Ungewöhnlicher Erfindergeist

Innovative Projekte rund um den Raspberry Pi

Die ausgiebige Dokumentation und der niedrige Preis öffnen dem Raspberry Pi unzählige Verwendungsmöglichkeiten. Wir stellen zehn nicht ganz alltägliche Projekte der kleinen Platine vor.

Seit seiner Vorstellung Februar 2012 wurde der Raspberry Pi in seinen verschiedenen Varianten drei Millionen mal verkauft. Der Erfolg kam für die britische Raspberry Foundation, die den Ein-Platinen-Computer als gemeinnützige Stiftung entwickelt, überraschend und buchstäblich über Nacht: BBC News berichtete 2011 in der Sendung „Click“ über den Prototyp des Raspberry Pi, der zunächst Studenten und Schülern für eigene Hardware-Basteleien interessieren sollte. In den nächsten Tagen gingen 100.000 Vorbestellungen für den Raspberry Pi ein. Für die maßgeblichen Entwickler, Eben Upton und Gordon Hollingworth, war dies ein schöner Schock: Zuvor noch diskutierte das Team über geplante Stückzahlen und einigte sich auf 10.000 Exemplare. Und selbst diese bescheidene Menge erschien den Machern fast größenwahnsinnig und riskant, aber mit einer niedrigeren Stückzahl wäre eine automatisierte Fertigung zu einem realistischen Stückpreis nicht zu machen gewesen. Und nun lagen schon vor dem Auslieferungstermin zehnmal mehr Bestellungen vor, als die erste Produktion hergeben konnte. Es sollte dann noch über ein halbes Jahr und viele Optimierungsschritte in der Fertigung in Anspruch nehmen, bis der überraschende Auftragsüberhang abgearbeitet war.

Allerdings war der Erfolg kein Zufall, und die Geschichte des Raspberry Pi handelt nicht wie zu viele Anekdoten der IT-Geschichte davon, zum richtigen Zeitpunkt einfach am richten Ort zu sein. Der Raspberry Pi konnte nur durch akribische Planung, klare Zielsetzung, hartnäckige Überzeugungsarbeit und eine gemeinnützige Stiftung im Hintergrund zu dem werden, was er heute ist: Eine universelle Bastelplatine, die nicht nur Micro-Controller ist, sondern als Mini-PC ein vollwertiges Linux-System ausführt.

Der Raspberry Pi ist über sein ursprüngliches Ziel, britischen Bildungseinrichtungen eine möglichst einladende und universell verwendbare Basis für Hardware- Basteleien an die Hand zu geben, weit hinausgeschossen. Heute inspiriert die Platine Bastler und Profis in aller Welt, kleine und große Projekte zu stemmen. Die Himbeere, die als Logo jede Platine des Raspberry Pi ziert, ist eine Ikone der neuen Do-it-yourself-Generation geworden. Deren jüngere Vertreter sind zwar nicht mit Homecomputern und Basic groß geworden, sondern mit Microsoft Office und Smartphones, haben sich aber nicht die Lust am Basteln von einer rigiden, strikt kundenorientierten und damit langweiligen IT-Landschaft verderben lassen. Die folgenden frischen Projekte um den Raspberry Pi zeigen herausragende und oft nicht ganz alltägliche bis kuriose Projekte.

3D-Scanner: Drei Dutzend Pi-Kameras

Dem kanadischen Entwicklerteam von http://arg.us.com dienen 35 Raspberry Pis, jeweils mit Kamera-Board erweitert, als Sensoren in einem 3D-Scanner für lebensgroße Objekte. Der Scanner hat die Form einer geodätischen Kuppel von 2,8 Metern Höhe aus Aluminiumrohr, die sich trotz ihrer Größe noch gut zerlegen und transportieren lässt. Insgesamt wiegt die Konstruktion lediglich 54 Kilogramm. Die Bindeglieder der Kuppel, die in Dreiecke unterteilt ist, dienen zugleich als Aufhängung für die vernetzten Raspberry-Pi-Platinen mit exakt ausgerichteter Kamera. An den Verstrebungen sind LED-Streifen zur Ausleuchtung angebracht.

Geodätische Kuppel: Der 3D-Scanner Argus nimmt Objekte oder Personen mittels 35 Raspberry-Pi-Platinen mit Kamera-Boards aus verschiedenen Perspektiven auf, um aus den Aufnahmen ein 3D-Modell zu berechnen.
Geodätische Kuppel: Der 3D-Scanner Argus nimmt Objekte oder Personen mittels 35 Raspberry-Pi-Platinen mit Kamera-Boards aus verschiedenen Perspektiven auf, um aus den Aufnahmen ein 3D-Modell zu berechnen.
Foto: http://arg.us.com

Der Scanner nimmt eine Person oder einen Gegenstand aus 35 Perspektiven auf. Mit der Steuer-Software läuft der Scan-Prozess innerhalb von zwei Minuten automatisch ab, und ein zentraler PC berechnet mit Open- Source-Programmen wie Insight3d aus den zweidimensionalen Bildern aus mehreren Blickwinkeln eine dreidimensionale „Pointcloud“. In dieser bekommen die erkannten Punkte des gescannten Objekts über Triangulation ihre Position im Koordinatenraum. Der 3D-Scanner ist momentan ein Prototyp, mit dem seine Macher auf verschiedene Maker Faires und Ausstellungen fahren. Geplant ist, den Scanner zu einen vergleichsweise günstigen Bausatz umzuwandeln, sofern bestehende Patente eine Vermarktung nicht verhindern.