Bewegte Bilder im Netz

Die Anwendungen von Multimedia in Internet, Intranet und Extranet sind vielfältig und reichen vom Unternehmensfernsehen bis zum Tele-Learning. Der Artikel gibt einen kurzen Überblick über die Techniken und stellt neue Produkte vor.

Von: Petra Riedel

Business-TV, Unternehmenskommunikation und Schulungen sind Anwendungsbereiche von Video Streaming im Intranet und Extranet; aber auch im Internet gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten, sei es für das Tele-Learning oder in einer Werbeplattform.

Am Anfang steht aber erst einmal die Erzeugung und Digitalisierung eines Video-Contents. Das File, das dann vorliegt, ist allerdings viel zu groß, um über das Internet verschickt zu werden. Dient beispielsweise ein Video von einer analogen Kamera als Quelle, so belegt ein einzelnes Bild bereits über 1 MByte auf der Festplatte. Für ein gutes Fernsehbild werden 25 Frames pro Sekunde übertragen, das bedeutet für eine Videosequenz von einer Minute Länge also über 1,5 GByte - zu viel. Zur Komprimierung gibt es eine Reihe von Algorithmen, die aus der Quelldatei dann ein Streaming-File erzeugen.

Verteilungsmöglichkeiten

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie das Streaming-File zum Client kommt: Die erste arbeitet ohne dedizierten Server, hier wird der Web-Server genutzt, um die Multimediadaten zum Anwender zu schicken. Die andere Möglichkeit ist, daß die Daten auf einem dedizierten Server liegen. Diese Methode hat Vorteile: Die Bandbreite wird besser ausgenutzt, der Anwender bekommt eine bessere Videoqualität, und es sind weitere Features möglich wie beispielsweise die Zugangskontrolle.

Auch bei der Übertragung gibt es verschiedene Techniken: Bei Unicast werden die Daten vom Server direkt zu einem Client übertragen, was den Datenverkehr quadratisch mit der Teilnehmerzahl wachsen läßt. Bei Multicast wird zunächst nur ein Datensatz ins Netz geschickt, spezielle Multicast-Router übernehmen dann die Verteilung an bestimmte Rechnergruppen. Diese Technik entlastet das Netz, setzt allerdings eine spezielle Infrastruktur voraus. Der Anwender kann den Video-Stream auch abrufen, so daß "on-demand" gesendet wird. Hierbei handelt es sich um eine aktive Verbindung zwischen Client und Server, bei dem der User eine Verbindung zum Server initialisiert und den dort verfügbaren Content abruft.

Konserven und Pseudo-Streaming

Datenaustausch im Internet läuft normalerweise nach dem Store-and-Forward-Prinzip: Datenpakete werden über Teilstrecken von einem Netzknoten zum nächsten weitergeleitet und in diesen zwischengespeichert, bevor sie an den Endadressaten übertragen werden. Bei herkömmlichem Web-basierten Video werden die Videodaten grundsätzlich aus dem Internet heruntergeladen und auf der Festplatte gespeichert. (File-Extensions für Video-Konserven: .mov, .avi, .mpg, .mpeg). Der Nachteil bei dieser Methode liegt auf der Hand: Es gibt unter Umständen sehr lange Ladezeiten. Weil man das Video aber erst offline anschauen kann, wenn alle Daten geladen sind, ist die Qualität meist besser als bei richtigem Streaming-Video. Bei dieser Technik werden die Daten "on-the-fly" gezeigt und das Video ist sofort verfügbar. Allerdings ist die Qualität, je nach Netzauslastung, bei Video-Streaming oft nicht sehr hoch. (File-Extensions für Streaming-Video: .rm, .rpm, .ram, .asf). Ein Mittelding zwischen beidem stellt das Pseudo-Streaming dar: Ein Teil des Videos wird noch geladen, während bereits mit dem Abspielen begonnen wurde.

Neue Produkte

In letzter Zeit sind Lösungen auf den Markt gekommen, die Java nutzen, um Plugins zu vermeiden. Vtel bietet eine neue Software für die Übertragung von Videos über das Internet. Mit "Turbocast" können Videos mit jedem Java-fähigen Browser, etwa Netscape oder dem Internet Explorer, empfangen werden, ohne daß der Anwender Download-Zeiten in Kauf nehmen muß und vorher eine zusätzliche Software installiert hat. Turbocast besteht aus drei Komponenten: einem Java-Encoder, einem sogenannten Reflektor und einem Java-Applet. Der Reflektor liegt auf dem Server und verteilt den Video-Stream in jedes Unternehmens- oder öffentliche IP-Netzwerk. Ein Reflektor hat einen Eingang und zwei Ausgänge, über die Daten an andere Reflektoren oder Web-Server verteilt werden, so daß ein sogenanntes Reflektor-Netzwerk entsteht. Die Daten werden zwischengespeichert oder an weitere Reflektoren weitergeleitet. Das System ist daher einfach skalierbar, und Multicast-Router sind nicht notwendig. Der Turbocast-Reflektor unterstützt unter anderem die Web-Server Windows 98, NT, Microsoft Personal Web-Server und Solaris Apache.

