Preiswerter eBook-Reader

Test: Amazon Kindle eReader mit WiFi und 6-Zoll-Format

13.11.2011 von Christoph Supguth
Nur 99 Euro kostet der neue Kindle von Amazon in der kleinen Ausführung ohne Tastatur. Im Test schnitt der Billig-Kindle insgesamt gut ab, aber nicht perfekt. Damit hat das günstige Lesegerät aber das Potenzial, eBook-Books salonfähig zu machen.

Der günstige Kindle eReader von Amazon ist durch die Veröffentlichung des Kindle Fire 7 Zoll in den USA in den Schatten geraten. Dabei lassen sich beide Geräte nicht unbedingt miteinander vergleichen: Der Kindle 6 Zoll ist nicht mehr und nicht weniger als ein eBook-Reader - und zwar ein guter.

Der erste Eindruck nach dem Auspacken aus der umweltfreundlichen Papp-Schachtel: Das Gerät ist klein, leicht und flach und etwas größer als ein Reclam-Heft. Als erstes sollten Sie den Kindle über das mitgelieferte USB-Kabel an PC oder Notebook aufladen - ein externes Netzteil gibt es nicht. Danach binden Sie den Kindle ins WLAN-Netzwerk ein.

Eine Verbindung ins Internet ist mit dem Kindle nur via WLAN möglich, entweder über einen Hotspot oder über eigene WiFi-Netzwerke. Starten Sie das Kindle zum ersten Mal, gelangen Sie zunächst zu einer Schritt-für-Schritt-Anleitung, in der Sie Ihr Kindle einrichten. Im ersten Schritt wählen Sie die Sprache über das Steuerkreuz.

Im zweiten Schritt wird die WiFi-Verbindung eingerichtet. Wählen Sie dafür mit dem Steuerkreuz die Option "Mit WiFi verbinden" aus. Das Kindle sucht dann die zur Verfügung stehenden Netzwerke, die Sie als Liste angezeigt bekommen. Über das Steuerkreuz wählen Sie Ihr Netzwerk und Sie werden dazu aufgefordert, das Zugangspasswort für dieses Netzwerk einzugeben. Über die Tastatur-Taste rufen Sie die virtuelle Tastatur auf. Die Buchstaben- und Zahlen-Kombination geben Sie mittels dem Fünf-Wege-Steuerkreuz ein. Eine Verbindung zu anderen Netzwerken stellen Sie später im Kindle-Menü über "Einstellungen" - "WiFi-Netzwerke" ein, egal ob es sich um ein öffentlichen Zugangspunkt oder ein passwortgeschützter Zugang handelt. Sind die Zugangsdaten einmal eingegeben, verbindet sich das Gerät automatisch, sobald das Netzwerk in der Nähe ist.

Wünschen Sie keine automatische Netzwerk-Verbindung, deaktivieren Sie diese einfach. Dazu drücken Sie auf der Startseite den "Menü"-Button und wählen "WiFi deaktivieren" oder umgekehrt "WiFi aktiveren" wenn Sie eine Verbindung herstellen wollen. Deaktivieren Sie den Netzwerk-Zugang, hält Ihr Kindle-Akku auch länger durch.

Verarbeitung und Bedienung

Die Bedienung des Kindle ist kinderleicht. Sie benötigen keine lange Einarbeitungszeit. Die Menüstrukturen sind eindeutig bezeichnet und selbsterklärend. Nachdem Sie das Gerät starten, befinden Sie sich direkt in der Übersicht Ihrer Text-Dateien und gelangen über den "Home"-Button dorthin zurück. Die Tasten zum Vor- und Zurück-Blättern an der rechten und linken Seite sind gut zu bedienen. Die Taste zum Vorwärts-Blättern ist größer als die Zurück-Blättern-Taste zur besseren Unterscheidung.

