Fujitsu-Chef Jürgen Walter im Interview

"Wir werden nicht als Service-Company wahrgenommen"

Der Markt ist wettbewerbsintensiv, daher musste was geschehen

CW: Wie ist angesichts der Einschnitte die Stimmung in der Belegschaft?

Walter: Wir sind uns alle einig, dass das nicht angenehm ist. Konsens besteht aber auch darin, dass wir etwas tun mussten, weil der Markt extrem wettbewerbsintensiv ist. Ich denke, wir haben, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern, faire Konditionen für die Mitarbeiter gefunden, was etwa Abfindungen und Qualifizierungsmaßnahmen betrifft. Wichtig ist, dass man eine solch schwierige Situation irgendwann hinter sich lassen kann.

CW: Wann wird das soweit sein?

Walter: Die Qualifizierungsgesellschaft wird zum 1. September starten. Ein wesentlicher Teil der Kollegen, die sich für diesen Weg entscheiden, werden daher zum 31. August in die Qualifizierungsgesellschaft wechseln. Wir planen, die Maßnahmen in Deutschland bis Ende des Jahres unter Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen abzuschließen.

Jürgen Walter, Fujitsu: Wir werden im Servicemarkt sichtbarer werden.
Jürgen Walter, Fujitsu: Wir werden im Servicemarkt sichtbarer werden.
Foto: Fujitsu

CW: Weltweit ist Fujitsu ein wichtiger Player im IT-Servicegeschäft. Warum hat das in Deutschland bislang nicht geklappt?

Walter: In Deutschland wird Fujitsu mit Produkten, Notebooks, Servern und Storage-Systemen assoziiert, nicht mit Services. Wir müssen und werden mehr tun, um unser Serviceportfolio, das von Business- und Applikations-Services bis hin zu Managed-Infrastructure-Diensten und Maintenance reicht, sichtbarer zu machen.

Unser Differenzierungsmerkmal ist, dass wir Produkte - vom mobilen Client bis zum Supercomputer - mit Software, Lösungen und Services kombinieren können.

CW: Das können die weltweit größten Serviceanbieter, IBM und HP, auch.

Walter: Diverse andere Wettbewerber sind nur im Servicegeschäft unterwegs.

CW: Der Servicemarkt, so wie sie ihn mit dem genannten Portfolio beschrieben haben, ist in Deutschland reif und in festen Partnerbeziehungen. Wir wollen sie die engen Banden zwischen Partner und Kunde aufbrechen?

Walter: Wir haben gute Kundenbeziehungen, auf deren Basis sich neue Möglichkeiten ergeben, wenn wir etwa mit unseren Produktkunden über zusätzliche Services wie Managed Storage und Data-Center-Betrieb sprechen. Sowohl im Mittelstand als auch in den Großunternehmen ist der Trend weg vom internen Betrieb und hin zu externen Services noch längst nicht abgeebbt.

Zudem betreten wir mit dem Offshoring die nächste Stufe der Service-Erbringung. Fujitsu betreibt Delivery Center, die quer über die Welt verstreut sind, etwa in Polen, Portugal, auf den Philippinen und natürlich in Indien. Durch eine intelligente Mischung von Onshore- und Offshore können wir Kosten reduzieren.

CW: Die Prozesse im Offshoring genau auszutarieren, ist nicht einfach. Andere Anbieter wie Tata, Infosys, HP und IBM haben hier einen jahrelangen Erfahrungs- und Know-how-Vorsprung.

Walter: Fujitsu ist die weltweite Nummer drei, so schlecht sind wir nicht aufgestellt. Entscheidend ist nicht das Portfolio der anderen, sondern wie wir unsere Services anbieten. Wir sind nah am Kunden, gehören zu einem japanischen Konzern und orientieren uns am deutschen Datenschutz - das sind wichtige Differenzierungsmerkmale.

CW: In jüngster Zeit ist es etwas ruhig um den App Store von Fujitsu geworden.

Walter: Wir haben ständig neue Partner gewonnen. Zurzeit nutzen etwa 2000 Kunden unseren Cloud Store. Angesichts der Einnahmen ist er kein Schwerpunktthema für uns. Dennoch ist es wichtig, in dieser Richtung Präsenz zu zeigen. Der Marktplatz stellt den Partnern und Anwendern ein interessantes Delivery-Modell zur Verfügung, und uns schafft er die Gelegenheit, ein Partner-Ökosystem aufzubauen.

Wir werden weiter zu fairen Bedingungen fertigen

CW: Was denken Sie, wo Fujitsu in zwei Jahren steht?

Walter: In Deutschland werden wir im Retail-Markt deutlich stärker wahrgenommen. Die Umsatzverteilung unsere Portfolio-Mixes wird sich zu den Serviceleistungen verschieben. Heute nehmen wir etwa ein Drittel des Umsatzes mit Services ein, das wird mehr werden, bei gleichzeitig absolutem Umsatzwachstum im Produktgeschäft. Auch in zwei Jahren werden wir noch in Deutschland zu fairen Bedingungen in hoher Qualität fertigen. (mhr)