HR und Tools für die Bewerbung

Warum Recruiting an der Software scheitert

Manches Talent der Generation Y auf Jobsuche geht den Abteilungen für Human Resources durch die Lappen. Der Grund: Die Systeme für das Management der Bewerber sind nicht zeitgemäß. Das heißt unter anderem, dass sie nur Bewerbungen via Desktop unterstützen, nicht aber über mobile Endgeräte. Lesen Sie hier, wo die technischen Stolpersteine für Recruiter liegen und warum die Candidate Experience leidet.

Jobkandidaten erwarten heute deutlich mehr von Unternehmen, als diesen häufig bewusst ist. Und nicht zu vergessen: Sie erinnern sich daran, wie sich ein potenzieller Arbeitgeber im Bewerbungsprozess verhalten hat, ob er Updates zum Bewerbungsstatus gegeben oder sich nach einem Vorstellungsgespräch nie wieder gemeldet hat. Also Vorsicht, denn eine negative Erfahrung - eine "Negative Candidate Experience" - kann nicht nur direkte Auswirkungen darauf haben, ob sich der Bewerber letztendlich für den Job in einem Unternehmen entscheidet. Befragungen haben ergeben, dass über die Hälfte der Kandidaten nach einer schlechten Erfahrung mit der Abteilung Human Resources (HR) nicht mehr bei diesem Unternehmen einkaufen würden. Doch was genau erwarten Bewerber von einem potenziellen Arbeitgeber? Und welche Rolle spielen Tools im Recruiting?

Die fünf folgenden Punkte geben Antworten auf die Fragen, was Bewerber erwarten und an welchen technischen Hürden das Rekrutieren von Profis für ausgeschriebene IT-Jobs scheitert.

Hürde 1: Interessierte Kandidaten werden ausgegrenzt

Nicht alle Jobsuchenden - vor allem die passiven - haben Zeit, sich auf eine zufällig gefundene Position zu bewerben. 39 Prozent dieser Bewerbergruppe bevorzugen es vielmehr, einem Arbeitgeber zunächst nur ihre Kontaktinformationen zu geben und sich zu einem späteren Zeitpunkt zu präsentieren. Vor diesem Hintergrund ist es jedoch problematisch, dass über die Hälfte der HR-Profis (57 Prozent) keine Recruiting Tools zur Erfassung von Kandidaten nutzt, die sich nicht direkt auf eine Stellenanzeige beworben haben. Somit verpuffen viele Gelegenheiten, mit den "verborgenen" Talenten in Kontakt zu kommen. Lediglich 23 Prozent der Unternehmen bieten ein verkürztes Bewerbungsformular an, um auch Informationen über Kandidaten zu gewinnen, die sie gegebenenfalls auch später noch kontaktieren können.

Hürde 2: Ehemalige Bewerber werden nicht im Auge behalten

Beziehungen zu interessanten Kandidaten aufrechtzuerhalten, die noch nicht eingestellt wurden, aber später für eine frei werdende Stelle geeignet wären, ist eine weitere Herausforderung für Recruiter. Gut ein Drittel der HR-Profis (36 Prozent) räumt ein, dass Bewerbern, denen kein Job angeboten wurde, nicht erneut angesprochen werden. Die zwei Hauptgründe:

• Es werden nur aktuellen Bewerbungen sondiert (69 Prozent) und

• es fehlt an der nötigen Zeit (28 Prozent).

Nur 38 Prozent der Personaler sprechen ehemalige Interessenten alle sechs Monate oder öfter erneut an. Der Rest schenkt Talent-Pools mit Bewerbern, die ihr Interesse am Unternehmen bereits bekundet haben, hingegen keine Beachtung. Es ist aber bekannt, dass sich Jobsuchende eine kontinuierliche Kommunikation wünschen. 42 Prozent würden von Unternehmen sogar gerne E-Mails mit neuen Stellenangeboten erhalten.

Hürde 3: Automatisierte Antworten

Auch HR-Abteilungen sind vor Budgetkürzungen nicht gefeit. Die Folge: Es fehlt an Personal und somit häufig auch an den Möglichkeiten, Bewerbern eine Rückmeldung geben oder eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Automatisierte Antworten sind deshalb zu einem beliebten Mittel geworden, um Kandidaten über den Eingang der Bewerbung zu informieren. Doch vielen Bewerbern (39 Prozent) ist selbst das zu wenig. 60 Prozent der Jobsuchenden erwarten eine individuellere Kommunikation. 67 Prozent wünschen sich nach ihrer Bewerbung sogar einen Anruf vom Recruiter.

Hürde 4: Bewerbungen können nur über Desktops verschickt werden

Die Nutzung mobiler Techniken ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch damit ist auch die Erwartung vieler Jobsuchender verbunden, das Bewerbungsprozedere via mobiles Endgerät abwickeln zu können und nicht Desktop-gesteuert. Fast die Hälfte (46 Prozent) der befragten HR-Abteilungen bietet Bewerbern den Zugang zu ihrem Managementsystem in Sachen Recruiting jedoch nicht per mobilem Endgerät an. Gründe dafür sind meist technische oder personelle Einschränkungen. Obwohl ein Drittel (33 Prozent) der Recruiter aufgrund der beschriebenen mobilen Einschränkung eine höhere Absprungrate konstatiert, sehen viele hier keinen Handlungsbedarf. Nur 24 Prozent aller Personaler glauben, dass die Möglichkeit, sich über ein mobilfähiges Endgerät zu bewerben, positiv zur Candidate Experience beiträgt. Das ist erschreckend. Der Grund: Nur ein Teil der 65 Prozent aller Jobsuchenden, die sich nicht über ein mobilfähiges Endgerät bewerben können, ist gewillt, die Bewerbung vom Desktop-Computer abzuschicken. Damit gehen Unternehmen interessante Bewerber der Generation Y durch die Lappen.

Hürde 5: Der Bewerbungsprozess ist zu komplex

Knapp die Mehrheit der HR-Experten (53 Prozent) favorisiert einen langen Bewerbungsprozess. Der Hintergrund: Dadurch werden weniger enthusiastische oder geringer qualifizierte Bewerber aussortiert. Doch dabei vergessen viele Personaler einen wichtigen Aspekt. Langwierige Bewerbungsprozesse schrecken zugleich auch hochqualifizierte, aktuell berufstätige Talente aus, die keine große Lust darauf haben, eine Vielzahl an Seiten auszufüllen. 60 Prozent der Jobsuchenden berichteten, schon einmal eine Online-Bewerbung aufgrund ihrer Länge und Komplexität abgebrochen zu haben. Das deckt sich mit den Angaben der Personaler: Über die Hälfte (54 Prozent) gibt zu, dass ihr Bewerbungsprozess mehr als 20 Minuten in Anspruch nimmt. Das ist problematisch, weil drei von zehn Bewerbern der Meinung sind, dass der Bewerbungsprozess maximal zehn Minuten oder weniger dauern sollte. 62 Prozent geben an, er solle nicht mehr als 20 Minuten in Anspruch nehmen. Hier wird die Diskrepanz zwischen Kandidaten und Personalabteilungen deutlich: 37 Prozent der HR-Profis stellen in ihrem Bewerbungsprozess in der Regel nämlich mehr als 15 Fragen. Die Hälfte (51 Prozent) der Jobsuchenden meint hingegen, dass es nicht mehr als zehn Fragen sein sollten. (pg)