Mit 64 Bit Unix im Visier

IA-64-Anwendungen

Ende Mai hat Microsoft die Auslieferung der 64-Bit-Betriebssystemvarianten "Windows XP" und "Windows Server 2002" zusammen mit Itanium-Rechnern verschiedener Anbieter bekannt gegeben. Windows XP, Codename "Whistler", soll Ende des Jahres auf den Markt kommen. Derzeit ist der Release Candidate 1 (RC1) fertig gestellt. Windows Server 2002 liegt als Beta3-Release vor und heißt vorerst "Windows Advanced Server (AS) Limited Edition (LE) Version 2002". Nutzer dieser Versionen erhalten ein Gratis-Update auf die Vollversionen bei deren Fertigstellung. Die 64-Bit-Versionen von XP entstanden parallel zu den 32-Bit-Ausgaben des Betriebssystems und bieten deshalb ähnliche Leistungsmerkmale. Allerdings fehlt der Windows Media Player, Netmeeting, CD-Brenner-Unterstützung und Remote Assistance in der 64-Bit-XP-Ausgabe. Die derzeit mit der Hardware vertriebenen OEM-Ausgaben sind noch nicht mit der Windows Product Activation (WPA) versehen.

Die Softwarehersteller aus Redmond bieten bislang erst wenige dedizierte 64-Bit-Anwendungen. Die bekannteste ist der SQL-Server-2000-Nachfolger. Mit der Fertigstellung des McKinley-Chips im nächsten Jahr werden wahrscheinlich eine Reihe von verbesserten IA-64-Applikationen auf den Markt kommen.

Turbolinux, Red Hat und Suse sind drei der Linux-Distributionen, die schon in die Entwicklungsphase von Linux für IA-64 involviert waren. Vor einigen Tagen brachten sie ihre IA-64- Betriebssystem-Varianten heraus. Im Gegensatz zu früher, als die Programmierer Linux an die x86-Hardware anpassen mussten, hat die Entwicklergemeinde diesmal direkt mit Intel zusammengearbeitet, um das 64-Bit-Linux zu optimieren und eine Feinabstimmung zu ermöglichen.

Der 64-Bit-Kernel von AIX 5L Version 5.1, dem neuen Release des IBM-Unix, unterstützt neben den Power-Chip-Unix-Sytemen auch die Itanium-Architektur. Das Betriebssystem nutzt die AIX 5L APIs und Header Files, so dass nach einer Rekompilierung Linux-Anwendungen lauffähig sind.

Sun hatte noch vor einem Jahr das eigene 64-Bit-Betriebssystem Solaris 7 für Intels IA-64 Prozessor optimiert. Sowohl das Application Programming Interface (API) als auch das Device Driver Interface (DDI) sind für alle Solaris-Plattformen identisch. Auch die für die Sparc-Plattform entwickelten 64-Bit-Anwendungen der ISVs sollten durch eine Rekompilierung der Treiber und Applikationen die Itanium-Plattform unterstützen. Von Sun war keine Stellungsnahme zu erhalten, ob die zwischenzeitlich aufgetretenen Unstimmigkeiten zwischen Intel und Sun diese Kompatibilitätsbemühungen endgültig zum Erliegen gebracht haben. Linux und einige Unix-Varianten haben mit dem Itanium-Prozessor die Chance, sich als kostengünstiges Serversystem durchzusetzen und den Zeitvorsprung gegenüber Microsoft zu nutzen, bevor die Vorabversionen durch Serienprodukte ersetzt werden. Ob die von Intel in einer siebenjährigen Entwicklungszeit entstandene erste IA-64-Generation zum Meisterwerk oder zum Gesellenstück wird, muss sich noch zeigen. Spätestens mit McKinley dürfte es Intel jedoch gelingen, sich im 64-Bit-Markt zu etablieren.