BI-Kompetenzzentren

Wissensreserven erschließen

08.04.2011 von Andreas Schaffry
Immer mehr Unternehmen bündeln und standardisieren Business-Intelligence-Aktivitäten in BI-Kompetenzzentren. Laufen dort die Fäden zusammen, lassen sich BI-Projekte einheitlich planen, steuern und erfolgreicher umsetzen.

Ein standardisiertes Reporting steckt bei vielen Unternehmen noch in den Kinderschuhen. Das zeigt ein fiktives Beispiel. Abteilung A arbeitet schon seit Jahren mit standardisierten Kennzahlen und setzt moderne BI-Werkzeuge ein, die das interne Berichtswesen verbessern. Ganz anders die Abteilungen B und C. Dort wertet man Key Performance Indikatoren (KPIs) mit selbstgestrickten Excel-Dateien, die sich nur Eingeweihten erschließen, beziehungsweise mit eigenprogrammierten Datenbank-Lösungen aus.

Laut BARC-analystin Melanie Mack gehen immer mehr Unternehmen dazu über BI-Initiativen in einem BICC zu bündeln und damit zu standardisieren.
Foto: BARC

Sind Business-Intelligence-Initiativen, wie oben beschrieben, unternehmensweit nicht aufeinander abgestimmt, fehlen einheitliche Standards und Definitionen zu Datenmodellen, Prozessen und Inhalten. Auch klare Verantwortlichkeiten sucht man vergebens. Beides beeinträchtigt und erschwert die bereichsübergreifende Konsolidierung wichtiger Unternehmenskennzahlen - diese muss weitgehend manuell erfolgen. Damit werden BI-gestützte KPI-Analysen zu einem zeit- und kostenaufwendigen Kraftakt, nicht zuletzt basieren Auswertungsergebnisse häufig auf einer unzureichenden oder gar veralteten Datenbasis.

Business Intelligence braucht eine Strategie

Ein BI-Kompetenzzentrum befreit BI-Projekte dauerhadft aus dem Silodenken von IT-Organisationen, meint Gartner-Analyst Bill Hostmann.
Foto: Gartner

Basierend auf diesen negativen Erfahrungen gehen immer mehr Unternehmen dazu über, bereichsübergreifende und strategische BI-Initiativen zu initiieren - und diese in einem Business Intelligence Competence Center (BICC) zu bündeln. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Business Application Research Center (BARC) unter mehr als 400 Unternehmen. 63 Prozent der befragten Firmen haben bereits ein Kompetenz-Zentrum für BI-Fragen aufgebaut. Ähnliche Zahlen hat der US-Marktforscher Gartner im Jahr 2009 für die Global-2000-Unternehmen ermittelt.

Ein BICC ist eine dauerhafte und feste Organisationsform. Es soll die BI-Initiativen in Unternehmen vom Silo-Denken befreien und alle davon betroffenen Fachbereiche sowie die IT-Abteilung einbeziehen. So formuliert es Gartner-Analyst Bill Hostmann in seiner Publikation "Business Intelligence Competency Center Key Initiative Overview". Und BARC-Analystin Melanie Mack ist überzeugt, "dass ein BICC als zentrale, übergreifende Organisationseinheit dazu beitragen kann, die Effektivität von BI-Initiativen zu erhöhen und Diskrepanzen zwischen individuellen Projektzielen und dem Unternehmensstandard auszuräumen."

Das BICC als Schaltzentrale

Die Etablierung eines BICC hilft Unternehmen dabei, BI-Projekte zu standardisieren und die Anzahl der eingesetzten BI-Tools zu verringern.
Foto: BARC

Damit wird das BICC zur Schaltzentrale für die Planung, Koordination, Steuerung und Realisierung von BI-Projekten. Es sorgt zugleich für den effizienten Einsatz von BI-Technologien und Mitarbeitern. Dadurch kann es dem Management konsistente geschäftlich und wettbewerbstechnisch relevante Kennzahlen aus allen Unternehmensbereichen liefern und systematisch Wissensreserven erschließen. Im Ergebnis verbessern und beschleunigen Firmen so konzernweit ihre Planungs-, Budgetierungs- und Entscheidungsprozesse.

