Karriere-Ratgeber

Was ist wichtiger: Berufserfahrung oder Studium?

09.06.2012
Durchforstet man ausgeschriebene Stellen für IT-Profis, so wird ein abgeschlossenes Studium meistens vorausgesetzt. Aber es ist nicht hoffnungslos, ohne Uni- oder FH-Besuch unterzukommen. Allerdings bedarf überdurchschnittlichen Engagements.

Im SAP- und Microsoft-Dynamics-Umfeld ist beispielsweise vor allem ein Studium der Wirtschaftsinformatik gefragt, wie ein Leser des Online-Karriereratgebers unserer Schwesterpublikation Computerwoche beobachtet. Er ist 26 Jahre alt und hat sieben Jahre Berufserfahrung in der IT - davon drei Jahre IT-Ausbildung (IT-Systemelektroniker), danach Wechsel in den Bereich ERP-Beratung. In dieser Zeit habe er Kenntnisse in der Prozessoptimierung erworben und Seminare zu den Themen Sozialkompetenz, Rhetorik und Itil besucht. "Ich habe nicht studiert, bringe aber einiges an Berufserfahrung mit", schreibt der CW-Leser.

Jens Rieger, Maiborn Wolff et al.: "Ein fehlender Hochschulabschluss verschließt die Türe in das gewünschte IT-Gebiet nicht komplett, aber der Eintritt ist schon deutlich schwieriger."

Deshalb fragt er, wie Arbeitgeber die Berufserfahrung einschätzen und honorieren, wenn ein Studium fehlt. "Verschließt mir das fehlende Studium die Tür zum Job oder kann ich meine Kompetenzen in irgendeiner Art und Weise ausgleichen?", will er nun wissen. Und weiter: "Welche Weiterbildungskurse sind sinnvoller, eher technische, aufs Produkt bezogene (etwa SAP-/ Microsoft-Dynamics- Grundlagen und Administration) oder eher solche zur Erweiterung der Sozialkompetenz, Rhetorik oder Itil?"

Jens Rieger, Mitglied der Geschäftsleitung beim Münchner IT-Dienstleister Maiborn Wolff et al. meint: "Ich würde nicht sagen, dass Ihnen der fehlende Hochschulabschluss die Türe in das gewünschte IT-Gebiet komplett verschließt, aber der Eintritt ist schon deutlich schwieriger. Viele Firmen, vor allem die großen, filtern ihren Bewerbungseingang nach formalen Kriterien. Der Hochschulabschluss ist dabei ein wichtiges K.o-Kriterium. In diesem Fall schafft es Ihre Bewerbung gar nicht erst in die Fachabteilung, um auch fachlich bewertet zu werden. Bei manchen Firmen haben Sie vielleicht die Chance, durch ein offensives aber nicht arrogantes Anschreiben trotzdem eingeladen zu werden. In jedem Fall müssen Sie sich auf mehr Absagen einstellen als mit einem gut abgeschlossenen Studium."

