seine Standard-Büroanwendungen?

Amazon und Co. haben zum Beispiel für Bestellvorgänge eine Leitlinie gesetzt. Da amazon.com wohl weltweit der bekannteste Online-Shop ist, geht es nun gar nicht mehr nur darum, ob die Interaktion für den Bestellablauf bei Amazon optimal gelöst ist. Alle Online-Buchhändler müssen sich vielmehr weitgehend nach diesem Muster richten, weil die Benutzer nicht bereit sind, ein zweites Mal zu lernen, wie man eine Ware auswählt, wie der Kauf bestätigt wird und wie schließlich gezahlt wird.

Der Clou ist: So werden mit wenig Aufwand elementare Anforderungen an eine gute Bedienbarkeit erfüllt. Das Argument, dass damit lauter identische Websites entstehen, kann leicht entkräftet werden. So wird es niemand langweilig finden, dass in Zeitschriften die Inhaltsangabe meist auf Seite drei zu finden ist (außer wenn erst einige Doppelseiten Werbung zu überblättern sind). Wer auf die "kreative" Idee käme, das Inhaltsverzeichnis zum Beispiel auf Seite 42 zu platzieren, würde wahrscheinlich Kopfschütteln ernten und als nicht besonders professionell gelten.

Sogar für die grafische Aufbereitung des Inhalts haben sich in den letzten Jahren Standards wie die farbliche Unterscheidung der Rubriken herausgebildet. Genauso sollte man beim Web-Design verfahren. Standardinformationen gehören dahin, wo der Besucher sie erwartet. So haben Informationsleisten in einer rechten Spalte ein schweres Los. Wenn das Bildschirmformat zu gering beziehungsweise das Browser-Fenster zu klein ist, bleibt die Leiste verborgen - und Web-Besucher scrollen ungern, schon gar nicht horizontal. (afi)

Zur Person

Heinz Peller

ist freier Fachjournalist und lebt im Allgäu. Seine Schwerpunkte sind Internet- und Web-Techniken sowie die Infrastruktur für E-Business-Prozesse.