Geldtransfers zu Tochterunternehmen

EU will Steuer-Schlupflöcher für Unternehmen stopfen

Internationale Konzerne nutzen in der EU häufig legale Schlupflöcher bei der Steuer. Dadurch entgehen dem Fiskus Milliarden. Die EU-Kommission will das ändern. Etwa durch Kontrolle von Geldtransfers zu Tochterfirmen. Ob der Vorschlag Gesetz wird, ist aber fraglich.

Die EU-Kommission will Steuerschlupflöcher für internationale Unternehmen schließen. Die Staaten sollen den legalen Transfer von Zahlungen zwischen Mutter und Tochterfirmen im EU-Ausland schärfer kontrollieren und gegen reine Briefkastenfirmen vorgehen. Der legale Steuerkniff, wonach die Dividenden für Töchter steuerfrei bleiben können, würde verboten. Bislang profitieren Firmen davon, wenn Mutter und Tochterfirma in unterschiedlichen EU-Staaten angesiedelt sind. Entsprechende Pläne stellte die EU-Behörde am Montag in Brüssel vor.

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta erklärte: "Wenn unsere Regeln dazu missbraucht werden, überhaupt keine Steuern mehr zu zahlen, müssen wir nachjustieren." Kein Unternehmen dürfe der Besteuerung mehr ganz entgehen. Künstliche Konstrukte zur Steuervermeidung solle es nicht mehr geben.

Andere umstrittene Vorgaben - wie etwa die in Irland geltende niedrige Körperschaftssteuer oder nationale Steueranreize - geht die EU-Kommission damit aber nicht an. Internetgigant Facebook beispielsweise hat seinen Europasitz im irischen Dublin und profitiert damit von den dortigen Steuervergünstigungen. Auf die Frage nach den Auswirkungen für große Konzerne wie Google, Apple oder Amazon antwortete Semeta: "Dieser Vorschlag richtet sich nicht gegen bestimmte Unternehmen." Diesen Konzernen wird vorgeworfen, mit Steuertricks zu vermeiden, in bestimmten EU-Ländern Steuer zu zahlen.

Die Pläne müssen von den EU-Staaten einstimmig angenommen werden. Auch das Europaparlament kann mitreden, sein Votum ist aber nicht bindend. Die EU-Kommission hofft, dass die Staaten die verschärften Regeln bis Ende 2014 umsetzen.

Ob der Vorschlag so durchkommt, ist nach Ansicht von EU-Diplomaten aber fraglich. Einige Länder wie Irland oder auch Luxemburg profitieren bislang davon, dass Firmen sich dort wegen niedriger Steuersätze ansiedeln. Die Initiative ist Teil eines groß angelegten EU-Aktionsplans zur Bekämpfung von Steuerbetrug und -hinterziehung. Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat sich dies auf die Fahnen geschrieben.

EU-Kommissar Semeta betonte die Vorteile schärferer Regeln: "Auf diese Weise werden höhere Staatseinnahmen erzielt und der Wettbewerb für unsere Unternehmen wird fairer." Die Mehreinnahmen für den Staat wollte er nicht konkret beziffern: "Wir reden von einem Betrag von (mehreren) Milliarden Euro."

Ursprünglich sollte die Richtlinie zur Mutter-Tochter-Besteuerung verhindern, dass die Einkünfte von Gesellschaften, die in verschiedenen EU-Staaten ansässig sind und einer Gruppe angehören, zweimal besteuert werden (Doppelbesteuerung). Einige Firmen haben daraus nach EU-Angaben aber eine Doppel-Nicht-Besteuerung gemacht.

Derzeit können Muttergesellschaften für Dividendenzahlungen, die sie von Tochterunternehmen in anderen EU-Staaten erhalten, eine Steuerbefreiung bekommen. Dies wird nach EU-Angaben jedoch in einigen Ländern als steuerlich abzugsfähige Schuldenrückzahlung eingestuft und hat zur Folge, dass die Zahlungen der Tochter an die Mutter nirgendwo besteuert werden. Für sogenannte Hybridanleihen, also besondere Unternehmensanleihen, sollen Staaten künftig keine Steuerbefreiung mehr gewähren. Diese Konstrukte würden häufig zur Steuervermeidung genutzt. (dpa/mje)