Das Ende des Telefonierens naht

Warum Anrufen total uncool ist

"Anrufen ist uncool"

Denn durch neue Services wie meetgreen.de, myTelco.de oder meeble.de wird es immer leichter, viele Personen zur Konferenz zusammenzuschalten. Aussterben werden dagegen die belanglosen Plaudereien aus unserem Beispiel.

Überraschende Anrufe sind in vielen Büros nicht erwünscht. Die Telekom etwa betreibt in Berlin einen Inkubator namens Hubraum, der mehrere IT-Startups des Konzerns beherbergt. "Anrufen ist uncool", lautet die Botschaft, die die Tochterfirma des größten Telefonunternehmens im Lande aussendet: Eine Telefonnummer von Hubraum findet sich auf der Homepage nicht.

Der Rückgang der Telefonate gefällt nicht allen, Call-Center oder Telefontrainer beispielsweise sind ernsthaft betroffen. Denn Verkäufe per Anruf sind in der neuen Kommunikationswelt ein No-Go. Privathaushalte anzurufen, um etwas zu verkaufen, verbietet inzwischen ohnehin das Gesetz. Im Geschäft sieht es auch ohne Regulierungseinflüsse kaum anders aus: "Sales-Anrufe in Büros, diese Praxis gerät immer mehr in die Ecke des Unseriösen", beobachtet Call-Center-Betreiber Meloni.

Deshalb spielt dieser Kontaktkanal in seinem Geschäft kaum noch eine Rolle: "Das wird aussterben." Fast alle Telefonagenten bei Avocis arbeiten nur noch "inbound", wie es in der Fachsprache heißt: Sie sind bereit, um Anrufe, etwa von Kunden, entgegenzunehmen.

Auch bei den Telefontrainern stehen die Zeichen auf Umbruch. Die Profession hatte ihre große Zeit, als das Telefon Kontaktkanal Nummer eins war - bequemer als Fax, schneller als der Brief. Da galt, was Ernst Z`Graggen, Telefontrainer und Inhaber des Dienstleisters Telefonpower.ch, so beschrieb: "Das Telefon ist die Visitenkarte des Unternehmens." Freundliche Stimme, positive Ansprache, den Anrufer nicht weiterleiten, sondern sein Problem sofort lösen - mit solchen Lehrsätzen machen Z`Graggen und Kollegen bis heute gute Geschäfte.

Aber der Wandel lässt sich nicht aufhalten. Bevor heute einer anruft, hat er sich längst im Netz schlaugemacht. Paket noch nicht angekommen? Mit welcher Taste gelingt der Neustart der Kamera? Antworten auf Fragen wie diese bekommt der digital vernetzte Verbraucher heute auf den zahlreichen Selbstbedienungsseiten. Amazon hat die Verbraucher längst umerzogen - sie rufen nicht mehr an, sondern versuchen erst einmal, die Antwort im Netz selbst zu finden. Der Anruf beim Bestell- oder Kundencenter wird weiter an Bedeutung verlieren und damit auch das Training für Telefonagenten.

Ganz aussterben wird das Telefongespräch dennoch nicht. Sobald es im Büro um komplexe Themen geht, ist der Griff zum Telefon auch in Zukunft der Weg der Wahl. "Kompliziertes am besten im Gespräch miteinander klären", empfiehlt Kommunikationsprofessor Eppler. Das vermeidet das digitale Pingpong, bei dem immer wieder hin- und hergemailt wird.