Damit kommt dem BI-Kompetenzzentrum eine strategische Funktion zu, wie Bill Hostmann von Gartner feststellt. Denn es erhöht die Qualität und Verfügbarkeit von Informationen und Daten-Analysen. Das wiederum hilft BI-Anwendern vom Management bis hin zu den Fachabteilungen, bessere Entscheidungen zu treffen. Zugleich lassen sich Kosten, die sonst beim Betrieb und der Wartung mehrerer und verteilter Data-Warehouse-Lösungen sowie bei der Konsolidierung der Daten entstehen, senken.

Besonders erfolgreich sind laut BARC-Studie solche BI-Kompetenzzentren, die nach dem Top-Down-Prinzip gestaltet sind. Dadurch ließen sich grundlegende Regeln und Richtlinien effizienter umsetzen als bei einer Bottom-Up-Planung. Kein Wunder, denn die Unterstützung, auch die finanzielle, durch das Management oder die Geschäftsführung ist ein zentraler Erfolgsfaktor für jedes BICC.

Verbindliche Standards schaffen

Ebenso wichtig ist eine konsistente Planung und Umsetzung von BI-Vorhaben. So implementiert das BICC eine an der Unternehmensstrategie orientierte Business-Intelligence-Strategie, wacht über deren Einhaltung und gewährleistet eine durchgängige BI-Infrastruktur mit einheitlichen und verbindlichen Standards. Das reicht von der Gestaltung und Implementierung eines zentralen Data Warehouse, der Einführung einheitlicher Projekt-Management-Methoden, wie etwa dem PMI-Standard, über die Verwendung von Templates, Architektur- und Design-Vorgaben sowie technischen Blueprints bis hin zu Namenskonventionen. Ferner übernimmt das BICC-Team operative Aufgaben wie die Bearbeitung von Supportanfragen sowie die Betreuung und Ausbildung beziehungsweise Weiterbildung der Endanwender.

Das breite Aufgabenspektrum stellt daher hohe Anforderungen an die Fähigkeiten der in einem BI-Kompetenzzentrum organisierten Mitarbeiter. Business und IT müssen Hand in Hand arbeiten, denn der Erfolg eines BICC liegt in der Kombination von BI-Fachwissen und analytischen Fähigkeiten mit Prozesswissen sowie betriebswirtschaftlichen Kenntnissen. Die Teammitglieder kommen deshalb sowohl aus der IT-Organisation wie auch aus den Fachabteilungen, wobei Rollen und Aufgaben im Rahmen ihrer Tätigkeit für ein BICC neu zu definieren sind.

BICC in fünf Schritten umsetzen

Gartner-Analyst Hostmann rät Unternehmen dazu, ihre BICC-Projekte in fünf Phasen umzusetzen. Am Beginn steht die gezielte und strukturierte Planung von BI-Initiativen auf der Basis klar definierter Erfolgs-Metriken. Danach erfolgt eine aktuelle Bestandsaufnahme, etwa zur Zufriedenheit der BI-Anwender. Zum Beispiel muss eine IT-Landschaft mit vielen unterschiedlichen Datenspeichern und BI-Werkzeugen konsolidiert werden.

In den nächsten beiden Phasen werden die entsprechenden Software-Werkzeuge ausgewählt und implementiert sowie die Rollen und Verantwortlichkeiten für die BICC-Mitarbeiter festgelegt. Was die eingesetzten IT-Technologien angeht, ist darauf zu achten, dass Datenbanken, BI- und Analyse-Applikationen sowie Integrations-Tools harmonieren und in die IT-Gesamtarchitektur passen. Der Roll-Out sollte auf der Grundlage von Best-Practices erfolgen.

Abschließend erfolgt die Bewertung des BICC. Für die Erfolgsmessung eignen sich zum Beispiel Corporate-Governance-Tools, wie sie beispielsweise bereits zur Projektüberwachung eingesetzt wurden. Nicht zuletzt ist es für ein BICC wichtig, die Zukunft im Blick zu haben. Dazu muss es vorausschauend agieren und eigenständig auf neue geschäftliche Anforderungen reagieren - durch den Einsatz neuer Verfahren und Technologien.