Public Cloud-Giganten im Vergleich

Amazon Web Services versus Microsoft Windows Azure

Im Markt für Infrastructure as a Service (IaaS), sprich Server und Speicher aus der Cloud, zeichnet sich ein Duell der Giganten ab. Der IaaS-Marktführer Amazon Web Services (AWS) drängt mit Macht Richtung Unternehmenskunden. Genau dort aber will Microsoft mit Windows Azure punkten und rüstet sein Portfolio massiv auf.

Nachdem Microsoft in den letzten Jahrzehnten mit Anbietern wie Novell, Oracle, IBM oder HP um on-Premise Marktanteile kämpfen musste, hat sich mit den Amazon Web Services (AWS) ein neuer Gigant in der Public Cloud etabliert, der nun verstärkt seine Fühler in Richtung der Unternehmenskunden ausstreckt. Dieser Markt wird vorwiegend von Microsoft beherrscht und birgt in Sachen Cloud Computing ein enormes Potenzial für die Anbieter. Prognosen von Crisp Research zeigen in den nächsten Jahren ein deutliches Wachstum von 40 Prozent pro Jahr, wodurch sich die Umsätze alleine in Deutschland im Jahr 2018 auf 28 Milliarden Euro belaufen dürften.

Amazon Web Services: IaaS-Marktführer

Schon auf der AWS re:Invent 2013 haben die Amazon Web Services (AWS) mit einigen neuen Diensten begonnen, Unternehmenskunden zu locken. Nachdem sich AWS als führender Infrastrukturanbieter und Enabler für Startups und neue Geschäftsmodelle in der Cloud etabliert hat, versucht das Unternehmen aus Seattle schon seit geraumer Zeit, einen Fuß direkt in das lukrative Unternehmensumfeld zu bekommen.

Hintergrund

Die Amazon Web Services sind derzeit unangefochtener Marktführer in Sachen Public IaaS. Als Geschäftsbereich von Amazon.com betreibt die Firma seit 2006 in weltweit neun Regionen mehrere Rechenzentren und sogenannte Edge-Locations, um die Daten schneller auszuliefern. Mit stetigen Investitionen in seine Infrastruktur und das Portfolio zeigt Amazon, wie bedeutend Technologien für das Unternehmen sind. So nutzt Amazon seine Cloud Infrastruktur selbst für alle eigenen Angebote und Dienste.

Neben den Infrastruktur-Basisdiensten Amazon EC2 (Amazon Elastic Compute Engine, Rechenleistung) und Amazon S3 (Amazon Simple Storage Service, Speicherplatz) stehen viele weitere infrastrukturnahe Services zur Verfügung, mit denen Kunden die Infrastruktur effektiv nutzen können. Das zahlt sich aus. Nach Einschätzungen von Crisp Research setzt ein durchschnittlicher AWS Kunde etwa 11 bis 12 AWS Services ein, um seine Web-Applikation auf der Amazon-Cloud-Infrastruktur zu betreiben. In einem beachtlichen Tempo veröffentlicht AWS neue Services und festigt damit seine Attraktivität als Innovationstreiber im Cloud-Markt. Nachdem AWS sehr viele der erfolgreichen Startups dieser Welt als seine Kunden nennen kann, besteht der nächste Schritt nun darin, auch etablierte Unternehmen auf die Cloud-Infrastruktur zu ziehen.

Eine Herausforderung bei der Nutzung der AWS-Cloud stellt allerdings die Scale-out Infrastruktur dar. Web-Applikationen müssen, wenn sie wirklich hochverfügbar sein sollen, erst für die AWS-Cloud entwickelt werden. Der Start einer einzelnen EC2-Instanz reicht niemals aus, um hier von einer Cloud-fähigen Applikation zu sprechen. Hierzu wird ein Verbund mehrerer EC2-Instanzen benötigt, über den die Applikation verteilt läuft. Im Fehlerfall einer Instanz wird eine neue gestartet; während einer Lastspitze werden neue Instanzen hoch- und später wieder heruntergefahren.

