x86-Konkurrenz dominiert den Server-Markt

Itanium - welche Zukunft haben Intels IA64-Prozessoren?

Itanium steht für „Mission-Critical Reliability“. Aber ist auf die 64-Bit-Prozessorarchitektur noch Verlass, wenn selbst Intel und HP zugunsten von x86er-Technik abzuspringen scheinen?

Die von Intel und Hewlett-Packard gemeinsam entwickelten Itanium-Prozessoren machten in den vergangenen Jahren immer wieder negative Schlagzeilen. Doch entgegen vieler Anzeichen, die an der Zukunft der Architektur zweifeln lassen, gab es in jüngster Zeit auch zwei wichtige positive Signale. So wurde im November 2012 die neue Itanium-Serie 9500 mit Codenamen Poulson präsentiert. Gegenüber dem Anfang 2010 vorgestellten Vorgänger Tukwila (9300er-Serie) wurde die Strukturgröße von 45 auf 32 Nanometer (nm) verkleinert; statt vier werden jetzt bis zu acht Kerne unterstützt. Laut Intel steigt sowohl die Integer-, Floating-Point-, Java- und OLTP-Datenbank-Performance um mindestens den Faktor 2. Als Beleg für die Bedeutung des eigenen Unix-Derivats HP-UX und der Itanium-Server meldete der IT-Riese kurz darauf eine gewonnene EU-Ausschreibung mit einem Gesamtvolumen von mehr als108 Millionen Euro.

Negativ wirkt sich nach Meinung vieler Marktbeobachter aber noch immer der anhaltende Itanium-Streit mit Oracle aus. Als Erbe der konkurrierenden SPARC-Prozessorarchitektur und des SunOS (Solaris) kündigte Oracle im April 2011 die Itanium-Unterstützung für seine Produkte auf. HP bekam zwar mit einer Klage wegen Vertragsverletzung im August 2012 Recht. Doch Oracle ließ nicht locker und scheiterte schließlich erneut mit einer Berufung im Februar 2013. In der Folge machte HP seine Drohung wahr und strengte eine 4-Milliarden-Klage gegen den Erzrivalen an.

Interessenskonflikte mit x86-CPUs

Unix-Server verlieren auf breiter Front: Diese EMEA-Zahlen der letzten zwei Jahre zeigen, dass das ganze Feld der Unix-Server deutlich schrumpft. Am eklatantesten scheint der Einbruch im EPIC-Itanium-Lager zu sein.
Unix-Server verlieren auf breiter Front: Diese EMEA-Zahlen der letzten zwei Jahre zeigen, dass das ganze Feld der Unix-Server deutlich schrumpft. Am eklatantesten scheint der Einbruch im EPIC-Itanium-Lager zu sein.
Foto: Intel

Viele sehen in dem Disput schon einen Katalysator für das allgemeine Unix-Sterben. Am deutlichsten wird das im Server-Segment für EPIC-basierte Systeme (Explicitly Parallel Instruction Computing), das laut IDC-Analyst Giorgio Nebuloni heute fast ausschließlich von Itanium und HP besetzt ist. Die EPIC-Server-Umsätze haben sich seit 2010 nahezu halbiert. Gründe dafür gibt es mehrere; einer davon ist das von Oracle angeführte Argument, dass Intel wohl selbst nicht mehr an die Itanium-Zukunft glaube.

Itanium-Workstation zx6000: Die 2004 eingestellte zx6000 war eine der wenigen Itanium-Workstations, die HP herausgebracht hat, im Fokus standen bald x86-Workstations.
Itanium-Workstation zx6000: Die 2004 eingestellte zx6000 war eine der wenigen Itanium-Workstations, die HP herausgebracht hat, im Fokus standen bald x86-Workstations.
Foto: HP

Tatsächlich offenbaren sowohl Intel als auch HP in diesem Bereich starke Interessenskonflikte mit ihren Highend-x86-Strategien, früh erkennbar bei Workstations. Verschleppte Roadmaps haben zudem sowohl Kunden wie auch die meisten Hersteller verprellt. Die eklatanten Einbrüche der letzten zwei Jahre sind laut Nebuloni aber unter anderem auch mit den viel längeren Unix-Produktzyklen zu erklären. Bei Generationswechseln wie den zu Poulson oder IBMs Power7+-CPUs würden die Umsatzzahlen meist wieder hochschnellen, so der Experte. Derweil stimmen selbst führende Intel- und HP-Manager schon in den Itanium-Abgesang ein. So wurde HP-Vize Scott Farrand im Sommer 2012 mit den Worten zitiert: „Unsere zukünftige Strategie für geschäftskritische Systeme sieht vor, zu einer x86-basierten Welt zu wechseln.“ Es sei kein Zufall, dass viele Firmen sich von Itanium abgewendet haben, besonders auch Oracle. Farrand sprach dabei auch das Projekt „Dragon Hawk“ an, das zum Ziel hat, die Superdome-Itanium-Systeme durch neue leistungsstarke x86-Server mit Red Hat Enterprise Linux 6 abzulösen.