Desktop-Virtualisierung

Citrix XenDesktop 4 im Praxistest

05.07.2010 von Johann Baumeister,
Die Virtualisierung des Desktops ist die zweite Stufe auf dem Weg zu einer vollständig virtualisierten IT. In diesem Beitrag widmen wir uns der Praxis. Als Test von XenDesktop 4 installieren wir in einer Testumgebung mehrere Standard-PCs und einen Thin Client.

Im Artikel Citrix XenDesktop 4: Architektur und Konzepte beschäftigten wir uns mit den Modellen und Konzepten von virtualisierten Arbeitsplätzen. In diesem Beitrag wollen wir die Theorie praxisnah einsetzen.

XenDesktop basiert auf dem Zusammenspiel mehrerer Serverdienste. Diese sind im ersten Schritt einzurichten. Doch dabei gilt es zu beachten, dass XenDesktop dafür ausgelegt ist, größte Umgebungen zu unterstützten. Es geht dabei nicht um die Virtualisierung von ein paar Dutzend Geräten, sondern schon eher um Enterprise-Umgebungen. Dabei werden in der Regel dedizierte Server für die Funktionen einer XenDesktop-Infrastruktur eingesetzt.

Um diese Server gegen Ausfälle abzusichern, wird man sie auch vorzugsweise im Cluster betreiben. Für den Aufbau einer Testumgebung jedoch, und um die Szenarien kennenzulernen, genügt eine einfachere Konstellation. Hierbei packen wir mehrere Dienste auf einen Server zusammen.

Bildergalerie Citrix XenDesktop 4
Citrix XenDesktop 4
Kaum zu unterscheiden: Ein virtualisierter Windows XP-Desktop weist kaum Unterschiede zu einem traditionellen Desktop auf einem PC auf.
Citrix XenDesktop 4
Weitere Details: Der Windows 7 Desktop im Kontext des XenCenter.
Citrix XenDesktop 4
Überblick: Durch die Konsole des Desktop Delivery Controller erfolgt die Verwaltung einer XenDesktop-Infrastruktur.
Citrix XenDesktop 4
Weitere Details: Der Windows 7 Desktop im Kontext des XenCenter.

Die Testkonfiguration

XenServer: Die Grundlage für viele der Dienste, die benötigt werden, stellt der XenServer dar. Hierbei setzten wird die aktuelle Version 5.5. ein. Der XenServer dient als Ausführumgebung für unsere virtuellen Maschinen der Benutzer, aber auch der Xen-Desktops-Komponenten. Als Hypervisor für die virtuellen Maschinen kann alternativ auch der Microsoft Hyper-V oder der VMware ESX-Server eingesetzt werden. Die Ausführumgebung des XenServer war ein Intel-Quad-Core-Rechner mit 12 GByte Arbeitsspeicher und drei Ethernet-100/1000-Netzwerkadaptern.

XenConsole: Die XenConsole dient zur Verwaltung des XenServers. Sie wurde auf einem gängigen Windows-PC unter Windows XP ausgeführt.

Dynamik Desktop Delivery Controller: Der Desktop Delivery Controller (DDC) stellt den Endgeräten die virtuellen Desktops zur Verfügung.

Secure Gateway: Damit die externen Benutzergeräte auf ihre virtuellen Desktops im XenServer zugreifen können, wird ein Gateway benötigt. Dieses Gateway ist in einer internen LAN Umgebung nicht erforderlich. Wenn jedoch von außerhalb, wie etwa aus dem Internet, auf die Umgebung zugegriffen werden soll, dann kann das Secure Gateway zum Einsatz kommen. Um den Testaufbau zu vereinfachen, wurde es mit dem Desktop Delivery Controller auf einen virtuellen Server gelegt.

Provisioning Server: Der Provisioning Server wird nur beim Streaming von Desktops benötigt. Er stellt den Benutzern nach deren Anforderung einen virtuellen Desktop zur Verfügung. Diesen entnimmt er aus einem Pool und platziert ihn in einer virtuellen Maschine zur Ausführung. Der Provisioning Server basiert auf einer Software-Streaming-Technologie. Vom Administrator wird dabei eine Master-vDisk erstellt und auf dem Netzwerk abgelegt. Ist diese vDisk einmal erstellt, können beliebig viele Clients ohne Festplatte direkt über das Netzwerk realtime von dieser vDisk booten.

Active Directory, DHCP, DNS: Zur Namensauflösung, zur Benutzerverwaltung und für IP-Adresszuweisungen werden diese Dienste ohnehin in jedem Netzwerk benötigt.

