Leben und Arbeiten im globalen Netz, Teil 1

Voice over IP

Der Begriff Voice over IP (VoIP) subsummiert eigentlich eine ganze Reihe von Verfahren zur Übertragung von Sprache über IP-basierte Netze. Dazu zählen sowohl firmeninterne Anwendungen als auch die IP-Telefonie im öffentlichen Internet. Insgesamt lässt sich VoIP jedoch nur als Teil einer Gesamtentwicklung von getrennten Daten- und Telefonie-Netzen hin zu einer einheitlichen Netzstruktur verstehen. Das Zusammenfließen der Technologien für den Transport von Sprache, Multimedia und Daten umschreibt man mit dem Ausdruck "Konvergenz".

Die klassischen Carrier müssen sich mit diesem Thema schon länger beschäftigen: Deren auf Leitungsvermittlung (Telefonie) ausgelegten Netze wurden ab der zweiten Hälfte der 90er Jahre immer stärken mit Paket-orientiertem Verkehr (Daten) geflutet, für deren Transport sie nicht flexibel genug waren. Betrug um 1990 das Verhältnis Telefonie/Daten noch 80 zu 20, ist es heute ins genaue Gegenteil gekippt. Daher stellen die Carrier ihre Backbones seit langem sukzessive auf den konvergenten Transport von Sprache und Daten um.

Die Unternehmen allerdings haben diesbezüglich noch Nachholbedarf, obwohl die Umstellung auf IP-Telefonie zahlreiche Vorteile und vor allem bei Firmen mit mehreren Standorten auch deutliche Kostendämpfungen verspricht. Neben den bislang oft chronisch verstopften Firmen-LANs zeichnen dafür vor allem "politische" Gründe verantwortlich: Langfristige Verträge banden Unternehmen an Telefonie-Provider, die zuständigen Manager (fast nie mit den Netzwerkverantwortlichen identisch) fürchteten Kompetenz-Einbußen, Anwender hegten Vorbehalte gegen den Telefonie-Computer auf dem Schreibtisch.

Doch selbst der langfristigste Vertrag läuft einmal aus, der zunehmende Kostendruck macht Kompetenzgerangel irrelevant, und die Anbieter erleichtern dem Anwender den Umstieg durch geschickt als Telefon "getarnte" Endgeräte. Das Netzwerk-Telefon hält damit an immer mehr Arbeitsplätzen Einzug, in 2004 werden die Umsätze mit VoIP-Equipment wohl erstmals die Milliarden-Dollar-Marke knacken. Doch dabei handelt es sich erst um die Spitze des Eisbergs: Bis 2008 wird diese Summe auf mehr als das Fünffache anwachsen, und über 260 Millionen Anwender weltweit telefonieren dann von einem VoIP-Anschluss an ihrem Arbeitsplatz aus [2].

Während große Unternehmen im Sinne des Investitionsschutzes eher auf hybride Lösungen unter Einbeziehung klassischer, leitungsvermittelnder Technik setzen, tendieren kleine und mittlere Unternehmen eher zum konsequenten Umstieg auf VoIP. Da sich hierzulande die meisten Arbeitsplätze in KMUs finden, werden am Ende dieses Jahrzehnts wohl die meisten von uns via IP telefonieren.