Mehr Komfort im Internet

Übertragung der IN-Technik auf IP-Netze

Will man die Funktionen von derzeitigen IN-Systemen auf die IP-Telefonie abbilden, kann man zwei unterschiedliche Ansätze verfolgen:

- Einbindung der Internet-Telefonieanwender in die vorhandenen IN-Systeme;

- Nachbildung der Signalisierung des ISDN- und IN-Netzwerkes auf Internet-Diensten.

Im Fall der Einbindung der IP-Telefonie in vorhandene IN-Systeme werden Internet-fähige Endgeräte mit dem Telefonnetzwerk verbunden, damit diese auf die Dienste des IN-Systems zugreifen können. Gateways setzen dabei die unterschiedlichen Transportprotokolle um. Die Telefongesellschaften haben die Möglichkeit, Telefonie-Gateways auf zwei unterschiedliche Arten an das Telefonnetzwerk anzuschließen.

Beim Anschluß als Netzbetreiber kommunizieren die Gateways direkt über das SS7-Protokoll (Signalling System 7) mit den Vermittlungsstellen. Die Gateways werden somit vollständig in das Telefonnetzwerk integriert.

Im Falle des Anschlusses als Teilnehmer verhält sich das Gateway gegenüber dem Telefonnetzwerk als herkömmliches Telefon. Die Kommunikation zu den Vermittlungsstellen des ISDN-Netzwerkes geschieht über Q.921/Q.931 für den Transport der Signalisierung sowie G.711 für die Übermittlung der Sprache. Auf Seiten der Internet-Telefonie wird TCP/IP als gemeinsames Transportprotokoll für Sprache und Signalisierung verwendet.

Als weitere Aufgabe regeln die Gateways den Übergang zwischen paketorientiertem Datenstrom im IP-Netzwerk und kontinuierlichem Datenstrom im ISDN-Netz. Ein Gateway realisiert dieses mit Hilfe des "Realtime Transfer Protocols" (RTP). RTP schafft hierbei eine Optimierung zwischen den im Widerspruch stehenden Anforderungen nach kurzer Signallaufzeit und der hohen Ausnutzung der vorhandenen Netzwerkressourcen bei IP-Netzwerken. Internet-Gateways entwickeln unter anderem die Hersteller IBM, Lucent, Nortel Networks und Siemens.

Bei dem zweiten Ansatz, die gesamte Signalisierung des ISDN- und IN-Netzwerkes auf Internet-Diensten nachzubilden, müssen die Telekommunikationsgesellschaften komplett neue Netze aufbauen. Internet-Gateways haben in diesem Szenario die Aufgabe, die beim Kunden schon vorhandenen Endgeräte wie Telefon oder Faxgerät mit dem IP-Netzwerk zu verbinden. Zur Umsetzung dieser Architektur entwickeln Firmen wie Telcordia Technologies (www.telcordia.com, früher bekannt als Bellcore) zentrale Steuereinheiten, vergleichbar dem SCP im IN-Netzwerk. Diese Zentrale übernimmt die Steuerung der einzelnen Gateways. Ziel ist es, für die Kommunikation zwischen Zentrale und Gateway einen gemeinsamen Internet-Standard zu schaffen. Dieser erlaubt es den Netzwerkbetreibern, Gateways unterschiedlicher Anbieter ins Netzwerk einzubinden. Als erster Ansatz für diesen Standard soll der Internet-Draft für das "Media Gateway Control Protocol" (MGCP) dienen.

Welchen der beiden Ansätze die jeweilige Telefongesellschaft für die Einführung von Komfortmerkmalen auswählt, hängt maßgeblich von ihrer Marktpräsenz sowie dem anvisierten Marktsegment ab. In Europa werden Sprachdienste bisher fast ausschließlich auf Grundlage der traditionellen Telefonnetze angeboten. Die etablierten Telefongesellschaften haben bereits hohe Investitionen in Intellignte Netze getätigt. Daher gilt hier der erste Lösungsansatz - nämlich die Einbindung der IP-Telefone in vorhandene IN-Systeme - als der näherliegendere und pragmatischere Weg.

Anders sieht es in den USA aus. Hier wollen sich die Telefongesellschaften nicht auf das Angebot von bekannten IN-Diensten beschränken. Durch eine reine IP-Infrastruktur lassen sich auch neue bisher unbekannte Dienste einführen. Zusätzlich wird diese Technik, durch die teilweise großen geographischen Entfernungen, gegenüber dem Tarifmodell konventioneller Anbieter wirtschaftlich. Telefongesellschaften wie Level 3 Communications (www.level3.com) und Qwest (www.qwest.com) haben bereits damit begonnen, sämtliche Telekommunikationsdienste über ein einheitliches IP-Netzwerk anzubieten. (gob)