Benutzergeräte: Als Benutzergeräte kamen unterschiedliche PC-Typen zum Einsatz. Dies waren Standard-x86-Rechner mit Windows XP, Windows 7, aber auch ein Thin Client von HP (t5740). Die Benutzergeräte kommunizieren via ICA-Protokoll mit ihren virtuellen Desktops im XenServer. Citrix stellt dieses Protokoll für die gängigen Betriebssysteme wie Windows XP oder Windows 7 zur Verfügung. In den Thin Clients wie auch beim HP-Modell ist es bereits integriert.

Der Testablauf

Ist die Basiskonfiguration so weit vorbereitet, ist im nächsten Schritt die Desktop Farm einzurichten. Dies erfolgt durch die Delivery-Service-Konsole des Desktop Delivery Controller (DDC). Sie gehört zu den Verwaltungsmodulen des DDC. Zur Konfiguration liefert Citrix einen Assistenten, der bei der Auswahl der Parameter behilflich ist. Anschließend sind die virtuellen Maschinen, die den Benutzern als virtuelle Desktops zugewiesen werden sollen, einzurichten und zu konfigurieren. Im Test griffen wir dazu auf eine bestehende virtuelle Maschine mit Windows XP zurück. Damit sind alle vorbereitenden Maßnahmen abgeschlossen, und es geht an die Konfiguration der virtuellen Desktops. Citrix unterstützt in XenDesktop prinzipiell sowohl 32-Bit- als auch 64-Bit-Clients als virtuelle Desktops.

Überblick: Durch die Konsole des Desktop Delivery Controller erfolgt die Verwaltung einer XenDesktop-Infrastruktur.

Um bei größeren Mengen an virtuellen Desktops nicht den Überblick zu verlieren, sind diese in Gruppen einzuteilen. Die Desktop Gruppen gehören zu einer Farm. Ihre Konfiguration ist somit unter dem Kontext-Menü (rechte Maustaste) der Farm im DDC zu finden. Unter der Option Create Desktop Group startet ein Assistent, der die wichtigsten Parameter für die Desktop-Gruppe in einer Dialogfolge abfragt.

Zu diesen Parametern gehört der Typ der Desktops, wie etwa ein Desktop-Pool oder ein individueller Desktop, der Server, auf dem die virtuellen Maschinen liegen, Anmeldeinformationen für den Zugriff auf den Host, die Benutzer, denen die Desktops zugewiesen sind, Icons sowie eine Name für die Desktop-Gruppe.

Freie Auswahl: Auch der Anwender eines Thin Client wählt einen Desktop aus der Liste der für ihn bereitgestellten Desktops im Serviceportal aus.

In unserem Testdurchlauf richteten wir zuerst eine Gruppe für Windows XP-Desktops ein. Diese Gruppe wird damit zur Verwaltungshülle für unseren Windows-XP-Desktop. Seine virtuelle Maschine besteht bereits, wie oben erläutert. Damit sind alle Konfigurationen abgeschlossen. Diese Konfigurationsarbeiten sind schlüssig und, sofern man mit den Grundlagen vertraut ist, auch schnell durchlaufen. Dennoch sollte eine gute Planung für eine bevorstehende Thin-Client-Virtualisierung immer die Grundlage bilden.

PC oder Thin Client als Benutzergerät

Der virtuelle Desktop kann nun von einem Benutzer verwendet werden. Dazu benötigt dieser natürlich ein Endgerät. XenDesktop unterstützt dabei mehrere unterschiedliche Varianten wie beispielsweise Thin Clients oder eben traditionelle PCs.

Kaum zu unterscheiden: Ein virtualisierter Windows-XP-Desktop weist kaum Unterschiede zu einem traditionellen Desktop auf einem PC auf.

Im Test verwendeten wir im ersten Durchlauf einen PC mit Windows 7. Über den Browser des Gerätes ist dann eine Verbindung mit einem XenDesktop-Serviceportal aufzubauen. Es wird durch die Serverinfrastruktur bereitgestellt. Im Serviceportal finden sich dann die für den Benutzer zur Verfügung gestellten Desktops. Zur Kommunikation zwischen dem Endgerät, also unserem PC, und der XenDesktop-Infrastruktur setzt Citrix auf das ICA-Protokoll. Hierzu ist ein Plug-in auf dem Endgerät notwendig. Dieses kann automatisch über das Serviceportal auf das Endgerät geladen werden, was wir im Test auch ausführten. Anschließend wird der virtuelle Desktop des Benutzers gestartet.

