Informatik-Professor Hermann Maurer im Interview

"Google ist die mächtigste Detektei, die es je gab"

Die Welt wird zum Dorf – die Privatsphäre schwindet

pressetext: Müssen wir uns mit dem Verlust unserer Privatsphäre nicht einfach abfinden? Ist das der Preis für die "Segnung Internet"?

Maurer: Ich hoffe das zwar nicht. Die Befürchtung, dass dem so ist, könnte man allerdings schon haben. Einige Leute argumentieren damit, dass es so etwas wie Privatsphäre früher ja auch nicht gegeben habe. Wenn man zum Beispiel in einem kleinen Dorf wohnt, wissen auch alle über einen Bescheid. Erst durch die steigende Bevölkerungsdichte und den voranschreitenden Prozess der Urbanisierung habe sich so etwas wie Privatsphäre herausbilden können. Ich persönlich glaube schon, dass Privatsphäre etwas Wichtiges ist. Wie weit wir sie von Bedrohungen wie dem Data Mining bewahren können, hängt auch davon ab, wie bewusst es den Menschen wird, dass es gefährlich ist, wenn sie zu exhibitionistisch im Internet kommunizieren.

Maurer: „Mehr Misstrauen ist beim Surfen im Internet sicherlich generell angebracht.“ (Quelle: Fotografie Studio Sissi Furgler)
Maurer: „Mehr Misstrauen ist beim Surfen im Internet sicherlich generell angebracht.“ (Quelle: Fotografie Studio Sissi Furgler)

pressetext: Inwiefern müssen sich Privatpersonen im Netz in Acht nehmen?

Maurer: Wenn Anwender bereit sind, intime Informationen über sich ins Internet zu stellen, dann können sie später unter Umständen eine böse Überraschung erleben. Als besonders problematisch empfinde ich hier den Umstand, dass Suchmaschinenbetreiber die gesammelten Userinformationen so lange aufheben dürfen. So brüstet sich Google ja sogar damit, dass sie noch über Informationen aus dem Usenet des Jahres 1981 verfügen. In letzter Zeit wird aber auch bei Google bereits öfter laut darüber nachgedacht, entsprechende Daten etwa nach einem Zeitraum von 18 Monaten zu löschen.

pressetext: Welche Konsequenzen soll man als normaler Internetuser aus Ihren Forschungsergebnissen ziehen? Ist etwas mehr Misstrauen beim Surfen im Netz angebracht?

Maurer: Bis jetzt war es den meisten Menschen gar nicht bewusst, dass hier ein Problem vorliegt. Darum sind sie auch in ihrem Umgang mit dem Internet sehr leichtsinnig vorgegangen. Man sollte aus den Erfahrungen lernen, dass eine gewisse Balance zwischen moderner und traditioneller Informationsverbreitung sinnvoll ist. Es muss klar sein, dass weder das eine noch das andere das Gelbe vom Ei ist. Mehr Misstrauen ist beim Surfen im Internet sicherlich generell angebracht. Was immer an Information gefunden wird, sollte man versuchen, anhand des Originals oder alternativer Quellen zu überprüfen. Neben dem gesunden Misstrauen gegenüber den Informationen, die man im Netz findet, sollte man aber auch lernen, beim Veröffentlichen persönlicher Informationen mehr Vorsicht walten zu lassen.