Java-Applets

Zur Lösung gehört das Java-Applet Turbocast-Viewer, das auf dem Server Turbocast-Reflektor installiert wird und Teil der Web-Site eines Unternehmens ist. Die Komponenten sind kompatibel mit PCs, Apple Macintosh und Unix-Systemen sowie einigen Handhelds. Das Vtel Turbocast-Paket beinhaltet Beratung, Systemanalyse, Support und Services. Die Kunden werden auch beim Setup und der Inbetriebnahme unterstützt. Die Grundkonfiguration für 100 Benutzer kostet ab 29 000 Mark netto.

Auf der Telecom in Genf zeigte Optibase die Video-Streaming-Lösung "MPEG Commotion Pro", die digitale Video-Ströme in Echtzeit über Netzwerke überträgt. Das Produkt verfügt über Features wie die Fernsteuerung der Codierung, niedrige Latenz, variable Bitraten, IP-Multicast, Unterstützung von native ATM, Remote-Management der Übertragungsstationen sowie die Codierung mehrere Ströme an einem PC. Es läßt sich außerdem in die Videoserver anderer Hersteller integrieren und ermöglicht die Speicherung codierter Video-Einspeisungen in Echtzeit auf einem Videoserver zur späteren Wiedergabe, ist aber als Bestandteil der herstellereigenen Videonetzwerkplattform "Media Link" entwickelt worden. Der zuvor als "Clarion" angebotene Media Link ist eine Plug-and-Play-Plattform und enthält ein fest installiertes Betriebssystem zum Codieren, Multiplexen, Transcodieren und Übertragen von Video in Echtzeit und aufgezeichneten Strömen.

Die Firma Darim Vision stellt mit "MxTV" ein System für multiples Video-Streaming von MPEG-1 und MPEG-2 Filmen und Video-on-Demand über Internet und Intranet vor. Mit MxTV können nach Angaben des Herstellers Videos in TV- oder Broadcast-Qualität über LAN und WAN zu Desktop-PCs gesendet werden. Die Lösung ermöglicht Video-IP-Streaming, zeitgesteuertes Senden von vorproduzierten Videos sowie Video-on-Demand. MxTV beinhaltet einen Videoserver zur Kompression von Live-Videos, den Live-Multichannel-Video-Recording-Server und eine Administrationstool zur ferngesteuerten Kontrolle und Einstellungen am Server und den Clients. Die Preise staffeln sich nach der Ausbaustufe; der Live-Server MPEG-1 mit einem Stream kostet 15 000 Mark, die MPEG-2-Variante ist ab 21 000 Mark zu haben.

Eine Videolösung für Intra- und Extranets hat das amerikanische Unternehmen Sightpath entwickelt. Sie nutzt die Streaming Media Technik, um Videomaterial über das WAN und LAN an Endbenutzer zu verteilen. Die Lösung besteht aus dem "Sightpath Studio 2000", der auf dem Netserver von HP basiert, und sogenannten "Appliances", die an das LAN angeschlossen werden. Der Server verteilt die Videos an die Endgeräte, die sie an die Desktops der Anwender weiterleiten. Die Benutzer benötigen einen Pentium-PC mit Internet-Zugang und Web-Browser. Das lokale Netz sollte ein Shared- oder Switched-LAN mit einer Bandbreite von mindestens 10 MBit/s sein. Als Weitverkehrsstrecke ist mindestens ein ISDN-Kanal erforderlich. Für eine Installation muß ein Unternehmen zwischen 30 000 und 100 000 Dollar investieren.

Seit Juni ist eine neue Version des "Meeting Point"-Konferenzservers von White Pine verfügbar, in dem die Streaming-Media-Technik integriert ist. Die Standard-basierte Software überträgt in Echtzeit via H.323-Protokoll Multipoint-Konferenzen über IP-Netze. Durch die Integration von Streaming Media ist es nun möglich, eine interaktive Live-Konferenz an Tausende Zuseher zu übertragen. Dies geschieht über einen Streaming-Media-Server und Player wie Cisco IP/TV, Microsoft Netshow Server, Windows Media Player oder Real Networks Realserver und Realplayer. Der Windows Media Player beispielsweise ist als Applet weit verbreitet und kostenlos verfügbar.