Die Startzeit unseres virtuellen Desktops zeigte sich im Test als sehr kurz. Dabei gilt es zu beachten, dass im Testszenario der Desktop zu dem Zeitpunkt als virtuelle Maschine bereits auf dem XenServer lief. Durch das ICA-Protokoll werden lediglich die Bildschirmausgaben übermittelt. Auch in den weiteren Arbeiten waren im Testszenario keine Beeinträchtigungen zu erkennen.

Virtualisierungsvarianten des XenDesktop 4

Im nächsten Schritt konfigurierten wir einen weiteren Desktop auf dem DDC. Diesmal allerdings setzten wir als Benutzergerät einen Thin Client (HP t5740) ein. Der Thin Client umfasst eine im Flash liegende Kopie von Windows Embedded, den Internet Explorer und das Citrix Plug-in. Damit weist er die gleichen Bausteine auf, die wir beim PC verwendeten. Die Aufrufsequenz für unseren virtuellen Desktop ist somit ebenfalls mit jener bei dem PCs identisch. Der Browser des Thin Client baut eine Verbindung mit dem DDC auf und erhält über das Serviceportal dann seinen virtuellen Desktop zugewiesen.

Sowohl der Thin Client als auch ein vollständiger PC benötigen zur Arbeit mit XenDesktop lediglich einen Browser wie etwa den IE oder Firefox. Zur Beginn der Kommunikation wird nur das ICA-Prokokoll geladen, um eine virtuelle „Desktop-Sitzung“ zu initiieren. Aus diesem Grund gibt es zwischen den beiden PC-Gerätetypen bezüglich der Performance der virtuellen Desktops keinen Unterschied.

Weitere Details: Der Windows 7 Desktop im Kontext des XenCenter.

Neben diesen gezeigten Modellen mit den vorinstallierten virtuellen Desktops gibt es aber noch weitere Varianten. Citrix verknüpft dabei die Techniken der Präsentationsvirtualisierung mit jenen der Desktop-Virtualisierung und der Applikationsvirtualisierung.

Die gewählte Virtualisierungsvariante wird im Wesentlichen durch den oben erwähnten Typ der Desktops gesteuert. Beim gestreamten Desktop wird das Benutzerimage bei der Anmeldung des Benutzers in seine virtuelle Maschine transferiert. Damit reduziert sich auch der Plattenplatz, denn die vorinstallierten Desktops benötigen permanent den Platz für die virtuelle Maschine auf dem zentralen Speicher.

Fazit

Im Test konnte das Konzept von XenDesktop überzeugen. Die einzelnen Konfigurationsschritte sind schlüssig und strukturiert aufgebaut. Allerdings sind vor Beginn des Einsatzes von XenDesktop umfangreiche Planungen Pflicht, um jederzeit den Überblick, über den komplexen Aufbau einer solchen IT-Infrastruktur, zu behalten.

XenDesktop umfasst alles, was zur Virtualisierung der Benutzergeräte notwendig ist. Zusammen mit der aktuellen Version 4.0 lassen sich diese Desktops nun auch nach Bedarf zusammenstellen (streamen). Damit entfällt die Notwendigkeit, die virtuellen Maschinen der Benutzer permanent bereit zu halten, was hohe Speicherkosten zur Folge hätte.

Die breite Anwendung der Desktop-Virtualisierung ist gänzlich neu - Erfahrungswerte dazu gibt es deshalb noch wenige. Darüber hinaus lassen sich die Auswirkungen auf die vorhandenen Unternehmensnetze für diesen Breiteneinsatz noch nicht eindeutig prognostizieren. So wird sich zeigen .welche positiven wie auch negativen Aspekte die Desktop-Virtualisierung mit sich bringen wird. Dennoch: Die Vorkehrungen für den Einsatz dieser Technologie sind seitens der Anbieter getroffen. Nun liegt es an den Unternehmen beziehungsweise Anwendern, diese Technik entsprechend umzusetzen.

Ob man dabei auf den Einsatz von vollständigen PCs setzt oder lieber Thin Clients verwendet, ist für XenDesktop unerheblich, denn Unterschiede in der System-Performance der PCs spielen bei der XenDesktop-Technologie eine untergeordnete Rolle. Wer also bestehende PCs weiterverwenden möchte, kann diese auch mit XenDesktop tun. Plant ein Unternehmen hingegen Neuanschaffungen von Benutzergeräten, so dürfen es aus der Sicht von XenDesktop auch preiswerte Thin Clients sein. (hal)