ATM-Euphorie abgeklungen

Mit einem blauen Auge ist Allied Telesyn noch einmal davongekommen: Nachdem ATM nicht die erhoffte Nachfrage hervorrief, besinnt sich das Unternehmen auf die Trends im Netzwerkbereich. In diesem Sinne stellt das Unternehmen Fiber-Produkte, ISDN-Router sowie Switches vor.

Von: Hans-Jörg Schilder

Eine Gemeinsamkeit haben amerikanische Unternehmen in ihren Marketing-Aussagen: Neben dem Willen, Marktführer zu werden, ist auch immer die Rede von "Change und Challenge", also Änderung und Herausforderung. Das ist bei Allied Telesyn (ATI) nicht anders. Allerdings hat das asiatisch-amerikanische Unternehmen allen Grund dazu, sich auf die Änderungen im Markt einzustellen. Und dort haben sich innerhalb des letzten Jahres gravierende Umstellungen vollzogen.

Sean Keohane, der Vice President of Marketing, führt schonungslos folgende Punkte auf, die ATI zu einem Umdenken bewogen haben:

Fast Ethernet und Switching entwickelten sich zu Mainstream-Techniken, aber das betreffende Portfolio bei ATI wies nur begrenzten Umfang auf, zum Beispiel nur eine 10/100-PCI-Adapterkarte oder auch nur zwei 8-Port-Module für das Ethernet-Switching. In ATM wurde beträchtlich investiert und eine komplette Familie mit Karten, Switches und LANE-Services entwickelt. Die Nachfrage blieb jedoch aus. Die Gründe: ATM ist zu kompliziert für den Massenmarkt und wird sich außerhalb des Backbones nicht durchsetzen. Darüber hinaus gibt es Verzögerungen bei der Akzeptanz im WAN-Bereich, weil die Gebührenfragen bei den Carriern nicht gelöst sind. Der Preisverfall in den Märkten für Unmanaged-Ethernet-Hubs traf das Unternehmen unvorbereitet. Bei den Managed Hubs waren der Preis und die Ausstattung wenig wettbewerbsfähig, und ATI merkte erst zu spät, daß Dual-Speed-Hubs notwendig waren, um sich auf schnellere Lösungen einzustellen. Noch bis Mitte 1997 fehlte ATI ein breit gefächertes Angebot mit Ethernet-, Fast-Ethernet- und 10/100-Switches, um auf den boomenden Märkten konkurrieren zu können.

Zu den Änderungen im Markt kamen weitere Trends hinzu. Vor zwei bis drei Jahren blieben 80 Prozent des Datenverkehrs im LAN. Heute gehen vier Fünftel des LAN-Verkehrs in das WAN. Unter anderem deshalb beginnt ATI, einen ISDN-Router in sein Portfolio aufzunehmen.

Im ersten Schritt wurde eine OEM-Vereinbarung mit dem englischen Hersteller 3net getroffen, der als Lieferant für den "AR 300" firmiert. Damit soll der Grundstein für eine Remote-Access-Strategie gelegt werden. Auf die Frage, ob ATI denn nicht zu spät mit dem Router auf den Markt kommt, entgegnet Taki Oshima, der Firmengründer und Chief Executive Officer: "Unsere Kunden wollen, daß wir auch ISDN-Router anbieten." Zusätzlich bietet ATI 10/100-MBit/s-PCMCIA-Karten für den Bereich Mobile Computing. Um rasch auf die Marktbedürfnisse zu reagieren, hat der Japaner die Produktzyklen auf zwei Wochen heruntergeschraubt. Zusätzlich wird viel Energie darauf verwendet, die Geräte noch preiswerter herzustellen.