Die Amazon-Infrastruktur

Die AWS-Infrastruktur spannt sich derzeit über neun verschiedene Regionen weltweit auf. Jede Region besteht aus mindestens zwei voneinander unabhängigen und isolierten Rechenzentren, den sogenannten Availability Zones (AZ). Um die Verfügbarkeit und Redundanz einer Applikation sicherzustellen, sollte ein Multi-AZ Konzept genutzt werden.

Service-Portfolio von AWS: Amazon EC2

Amazon EC2 (Amazon Elastic Compute Cloud) ist der Top-Service von AWS und wird von den Kunden intensiv genutzt. EC2 ist einer der ersten Compute Services in der Cloud und hat sich seit seiner Verfügbarkeit im Jahr 2008 stetig weiterentwickelt. Insbesondere die geographische Reichweite, die unterschiedlichen VM-Typen, die Unterstützung verschiedener Betriebssysteme sowie die unterschiedlichen Arten des Bezugs und das Ökosystem sind in der Cloud derzeit das Maß der Dinge. Auf Basis der Kundenrückmeldungen erweitert Amazon den Service ständig um Verbesserungen und neue Funktionen. So reagierte Amazon umgehend auf Anfragen von Unternehmenskunden nach einem besseren I/O Durchsatz für Oracle und SAP Workloads und stellte hierzu neue SSD Instanz-Typen bereit. Unternehmenslösungen von Microsoft, Oracle, Red Hat, SAP, IBM und anderen Softwareanbietern sind für den Betrieb auf Amazon EC2 zertifiziert. Kunden können zwischen on-Demand, Reserved und Spot Instances wählen, um so ihre Workloads je nach Bedarf mit entsprechender Rechenleistung zu verarbeiten.

Amazon S3

Amazon S3 (Amazon Simple Storage Service) ist Amazons Speicherdienst. Er wird sowohl von vielen Kunden für den weltweiten Zugriff auf Daten in Web-Applikationen als auch von Unternehmen für das Backup von Daten genutzt. Nach Angaben von Amazon wurden im April 2013 bereits über zwei Billionen Objekte in Amazon S3 gespeichert. Hinzu kommen etwa 1,1 Millionen Zugriffe pro Sekunde über die API. Amazon S3 dient als Speicher-Backbone für viele weitere AWS Services, darunter Elastic Block Store (EBS), Amazon Relational Database Service (RDS), Amazon Elastic MapReduce (EMR), Amazon CloudFront und Amazon Storage Gateway.

Amazon Glacier, Storage Gateway, CloudFront

Amazon Glacier ist ein Archivierungsservice, der für das Speichern und das Backup von komprimierten Daten genutzt werden kann und auf Amazon S3 basiert. Beim Amazon Storage Gateway handelt es sich um eine virtuelle Appliance, mit der Unternehmen Backups von ihren Daten automatisch in die Amazon-Cloud übertragen können. Amazon CloudFront schließlich ist das AWS Content Delivery Network, das eine weltweite Verteilung von Daten über Edge Locations bietet und eng mit Amazon S3 integriert ist.

Amazon Virtual Private Cloud (VPC)

Amazon Virtual Private Cloud (VPC) wird überwiegend von Unternehmenskunden genutzt, die ihre on-Premise-Infrastrukturen mit der Amazon-Cloud verbinden. Mit VPC lässt sich ein isolierter Bereich innerhalb der AWS PublicCloud aufbauen, um darin sensiblere Daten zu verarbeiten. Hierzu werden virtuelle Netzwerke aufgebaut, die vom Kunden selbst angepasst und kontrolliert werden. Öffentliche Server werden innerhalb eines öffentlichen Subnetzes bereitgestellt. Backend-Systeme sowie Applikations- und Datenbankserver hingegen stehen innerhalb eines privaten Subnetzes, auf das nicht öffentlich zugegriffen werden kann. In Kombination mit AWS Direct Connect, mit dem eine dedizierte Verbindung zwischen einem Unternehmens-RZ und einer AWS-Region aufgebaut werden kann, lässt sich mit Amazon VPC eine hybride Infrastrukturumgebung im AWS-Kontext am sichersten betreiben. Speziell Kunden aus dem Finanzsektor, Behörden und Unternehmen aus dem Gesundheitswesen nutzen diese Form der Konnektivität, um Workloads in die Public Cloud zu übertragen.