arbeit
Platz 26: ProSiebenSat1 Media AG
Medienkonzerne sind insbesondere unter angehenden Informatikerinnen beliebt. ProSiebenSat1 teilt sich den 26 Platz mit folgenden drei Unternehmen....
Nvidia...
einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Computer und Spielkonsolen, ist ebenfalls auf Platz 26 gelandet ( Vorjahr Platz 27).
Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz...
hat sich auch in diesem Jahr in den Top 30 behauptet. Forschungseintrichtungen ziehen insbesondere die 25 Prozent Besten eines Jahrgangs an.
Platz 24: Lufthansa Systems AG
Stefan Hansen, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Systems AG, kann zufrieden sein: Sein Unternehmen hat es als einer der wenigen IT-Dienstleister unter die Top 30 geschafft.
Platz 22: EADS
Der Konzern mit seinen Töchtern Airbus, Eurocopter, EADS Astrium und EADS Defence & Security konnte seinen Platz im Vergleich zu 2011 behalten.
Platz 21: Adobe
Der US-amerikanische Softwarehersteller ist insbesondere für sein Bildbearbeitungsprogramm Photoshop bekannt. Bekannte Produkte überzeugen den IT-Nachwuchs.
Platz 20: Daimler/ Mercedes Benz
Daimler ist einer von insgesamt fünf deutschen Automobilherstellern, die in der Top 30 vertreten sind. Nach der IT ist die Automobilindustrie die Branche, in der Informatiker am liebsten arbeiten möchten.
Platz 19: Electronic Arts
Neben Autos locken den IT-Nachwuchs auch noch Computerspiele. Spielehersteller Electronic Arts verlor aber im Vergleich zum Vorjahr vier Plätze.
...Bundesnachrichtendienst
2011 schnitt der BND, der viele offene Stellen für IT-Spezialisten hat, noch um sechs Plätze besser ab.
Platz 15: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
BSI-Präsident Michael Hange hat gut lachen: Seine Behörde hat einen festen Platz in den Top 30 der IT-Arbeitgeber.
Platz 15: Bosch Gruppe
Das Unternehmen, das den weltgrößten Automobilzulieferer Robert Bosch und 300 Tochterfirmen umfasst, hat im Vergleich zum Vorjahr fünf Plätze im Ranking gut gemacht.
Platz 13: Volkswagen
Der VW-Konzern ( hier im Bild die Autostadt in Wolfsburg) stieg in der Gunst des IT-Nachwuchses, und zwar um fünf Plätze.
Platz 13: Porsche
Die VW-Tochter ist seit Jahren als Arbeitgeber unter IT-Studenten äußerst beliebt.
Platz 12:Crytek
Spielehersteller Crytek war 2011 der größte Aufsteiger im Ranking der beliebtesten IT-Arbeitgeber und konnte seine Top-Platzierung fast halten.
Platz 11: Amazon
Eine der wenigen Internet-Firmen, die es unter die Top 30 geschafft haben.
Platz 10: BMW
Attraktive Produkte = attraktiver Arbeitgeber. Diese Gleichung scheint auch für den bayerischen Autobauer aufzugehen.
Platz 9: Siemens
Deutschlands größter Konzern war noch vor zehn Jahren der beliebteste Arbeitgeber der Informatikstudenten. Seitdem verliert er jedes Jahr einen oder mehr Plätze. 2011 belegte er Platz 7.
Platz 8: Fraunhofer Gesellschaft
Der IT-Nachwuchs will forschen. Darum ist die Fraunhofer Gesellschaft mit ihren zahlreichen Instituten - hier im Bild der für den Fußball entwickelte RedFIR Chip- eine feste Größe unter den Top Ten.
Platz 6: Audi
Die Ingolstädter, für angehende Ingenieure längst Arbeitgeber Nummer eins, werden auch unter Informatikstudenten immer beliebter. Von acht auf Platz sechs in diesem Jahr.
Platz 5: IBM
Martina Koederitz, IBM-Deutschland-Chefin, kann sich dieses Jahr nicht so recht freuen: IBM büßte den zweiten Platz des Vorjahres ein und rutschte drei Plätze ab.
Platz 2: Microsoft Deutschland...
...hier die Zentrale in Unterschleißheim, heißt der Aufsteiger des Jahres. Um zwei Plätze verbesserte sich die Gates-Company, die weltweit 2000 neue Stellen schaffen will.
Doch die meisten Informatikstudenten wollen bei Google arbeiten.
23,5 Prozent der Stimmen vereinte Google auf sich und damit mehr als doppelte soviel wie der Zweitplatzierte Microsoft.

Gibt es dennoch andere Wege, in das Wunsch-IT-Gebiet zu gelangen? Dazu hätte Jens Rieger zwei Vorschläge:

  1. Können Sie bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber in Ihr Wunsch-IT-Gebiet wechseln? Sie bauen sich dort das fachliche Know-How auf und wechseln erst später den Arbeitgeber - wenn überhaupt noch notwendig.

  2. Sie wechseln in Ihrem jetzigen Fachgebiet zu einem Arbeitgeber, der auch in Ihrem Wunsch-IT-Gebiet tätig ist. Beim neuen Arbeitgeber angekommen, organisieren Sie intern mittelfristig den Wechsel zu Ihrem Wunschthema.

Die Beantwortung der Frage nach der Weiterbildung hängt stark von der eigenen Persönlichkeit und seinen Neigungen ab, führt Rieger an. "Generell halte ich eine ausgewogene Verteilung von Fachwissen, Methodik und Soft Skills für wichtig. In Ihrem Fall würde ich dem Fachwissen und Methodenkursen den Vorzug geben, um dann als Produktexperte attraktiv für künftige Arbeitgeber zu sein."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche. (cvi)