Qualität leidet unter Google und Online-Recherche

Journalisten kupfern immer mehr voneinander ab

Die Qualität der journalistischen Online-Recherche steht in Frage. Zunehmend schreiben Journalisten gegenseitig ab, die Ursprungsquelle wird nicht überprüft. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Landesanstalt für Medien NRW (LfM).

Mit der breit angelegten Untersuchung wurde erstmals großflächig das Thema Online-Recherche in deutschen Zeitungs-, Fernseh-, Hörfunk- und Internetredaktionen unter die Lupe genommen. Über einen Zeitraum von knapp 2000 Stunden wurden 235 Journalisten beobachtet, zusätzlich erfolgten eine schriftliche Befragung von 601 Journalisten sowie die Teilnahme von 48 Journalisten an einem Experiment.

Laut der Studie gewinnt die Recherche im Internet für Journalisten zunehmend an Bedeutung. Insbesondere die Schnelligkeit der Informationsbeschaffung und die Vielfalt der Informationen bieten erhebliche Vorteile. Doch aus veränderten Rahmenbedingungen in Redaktionen erwachsen der Studie zufolge auch Risiken und Qualitätsmängel. Eine Überprüfung von Online-Quellen findet nur selten statt. Journalisten greifen außerdem bei ihrer Recherche im Netz vornehmlich auf andere journalistische Erzeugnisse zurück anstatt auf Primärquellen wie etwa Websites von Herstellern, politischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Einrichtungen.

Dieses Ergebnis können wir aus eigenen Beobachtungen bestätigen: Immer wieder tauchen im Internet Falschmeldungen auf, die rasend schnell dann auf den verschiedensten Websites auftauchen. Quellen werden dabei mit zunehmender Verbreitung kaum mehr genannt oder sind ebenfalls falsch. Mit etwas Mühe würde man aber schnell die Ursprungsmeldung recherchieren und den Inhalt verifizieren können. Ein gutes Beispiel hierfür ist, dass ein deutscher Intel-Chef im Mai 2008 auf einer Veranstaltung gesagt haben soll: „es wird ein iPhone mit Intels Atom-Chip geben“. Diese Meldung verbreitete sich schlagartig rund um die Welt in verschiedenen Sprachen. Selbst bei „Spiegel Online“ fand sich diese Meldung ursprünglich ohne Nennung der Ursprungsquelle wieder. Nachträglich wurde die News dann aktualisiert.

Man schreibt unter den Journalisten also sprichwörtlich voneinander ab. Prof. Dr. Marcel Machill von der Universität Leipzig, der die Studie "Journalistische Recherche im Internet" im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) geleitet hat, beobachtet in diesem Zusammenhang eine gesteigerte Selbstreferentialität im Journalismus: "Computergestützte Recherche macht es den Medienschaffenden noch einfacher, schnell nachzuschauen, was die Kollegen zu einem aktuellen Thema erarbeitet haben."