Digitalisierung

Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle

Für den Einzelhandel ist die Digitalisierung Bedrohung und Rettungsring zugleich. Reine digitale Player wie Amazon und Zalando saugen Milliardenumsätze aus den Kaufhäusern, doch eigene Online-Shops helfen ohne Multichannel-Strategien nicht mehr. Inzwischen bewegt sich auch der Lebensmitteleinzelhandel.

Vor allem aufgrund des veränderten Kaufverhaltens der Konsumenten durchläuft der Einzelhandel einen tiefgreifenden Wandel. Die Kunden kaufen immer mehr Produkte und Dienstleistungen online - und der Mobile Commerce verstärkt diesen Trend zusätzlich. Allein Amazon erwirtschaftete im Jahr 2013 einen Umsatz von 10,5 Milliarden Euro in Deutschland.

Zalando dürfte das Geschäftsjahr 2014/2015 mit einem Umsatz von zwei Milliarden Euro abschließen. Insgesamt machte der Anteil des Online-Handels nach Angaben des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (BEVH) 11,2 Prozent der Umsätze des deutschen Einzelhandels im Jahr 2013 aus. Für 2014 rechnete der Handelsverband Deutschland (HDE) mit einem Wachstum des Online-Handels von 17 Prozent. Gleichzeitig verläuft die Dynamik des Online-Handels sehr unterschiedlich in den verschiedenen Handelssegmenten.

Anhand dieser Entwicklungen liegt es auf der Hand, dass gerade für große Einzelhandelsunternehmen das Thema Multichannel Vorstandssache ist. Denn ab einer gewissen Größe und Zahl an Niederlassungen können sich Unternehmen diesen relevanten Einflussfaktoren nicht in dem Maße entziehen, wie es bei thematischen, regionalen oder sektoralen Nischenanbietern möglich ist. Das spiegelt sich auch in der Trendstudie "Einzelhandel in der Multichannel-Zeitfalle" deutlich wider, die von der Lünendonk GmbH in fachlicher Zusammenarbeit mit Salt Solutions durchgeführt wurde. Für die Trendstudie wurden insgesamt 83 Interviews mit hochkarätigen Entscheidern großer Einzelhandelsunternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz in Deutschland geführt.

Es wird deutlich: Mehr als 90 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen sich mit der Entwicklung und Umsetzung einer Multichannel-Strategie. 80 Prozent der Unternehmen sind optimistisch und wollen mit der Multichannel-Strategie Wettbewerbsvorteile erzielen. Dieses Ziel werden jedoch deutlich weniger der großen Einzelhändler erreichen.

Ergebnisse der Trendstudie Multichannel 2015
Ergebnisse der Trendstudie Multichannel 2015
Foto: Lünendonk

Denn während die Vorreiter schon in der Standardisierungsphase des operativen Bertriebs (26,0%) sind oder zumindest mit dem Roll-out beschäftigt (24,7%), laufen die anderen Unternehmen den Vorteilen der Wettbewerber bereits hinterher. 30 Prozent der Unternehmen verfügen noch nicht über Multichannel-fähige Backend-Systeme. Im Zusammenspiel von Projektphase, Umsetzungsdauer und technologischem Reifegrad ergibt sich für bis zu 40 Prozent der Unternehmen eine Zeitfalle.