Alles Ethernet, oder was?

Ethernet als Zugangssystem nicht automatisch ein Renner

Die Reichweite kann zwischen zwei und zehn Kilometern betragen. Weitere Wünsche: EFM soll Vollduplex-Übertragung unterstützen, möglichst preiswert und einfach zu handhaben sein sowie andere IEEE-Standards wie 802.1p, 802.1q und Link Aggregation mit einbeziehen. Den größten Nutzen sieht Yipes darin, dass Ethernet auf der Ersten Meile die Protokollvielfalt eliminieren könnte, die gegenwärtig in diesem Bereich herrscht. Eine eher nüchterne Sichtweise in Bezug auf EFM herrscht bei British Telecom vor. "Wenn man ein Zugangssystem ´Ethernet´ nennt, heißt das noch lange nicht, dass es automatisch preiswerter ist oder sich am Markt durchsetzen wird", monierte David Thorne von BT Exact. Er führte ins Feld, dass die Anbieter von Telekommunikationsdiensten viel Geld in den Ausbau von Digital-Subscriber-Line- (DSL) und Mobilfunkdiensten, Stichwort UMTS, investiert haben. Daher sei es eher unwahrscheinlich, dass sie Glasfaserkabel bis zum Endkunden (Fiber to the Home = FTTH) verlegen und darüber neue Dienste auf Basis von Ethernet anbieten. EMF muss seiner Ansicht nach unterschiedliche Übertragungsmedien berücksichtigen, etwa Satellitenstrecken, Kupfer, DSL und Kabel-TV-Netze.

Aus Sicht eines Carriers ist es Thorpe zufolge ein "Muss", dass EFM einen erheblichen Zusatznutzen und neue Verdienstmöglichkeiten bietet, nicht nur geringfügig geringere Kosten. Gute Chancen räumte er Ethernet über DSL ein. Thorpes Fazit: EFM wird sich harter Konkurrenz durch xDSL ausgesetzt sehen. Außerdem ist es notwendig, nicht alleine auf Lichtwellenleiter zu setzen, sondern auch eine Version für Kupferkabel zu entwickeln.

Ähnlich argumentierte Marty Staszak vom Technology Development Center von 3Com. Dank der wachsenden Verbreitung von DSL läge es auf der Hand, Ethernet mit VDSL (Very High Speed Digital Subscriber Line) mit bis zu 52 MBit/s zu kombinieren. Neben Streaming-Audio und -Video ließen sich darüber auch hochauflösendes Fernsehen (HDTV) und Sprachdienste anbieten. Der Haken dabei: Gegenwärtig stehen beispielsweise in Deutschland "nur" ADSL- und SDSL-Dienste zur Verfügung, und die noch lange nicht flächende-ckend. VDSL ist zudem noch nicht über das Versuchsstadium hinausgekommen.

Staszak kam zu dem Schluss, dass "Ethernet in the First Mile" vor allem für große Geschäfts- und Privatgebäude in Frage kommt. Allerdings sei es unumgänglich, eine Lösung für Kupferkabel zu entwickeln. Als kritisch betrachtet er, dass die Definition von EFM sehr breit ausgelegt ist. Deshalb wird seiner Ansicht nach ein einziger Standard für Ethernet im Zugangsbereich möglicherweise nicht ausreichen, um die diversen Übertragungsmedien und Anwendungsfelder abzudecken. Abschließend rief er dazu auf, quasi als Einstieg in EFM eine Norm für Ethernet über VDSL zu erarbeiten.

Netz für Ethernet-Dienste oder Ethernet-Zugangsnetz

Eine pointierte Sichtweise vertrat in der EFM-Diskussion der Switch-Hersteller Extreme Networks. Sein Vertreter Stephen Haddock wies darauf hin, dass sich EFM unter zwei Gesichtspunkten betrachten lässt. Die grundlegende Frage sei,

- ob ein Ethernet-Zugangsnetz auf Basis einer völlig neuen Infrastruktur aufgebaut werden solle oder

- ob ein Netz das Ziel sei, das über die vorhandene Infrastruktur den End-User mit Ethernet-"Diensten" versorgt.

Im ersten Fall sind Modifikationen oder Ergänzungen des Physical Layer erforderlich, die unter anderem unterschiedliche Übertragungsmedien berücksichtigen. Im zweiten Fall, wenn also Dienste auf Basis von Ethernet angeboten werden, kommt es darauf an, pures Ethernet an den Endpunkten bereit zu stellen, sprich die entsprechenden Frame-Formate oder Adressierungsschemata. Das Netz selbst sei unabhängig davon zu betrachten. Die Ethernet-Pakete könnten ebenso gut über leitungsvermittelnde Strecken, Tunnel oder in Zellen verpackt transportiert werden. Das EFM-Komitee müsse sich auf folgende Aufgaben konzentrieren: Normen für den Betrieb und die Überwachung solcher Netze zu entwickeln, außerdem Regelungen für den Datentransport.

Abschließend stimmten die Mitglieder der EMF Study Group darüber ab, welche Arbeiten bis zum nächsten Treffen im März zuerst angepackt werden sollen. Zunächst sollen Regelungen für die Bereitstellung, den Betrieb und die Wartung von EFM-Lösungen erarbeitet werden, außerdem Vorschläge zum Thema passive optische Netze auf Grundlage von Ethernet (EPONs). Eine weitere "Hausaufgabe" betrifft die Übertragungsmedien: Gesucht wird eine Physical-Medium-Dependent-Teilschicht (PMD), mit der sich Daten mit 1 GBit/s über eine einzelne Single-Mode-Glasfaser über Distanzen von bis zu zehn Kilometern übertragen lassen.