Microsoft im Visier der EU-Gerichte

Wegen der Beschwerde eines französischen Software-Händlers droht Microsoft möglicherweise ein neuer Wettbewerbs-Prozess. Das europäische Gericht erster Instanz gab dem Kläger Recht, die EU-Kommission muss nun tätig werden.

Neben dem Monopol-Prozess in den USA sieht sich Microsoft möglicherweise bald wegen Wettbewerbs-Vergehen mit der europäischen Kommission konfrontiert. Das europäische Gericht erster Instanz entschied, dass eine von der Kommission abgewiesene Beschwerde des französischen Software-Händlers "Micro Leader Business SARL (MLB)" nicht gründlich genug geprüft worden war.

Die französische Firma hatte sich 1996 bei der EU-Kommission wegen Wettbewerbs-Behinderung beschwert, nachdem Microsoft dem Unternehmen den Vertrieb von selbst importierter Microsoft-Software aus Kanada untersagt hatte. Micro Leader hatte diese Produkte billiger angeboten als die von Microsoft Frankreich vertriebenen Versionen. Die Kommission wies die Beschwerde 1998 mit Hinweis auf Microsofts Urheberrechte an der Software zurück.

Dem widersprach nun das europäische Gericht erster Instanz. Die Kommission hätte "zumindest überprüfen sollen, ob die Vorwürfe des Beschwerdeführers gerechtfertigt sind oder nicht." Anders ausgedrückt: Die Kommission hätte die Auswirkungen von selbst importierter Software untersuchen sollen. Die EU-Kommission hat nun zwei Monate Zeit, dem Spruch zuzustimmen und eine derartige Untersuchung zu starten. Wird diese Frist eingehalten, so würde die Untersuchung noch parallel zum Monopol-Prozess in den USA laufen, bei dem nach gegenwärtiger Planung bis zum 31. Januar die Plädoyers abgeschlossen sein sollen.

Widerspricht aber die EU-Kommission dem Spruch ohne eine neue Untersuchung, so landet das Verfahren vor der höchsten Instanz, dem europäischen Gerichtshof . In einer ersten Stellungnahme kündigte Kommissions-Sprecher Jonathan Faull eine gründliche Prüfung des Urteils der ersten Instanz an, sagte aber auch: "Im allgemeinen stimmen wir zu."

Laut Microsofts europäischem Direktor für Rechtsfragen, John Frank, war Microsoft an dem gesamten Fall bisher nicht beteiligt. Die Kommission habe die ursprüngliche Beschwerde von Micro Leader zurückgewiesen, ohne Microsoft zu kontaktieren. "Wir freuen uns darauf, dass unsere Bedenken wegen Grauimporten behandelt werden sollen" sagte Frank weiter. Er betonte: "Wir glauben, dass es sehr gute Gründe im öffentlichen Interesse gibt, dass der Import dieser Produkte verhindert wird." (nie)