Innerhalb der Menüs bewegen Sie sich mit dem 5-Wege-Steuerkreuz. Über die Keyboard-Taste gelangen Sie zur Tastatur, die ebenfalls über das Steuerkreuz bedient wird. Schließlich findet sich noch ein Zurück-Button. Die Verarbeitung der Tasten ist hochwertig, der Tastendruck funktioniert einwandfrei. Die Bedienung der Tastatur mit dem Steuerkreuz ist allerdings mühsam. Die Suche, etwa im Kindle-Shop, ist so umständlich. Wer im Kindle-Shop stöbern möchte, sollte dafür lieber an den Rechner gehen. Das Herunterladen von E-Books auf den Kindle dauert je nach Verbindungsqualität des WLAN zwischen wenigen Sekunden und wenigen Minuten.

Auf dem Kindle können bis zu 1400 Bücher gespeichert werden. Die Anordnung der Bücher, Zeitungen und Zeitschriften erfolgt standardmäßig in chronologischer Reihenfolge. Ihre Bücher und andere Textdokumente, ob Zeitungen oder PDFs können Sie zudem nach Titel und Autor sortieren. Dafür gehen Sie auf der Startseite über das Steuerkreuz nach oben zur Option "Showing all Items" und drücken das Steuerkreuz nach rechts. Dort finden Sie nun die verschiedenen Optionen, welche Sie mittels Steuerkreuz auswählen.

Damit Sie nicht die Übersicht über Ihre virtuelle Bibliothek verlieren, können Sie Ihre Bücher und andere Textdokumente in Sammlungen (Kategorien) einordnen. Dabei lässt sich ein Buchtitel auch verschiedenen Sammlungen zuweisen. Dafür gehen Sie zunächst auf die Startseite und drücken den "Menü"-Button. Mit dem Steuerkreuz wählen Sie "Neue Sammlung erstellen" und vergeben mittels virtueller Tastatur den Namen Ihrer Sammlung, etwa "Belletristik".

Ihre Bücher weisen Sie Ihren Sammlungen hinzu, indem Sie auf der Startseite das Steuerkreuz nach rechts klicken. Die Detailseite der Sammlungen öffnet sich und Sie wählen die Sammlung, der Sie das Buch zuweisen möchten. Drücken Sie nun die Menü-Taste und wählen "Elemente hinzufügen". Markieren Sie den Titel den Sie hinzufügen möchten und wählen Sie zum Speichern die Option "Fertig".

Das E-Book-Angebot wächst

Amazon möchte mit dem Kindle eReader nun endgültig das Zeitalter der elektronischen Bücher auch in Europa einläuten. Das amerikanische Unternehmen wirbt mit einem Angebot von über 800.000 Büchern, allerdings in Deutsch und Englisch. Ein Blick auf den Kindle-Shop von Amazon zeigt aber, dass der deutsche Online-Buchhändler sein deutschsprachiges Angebot derzeit mit Hochdruck erweitert. Allein in den letzten 30 Tagen ist das Angebot deutschsprachiger E-Books um über 50.000 und in den letzten 3 Monaten um über 125.000 Stück angewachsen. Von der Spiegel-Bestseller-Liste für Belletristik finden Sie etwa derzeit 23 von 25 Titeln für Ihr Kindle.

Der Blick auf die kostenlosen E-Books lohnt sich besonders. Dort finden sich Klassiker der Literaturgeschichte, von Goethe bis Schiller, oder von Charles Dickens bis Oscar Wilde. In dem Gratis-Angebot finden sich derzeit knapp 6000 E-Books auf Deutsch und über 10.000 englischsprachige E-Books. Um in die Welt der Literatur einzutauchen, dürfte das fürs Erste ausreichen.

Steigend: Das Angebot an Kindle-Angeboten wächst ständig.
Foto: Amazon

Über den Kindle Store können Sie auch Zeitungen und Zeitschriften entweder als Einzelexemplar kaufen oder auch ein Abonnement abschließen. Wer sich für das Abonnement entscheidet, erhält fortan beim ersten Hochfahren des Kindle die aktuelle Ausgabe direkt auf das Gerät geliefert. Derzeit ist das verfügbare Angebot noch nicht besonders umfangreich. Deutschsprachige Zeitungs-Angebote gibt es nur von "Frankfurter Allgemeine", "Handelsblatt", "Die Zeit", "Neue Zürcher Zeitung" und "Die Welt", sowie die Zeitschrift "Wirtschaftswoche".