Amazon Relational Database Service (RDS), Redshift

Der Amazon Relational Database Service (RDS) ist Amazons relationale Datenbank, die als Service bereitgestellt wird. Zu Beginn wurde nur MySQL unterstützt. Mittlerweile kann auch Oracle und Microsoft SQL genutzt werden. Amazon RDS unterstützt Hochverfügbarkeit, Multi-AZ Konzepte und Replizierungen für den lesenden Zugriff und kann mit Amazon VPC kombiniert werden. Amazon Redshift ist ein Data Warehouse Service, der über eine hohe I/O-Performance verfügt und für die Analyse großer Datenmengen gedacht ist. Der Dienst spielt eine zentrale Rolle in Amazons Strategie, Unternehmen auf seine Cloud-Infrastruktur zu bringen.

Fazit: Amazon Web Services

Amazon ist der führende IaaS-Anbieter und bedient die Anforderungen verschiedener Kundengruppen. Während AWS zu Beginn überwiegend von Startups genutzt wurde, richten sich Services wie Amazon Redshift, Amazon Storage Gateway, AWS Direct Connect, Amazon WorkSpaces, AWS CloudTrail und Amazon Kinesis insbesondere an Unternehmenskunden.

Trotz aller Dementis von AWS Senior Vice President Andy Jassy ist zu erwarten, dass Amazon auch im Private-Cloud-Markt ein Wort mitreden wird, um gegen Anbieter wie Microsoft und VMware anzutreten. Allerdings hat Amazon hier noch Nachhohlbedarf. Mittels "AWS Direct Connect" und "Amazon VPC" lässt sich auf der Netzwerkebene zwar eine eigene Infrastruktur mit der Amazon Public Cloud verbinden. Auf Applikations- und Managementebene mangelt es jedoch an einer eigenen mächtigen Software für die on-Premise Seite. Mit dem "AWS Management Portal for vCenter", einem Plugin für das VMware vCenter, mit dem sich virtuelle Maschinen in die Amazon Cloud übertragen lassen, hat AWS mittlerweile einen ersten Schritt gemacht. Um die Verbreitung bei den Unternehmenskunden zu erhöhen, ist dies die richtige Strategie. Schließlich ist VMware weiterhin in vielen IT-Infrastrukturen verbreitet und bietet AWS hier Potenzial, anzugreifen. Allerdings handelt es sich bei dem Tool derzeit noch um eine rudimentäre Lösung, mit der sich virtuelle Maschinen lediglich in die Amazon-Cloud importieren lassen. Die Verwaltung und der automatisierte Transfer von Workloads sind damit nicht möglich.

Je nach Land und Use Case variieren die Anforderungen, die Amazon für Unternehmen erfüllen muss. Europäische Kunden sind hier meist vorsichtiger mit der Datenhaltung und speichern die Daten lieber im eigenen Land. Crisp Research hat schon mehr als einen Kunden beraten, der technisch von der Amazon-Cloud überzeugt war, das Speichern der Daten in Irland aber nicht in Frage kam.

In einigen Fällen spielt indes auch die fehlende Einfachheit der Nutzung eine Rolle. Das bedeutet, dass ein Unternehmen seine bestehende Anwendung oder Webseite nicht für die Amazon Infrastruktur (neu) entwickeln möchte. Gründe hierfür sind fehlende Zeit und das Wissen, um so etwas umzusetzen. Zudem würde sich damit oft die Time to Market verlängern. Beides lässt sich darauf zurückführen, dass es doch relativ komplex ist, auf den Amazon Web Services Skalierbarkeit und Verfügbarkeit zu erreichen. Es sind nun einmal nicht nur ein paar API-Aufrufe. Vielmehr muss die vollständige Architektur auf die AWS Cloud ausgerichtet werden. In Amazons Fall liegt es insbesondere an der horizontalen Skalierung (scale-out), die dies erforderlich macht. Die Unternehmen würden dagegen eher eine vertikale Skalierung (scale-up) bevorzugen. So könnten sie ihr bestehendes System 1:1 migrieren und müssten nicht von vorne beginnen, um Cloud Erfolge zu erzielen.