Tolerierbare Rechenfehler

Extrem stromsparende Chips mit probabilistischer Logik

Können bei einer Anwendungen wie der Videodekompression Rechenfehler in Kauf genommen werden, kann man mit neuartigen PCMOS-Halbleitern (probabilistic complementary metal-oxide semiconductor) den Stromverbrauch drastisch senken.

Die Stromsparchips könnten etwa in mobilen Geräten untergebracht werden. Der Trick dabei: Die Prozessoren verwenden nicht die Boolsche Logik, die auf Genauigkeit und Deterministik beruht. Sie nutzen eine probabilistische Logik und somit ein Wahrscheinlichkeitsprinzip, bei dem Fehler schlichtweg in Kauf genommen werden.

Auf der Halbleiterkonferenz ISSCC in San Francisco haben Forscher aus Texas und Singapur das Konzept eines entsprechenden Chips vorgestellt. Er soll im Vergleich zu herkömmlichen Chips einen um den Faktor 30 reduzierten Stromverbrauch haben. Der spezielle Halbleiter-Chip segelt unter der Bezeichnung PCMOS und wurde in Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen von Krishna Palem von der Rice-Universität in Houston und Yeo Kiat Seng von der Nanyang-Universität in Singapur entworfen. Das Projekt wird vom US-Militär und Intel finanziert.

Herkömmliche Chips kämpfen mit dem Problem, dass die Strukturen und Transistoren mit jeder Verkleinerung immer empfindlicher gegen Rauschen und andere Störungen werden. Um das Nutzsignal von diesem Hintergrundrauschen mit 100prozentiger Sicherheit zu trennen, wird das Signal verstärkt und mit relativ hohem Strom und hoher Spannung innerhalb des Chips übertragen. Der neu entwickelte Chip hingegen arbeitet stromsparend mit geringem Sicherheitsabstand und geht davon aus, dass gelegentliche Fehler keine große Rolle spielen.

Idealerweise findet ein solcher Stromspar-Chip Einsatz als Applikations-spezifischer integrierter Schaltkreis (ASIC, Application Specific Integrated Circuits) in batteriebetriebenen Geräten, deren Programme keine hundertprozentige Genauigkeit voraussetzen. Ein Beispiel ist Video-Streaming auf einem Smartphone. Auf dem relativ kleinen Display mit niedriger Auflösung korrigiert das menschliche Gehirn automatisch Fehler wie einzelne falsche Pixel.

Diese PCMOS-Neuentwicklung ist ungeeignet, wenn es auf Genauigkeit ankommt. So kann sie zwar nie als CPU, wohl aber für Video-Karten oder elektronisches Spielzeug eingesetzt werden.

Palem betont, dass die Ziele der PCMOS Chip-Entwicklung mehr und mehr umweltfreundliche Computer sind. "Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Anwendungen, die mit PCMOS-Chips genauso gut oder besser als mit herkömmlicher Technologie funktionieren, aber nur einen Bruchteil der Energie verbrauchen." Der stromsparende Chip soll in vier Jahren marktreif sein. (ala)