Der Vorteil des Zeitungslesen auf dem Kindle: Statt beim Umblättern etwa den U-Bahn-Nachbarn zu stören, haben Sie im Kindle alles im kleinen Format parat und das Umblättern artet nicht zur täglichen Yoga-Übung aus, sondern erfolgt einfach per Tastendruck. Innerhalb der Texte können Sie auch direkt zum Inhaltsverzeichnis der Zeitung oder Zeitschrift springen und sich so schnell einen Überblick verschaffen und gelangen auch schnell zu Ihren wichtigsten Themen.

Im Kindle eReader ist ein E-Ink-Display verbaut. Solche Displays arbeiten wie Papier: Sie reflektieren das Umgebungslicht und haben keine Eigenstrahlung. Das macht das Lesen auf dem Kindle viel angenehmer und effektiver, als das Lesen etwa auf einem Tablet.

Der zweite Vorteil der E-Ink-Technik ist der Stromverbrauch. Das Display verbraucht nur Strom beim Laden der entsprechenden Seite. Für die weitere Darstellung des Textes verbrauchen E-Paper-Displays keine weitere Energie. Daher hält der Akku nach Herstellerangaben bis zu einem Monat. Zum Vergleich: Das Tablet mit der längsten Akkulaufzeit ist derzeit das iPad 2 mit bis zu 10 Stunden. Der dritte Vorteil ist die gute Lesbarkeit bei direkter Sonneneinstrahlung und auch aus jedem Blickwinkel

Die Texte werden auf dem Kindle mit einer Auflösung von 170 dpi dargestellt. Die Texte auf unserem Test-Gerät wirken gestochen scharf und bieten einen guten Kontrast. Im Vergleich zu gedruckten Medien ist kein Unterschied festzustellen. Die Schrift können Sie auch an Ihre Bedürfnisse anpassen. So stehen Ihnen acht verschiedenen Größen und drei verschiedenen Schriftarten "Normal", "Schmal" und "Sans Serif" zur Verfügung. Zudem können Sie den Zeilenabstand und Wörter pro Zeile einstellen. In den Einstellungen für Schriftgröße haben Sie die Wahl, ob sie Ihre Text im Hoch- oder Querformat darstellen möchten.

Darstellungsproblem mit Update gelöst

Nach einem mehrstündigen Lese-Test fiel auf, dass der Hintergrund dunkler wirkte als zu Anfang. Kundenrezessionen auf Amazon.de berichteten sogar von durchschimmernder Schrift vorhergehender Seiten. Das Problem liegt hierbei nicht an einem schlecht verarbeiteten oder unausgereiften E-Paper-Display, sondern ist auf die Software, sozusagen das Betriebssystem des Kindle zurückzuführen. Damit ein schnelles und nahtloses Umblättern der Seiten möglich ist, wird das Display nicht bei jedem Seitenwechsel aktualisiert. Die Folge ist, dass Teile der alten Schrift nicht vollständig von der Bildfläche verschwinden.

Dieses Problem hat Amazon bereits mit dem Kindle Software-Update4.0.1 gelöst. Laden Sie sich dafür das Update 4.0.1 auf einen Rechner und verbinden Sie Ihr Kindle via USB-Kabel. Öffnen Sie über den Explorer die Ordneransicht und kopieren die heruntergeladene bin-Datei auf das Kindle in die oberste Struktur. Werfen Sie das Kindle aus und gehen über die Menü-Taste in die Einstellungen und drücken erneut die Menü-Taste und wählen "Kindle aktualisieren".

Nachdem das neue Update auf dem Kindle installiert ist, steht unter Einstellungen auf der vierten Seite die Option "Seite aktualisieren" zur Verfügung. Nach dem Update ist diese automatisch aktiviert. Stört Sie der gräuliche Bildschirm nicht, kann die Option dort deaktiviert werden.

