Facebook im Büro
Intern hört die Freundschaft auf
Schlüpfrige Chats und die Folgen
Wie gefährlich die Vogel-Strauß-Taktik sein kann, zeigt ein Beispiel: Ein Angestellter chattet während der Arbeitszeit über Facebook mit seiner Freundin. Schlüpfrige Bemerkungen wandern hin und her, eine landet als Facebook-Benachrichtigung im dienstlichen E-Mail-Postfach. Am nächsten Tag ist der Mitarbeiter krank, doch seine Kollegen brauchen dringend eine Mail aus seiner Inbox. Also gibt die IT-Abteilung den Zugriff frei – und die Kollegen stoßen als Erstes auf die Chat-Nachricht. Der Chef ist entsetzt, der Mitarbeiter fühlt sich ausspioniert, die Sache landet vor dem Arbeitsgericht.
Solche Fälle häufen sich. „Deshalb sollte die Facebook-Nutzung geregelt werden", empfiehlt Anwältin Diercks. Bewährt hätten sich Richtlinien, in denen klar steht, was der Mitarbeiter online darf und was nicht. Typische Punkte in solchen Social-Media-Guidelines: Immer klarmachen, dass man nur für sich selbst und nicht für die Firma spricht, Vertraulichkeit wahren, keine Namen von Kollegen oder Kunden erwähnen. Darüber hinaus sollten die Firmen genau erklären, in welchen Fällen ein Unternehmen auf die Internet-Daten der Angestellten zugreifen kann und wie das abzulaufen hat.
- Missverständnisse bei Social Media
In Unternehmen bestehen Vorbehalte gegenüber sozialen Medien. Hansjörg Leichsenring trug sie zusammen und wirbt um ein besseres Verständnis. - 1. Soziale Medien haben mit dem wirklichen Leben nichts zu tun
Das Internet ist längst keine Parallelwelt mehr. Bezogen auf Finanzdienstleiter hat z.B. die Online-Agentur Zieltraffic bereits vor einiger Zeit festgestellt, dass 70 Prozent der Diskussion rund um das Thema Banken über Social Media-Kanäle stattfindet. Ob es den Unternehmen gefällt oder nicht: Facebook & Co sind längst zu einem wichtigen, wenn nicht sogar dem wichtigsten Ort geworden, an dem man über sie diskutiert und sich über ihre Produkte, Preise und Dienstleistungen austauscht. - 2. Sozial bedeutet uneigennützig
Bei sozialen Medien geht es damit primär um die Art und Weise, wie zusammengearbeitet wird. Auch wenn dies mancherorts bestritten wird: Für Social Media gibt es einen ROI und dieser lässt sich auch konkret berechnen. - 3. Soziale Medien sind ein reines Kommunikations- und Marketinginstrument
Marketing ist sicherlich ein wichtiges Einsatzfeld sozialer Medien. Aber es geht durchaus um mehr. Das Marketing alter Prägung war vor allen ein Push-Geschäft. Kunden wurden mit Werbung überflutet, die sie zum Kauf auffordern sollte - getreu dem Motto: Je mehr man tut, desto mehr Aufmerksamkeit erhält man. Gewinner war am Ende immer der mit dem größten Budget, übrigens sehr zur Freude von Agenturen und Medien. - 4. Soziale Medien bedeuten Kontrollverlust
Das genaue Gegenteil ist der Fall. Ein Verzicht auf soziale Medien führt nicht zu einer anderen Kommunikation über Unternehmen, sie bekommen diese nur nicht mit und können sie nicht beeinflussen. Und Unternehmen wollen doch mitbekommen, was Ihre Kunden über sie reden, oder? - 5. Soziale Medien sind kostenlos
Präsenz und schnelle (Re-)Aktivität sind zentrale Elemente für ein erfolgreiches Social Media Management. Je nach Unternehmensgröße ist dies eine Fulltime-Aufgabe - nicht nur für einen Mitarbeiter. Für den erfolgreichen Einsatz ist daher eine eindeutige organisatorische Zuordnung der Verantwortung und eine entsprechende Ausstattung an Ressourcen unumgänglich. - 6. Soziale Medien kann man getrost outsourcen
Auch wenn Agenturen dies gerne anbieten, es ist keine gute Idee. Es geht nicht zuletzt um die Reputation des eigenen Unternehmens. Und die relativ kurze Geschichte der sozialen Medien bietet bereits eine Fülle von Beispielen, in denen Agenturen die Reputation ihrer Klienten leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben. - 7. Mitarbeitern sollte man am Arbeitsplatz keinen Zugriff auf soziale Medien gewähren
Haben Unternehmen wirklich so wenig Vertrauen in Ihre Mitarbeiter? Dann müssten Sie generell an ihrer Personalpolitik zweifeln. Vielfach sind gerade Mitarbeiter hervorragende Botschafter in sozialen Netzwerken und setzen sich so auch in ihrer freien Zeit für das Unternehmen ein. - 8. Einfach mal loslegen
Daher heißt es auch beim Social Media-Einsatz: Stucture follows Strategy. Erst werden die Ziele definiert, dann die Ressourcen und dann die Kanäle über die man aktiv werden will. Dazu können externe Berater übrigens tatsächlich einen Beitrag leisten, sofern sie nicht nur etwas von sozialen Medien, sondern auch von der Branche, dem Unternehmen und den dort vorhandenen strategischen Herausforderungen verstehen. Auf die mancherorts gepriesenen Social Media-Gurus würde ich lieber verzichten.
Aber was ist, wenn der Mitarbeiter einfach sein privates Smartphone benutzt, um sich während der Arbeitszeit auf Facebook zu tummeln? Rein technisch wäre damit das Verbot tatsächlich umgangen, doch es bleiben Risiken. „Streng genommen darf der Mitarbeiter das nur außerhalb der Arbeitszeit", gibt Juristin Diercks zu bedenken. Hinzu kommt, dass auch in diesem Fall keine uneingeschränkte Plauderfreiheit gilt. Wer zum Beispiel im Netz Interna verrät oder den Chef beleidigt, muss mit einer Abmahnung oder sogar Kündigung rechnen. Juristisch gesehen gilt nämlich für Facebook das Gleiche wie für einen Kneipentresen – wer hier Vertrauliches hinausposaunt, verletzt seine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber und kann für diesen Verstoß belangt werden.
Trotz aller nicht zu unterschätzenden Probleme bröckelt die Social-Media-Mauer. Nach einer Vorhersage von Gartner werden im nächsten Jahr nur noch 30 Prozent aller Konzerne den Zugang zu Facebook & Co. sperren. Der einfache Grund: In immer mehr Teams und Abteilungen sei das Mitmach-Web mittlerweile so wichtig, dass bei einer Sperrung die Arbeit stillstehen würde. Diese Erkenntnis scheint übrigens auch bei Porsche Einzug zu halten. Gegenüber der COMPUTERWOCHE bestätigte ein Sprecher, dass „manche Zugriffsbeschränkungen demnächst gelockert werden könnten".