Datev-Chef Dieter Kempf im Gespräch

„ZUGFeRD wird der neue Standard für elektronische Rechnungen“

Data Scientists werden gebraucht

CW: Wie können Unternehmen die Informationsfülle sinnvoll auswerten? Brauchen sie spezielle Fachkräfte, etwa Data Scientists?

Dieter Kempf: Ja, solche Experten können den Spezialisten in den Fachabteilungen zuarbeiten. Ich stelle mir das so vor, wie das Zusammenspiel zwischen einem Radiologen und einem Internisten. Den einen braucht man für die clevere Gestaltung der Datenmengen, die Abgrenzung und Abstimmung sowie für modellierende Aufgaben. Den anderen für die Interpretation des entstehenden Bildes.

CW: Cyberkriminalität wird zur wachsenden Gefahr für Unternehmen. Wie steht um den Datenschutz im deutschen Mittelstand?

Dieter Kempf: Die Frage der Gefährdung hängt davon ab, wie interessant die Produkte des Unternehmens sind - vor allem für Wettbewerber. Das Unternehmen sollte Vorsorge treffen, nicht ausgespäht zu werden, unabhängig davon, wer dies vorhat. Der Innentäter stellt das größte Risiko dar - auch durch eventuelle Unachtsamkeiten.

Die Diskussion um die geheimdienstlichen Aktivitäten vernebelt etwas die Sicht darauf, wo die realen Gefahren heute liegen. Das Bewusstsein in deutschen Betrieben steigt, ist aber gerade im Mittelstand immer noch unterentwickelt. Oft ist die Kompetenz für das Absichern nicht vorhanden. Wenn Sicherheit keine Chefsache ist, dann wird das dafür Nötige eher nebenbei erledigt.

CW: Es liegt der Entwurf eines IT-Sicherheitsgesetzes vor, das rund 18.000 deutsche Unternehmen vor allem aus den Branchen Telekommunikation, Luft- und Raumfahrt betreffen soll. Was halten Sie als Bitkom-Präsident davon?

Dieter Kempf: Wir stimmen dem Gesetzentwurf in wesentlichen Teilen zu. Die Politik hat hier unsere Vorschläge auch weitgehend übernommen - etwa die Möglichkeit, anonyme Meldungen abzugeben. Eine Ausnahme soll lediglich für Betreiber sogenannter sicherheitskritischer Infrastrukturen gelten. Allerdings muss noch definiert werden, was denn derartige sicherheitskritische Infrastrukturen sind und welche Arten von Vorfällen gemeldet werden müssen.

CW: Bis wann rechnen Sie mit einer Verabschiedung des IT-Sicherheitsgesetzes?

Dieter Kempf: Im Spätherbst. Schauen wir einmal, was in der Endfassung stehen wird.

CW: Eine weitere rechtliche Verschärfung steht ebenfalls kurz vor der endgültigen Verkündigung: der aktuell vorliegende 8. Entwurf des BMF-Schreibens „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD). Wird er die Endfassung sein?

Dieter Kempf: Vermutlich ja. Uns gefällt nicht alles, was drin steht, doch manches, etwa die Kontierungspflicht auf dem Beleg, konnte noch verhindert werden. Deutliche Verschärfungen sind etwa bei der Unveränderbarkeit, der Historisierung und der Aufbewahrung von Stamm- und Finanzbuchführungsdaten zu erwarten. Die GoBD werden die Anforderungen an die laufende Buchhaltung erhöhen. Mangels Übergangsregelungen werden die neuen Vorgaben nach der Veröffentlichung unmittelbar gelten.