Der Kabelsalat verschwindet

Marktforscher sagen Boom voraus

Angesichts der Einsatzfelder, der breiten Unterstützung und der technischen Vorteile wundert es nicht, dass die Marktforscher enthusiastisch reagieren. Dataquest erwartet, dass im Jahr 2002 mehr als 79 Prozent aller digitalen Headsets und mehr als 200 Millionen PCs für diese Technik ausgelegt sind. Etwas vorsichtiger gibt sich die Gartner Group bei ihrer Prognose, auch wenn Bluetooth ihrer Meinung nach den Einsatz von portablen Geräten radikal ändern wird. Gartner rechnet damit, das im Jahr 2004 rund 75 Prozent aller Handys Bluetooth-fähig sein werden. Das Hauptanwendungsfeld sei nicht die Unterhaltungselektronik, sondern E-Commerce. Gartner sieht ganz neue Applikationen im Umfeld von Verkaufs- und Ticketautomaten, Kassen, Geldausgabegeräten und Parkuhren.

Das Fundament dafür wird zur Zeit gelegt. Seit dem 1. Dezember liegt die überarbeitete Version 1.0b der Bluetooth-Spezifikation vor, nachdem im Juli Version 1.0a veröffentlicht wurde. Es handelt sich um mehr als 1500 Seiten Papier in Form von zwei Dokumenten: Das sogenannte "Foundation Core" enthält die Entwicklungsrichtlinien, das "Foundation Profile" Informationen zur Durchführung von Interoperabilitätstests. Die ersten Unternehmen sind bereits als so genannter "Bluetooth Qualification Body" (BQB) oder als "Bluetooth Qualification Test Facility" (BQTF) anerkannt, darunter erfreulicherweise auch deutsche Firmen. Entsprechende Test- und Messgeräte haben die Spezialisten von Rohde & Schwarz und der dänischen Fir-
ma RTX Telecom pünktlich fertig gestellt.

Zwar sind erste Produkte bereits erhältlich, beispielsweise ein RS232-Adapter der dänischen Firma Digianswer, an der Motorola eine Mehrheitsbeteiligung erwerben will, oder eine Lösung von H-Soft zur Druckeranbindung an Toshiba-Notebooks namens Blueprint. In Anbetracht der Kürze der Zeit hat aber verständlicherweise noch kein einziges Produkt den Weg in die sogenannte "Bluetooth Qualified Products List" geschafft.

Analysten bekritteln den Mangel an Produkten und verweisen auf käufliche, ausgereifte Alternativen wie Wireless LANs nach IEEE 802.11, DECT und "Infrared Data Association" (IrDA). Bei Bluetooth überwiegen noch die Technik-Demos und Ankündigungen.

Das könnte sich nun schnell ändern. Zur letzten CeBIT hatten Bluetooth-Initiatoren wie Ericsson, IBM oder Toshiba funktionsfähige Prototypen zum Vorzeigen mitgebracht. Toshiba will auf der CeBIT 2000 ein "bluetooth-ready"-Notebook zeigen. Auch Gründungsmitglied Intel hält sich nicht länger bedeckt und demonstrierte auf der Bluetooth Developers Conference die eigenen Entwicklungen. Mit Hilfe des "D-Bug Connectors" soll jeder Rechner mit USB-Schnittstelle nach dem neuen Standard arbeiten können. Ähnlich wie Ericsson bietet Intel eine eigene Software-Suite an, allerdings mit dem Hintergedanken, den Funkstandard auch dann nutzbar zu machen, wenn entsprechende Unterstützung noch nicht in Betriebssysteme und Anwendungen eingebaut ist. Microsofts Zögern könnte ja auf grundlegende Vorbehalte schließen lassen. Intel will diese potentielle Schwachstelle dadurch ausräumen, dass Applikationen durch einen virtuellen COM-Port über eine Bluetooth-Verbindung kooperieren können. Beide Produkte verspricht Intel, ab Mitte nächsten Jahres an OEM-Hersteller auszuliefern.

Auch wenn sich jeder den einfachen Zugang zu elektronischen Informationen wünscht, soll der doch nicht jedermann gestattet sein. Die Privatsphäre und das persönliche Eigentum benötigen ausreichenden Schutz. Ein vergessener PDA oder ein verlorenes Handy dürfen nicht zum Schlüssel für Haus, Auto oder Bankkonto werden. (hl)

Zur Person

Berthold Wesseler

ist freier Journalist. Er beschäftigt sich seit Jahren mit Themen der Informationstechnik.