Kindle-Format und Andere

Die Texte des Kindle-Format AZW, aber auch txt-Dateien lassen sich beim Lesen über "Menü" - "Schriftgröße" in der Größe, Schriftart und Ausrichtung an Ihre Bedürfnisse anpassen. Auch PDF-Dateien können auf dem Amazon-Gerät dargestellt werden, ohne diese konvertieren zu müssen. Allerdings stehen mit dem PDF-Format die Einstellungen im Menüpunkt "Schriftgröße" nicht zur Verfügung. Stattdessen erscheint der Menüpunkt "Zoom und Kontrast". Dort lässt sich die Darstellung auf "Breite anpassen", "150%", "200%", "300%" und "Original" anpassen. Wenn nun die Größe verändert wird, wird das PDF über zwei Seiten dargestellt. Der Text ist so immer nur zur Hälfte sichtbar, das Hin- und Herspringen macht flüssiges Lesen zu einer Herausforderung. Das offene Standardformat für eBooks, epub, unterstützt der Kindle allerdings nicht.

Dateien fürs Kindle konvertieren

Multitalent: Der Kindle beherrscht zahlreiche Darstellungsformate, allerdings nicht epub.
Foto: Amazon

Auf dem Kindle sollen auch die Formate HTML, DOC, JPEG, GIF, PNG und BMP dargestellt werden können. Diese müssen dafür aber erst konvertiert werden. Dafür stehen Ihnen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Über Ihre persönliche Kindle-Mail-Adresse schicken Sie Ihre Fotos und Textdokumente via E-Mail auf das Gerät. So werden die Dateien gleich in das richtige Format umgewandelt. Diese werden auch in der "Kindle-Bibliothek" gespeichert. Möchten Sie nicht, das diese dort gespeichert werden, lässt sich diese Funktion auch über "Mein Kindle-Seite" unter "Persönliche Dokumenten-Einstellungen" deaktivieren. Nachdem Sie Ihre E-Mail versendet haben, müssen Sie etwas Geduld haben. Je nach Dateigröße und -Menge müssen diese zunächst umgewandelt werden. Bis die Dateien auf dem Kindle abrufbar sind, vergehen mehrere Minuten.

Die zweite Möglichkeit Textdateien umzuwandeln, ist über ein eBook-Converter, wie etwa Calibre für den Heimrechner oder Calibre Portable für den USB-Stick, damit Sie auch von unterwegs Ihre Texte umwandeln können. Nach der Installation ziehen Sie die Text-Dateien in Calibre und über den Menüpunkt "Konvertiere Bücher", wählen Sie in dem sich öffenden Fenster rechts oben "Ausgabe Format", das Format MOBI. Mit einem Rechtsklick auf die konvertierte Datei gelangen Sie über "Öffne Speicherort" direkt zur umgewandelten Datei, die Sie sich via USB-Kabel auf Ihr Kindle ziehen.

Fazit

Die neue Generation der E-Ink-Technik im Kindle eBook überzeugt durch einen hervorragenden Kontrast- und Schärfebereich. Die Schrift ist gut lesbar, ob unter direkter Sonneneinstrahlung und egal aus welchem Blickwinkel. Ein Unterschied zu gedruckten Medien ist nicht festzustellen. Andere Display-Technologien liegen in der Kategorie Lesbarkeit um Längen zurück. Auch das Umblättern läuft flüssig und schneller als das Umblättern einer echten Buchseite. Die Handhabung der Grundfunktion ist kinderleicht und benötigt keine größere Einarbeitungszeit.

Einige Punkte fielen im Test negativ auf. Erstens ist die Bedienung der virtuellen Tastatur umständlich und erfordert etwas Geduld. Wer auf seinem Kindle desöfteren Texte eingeben möchte, sei es um Notizen anzulegen oder im Kindle Shop zu stöbern, dürfte mit einem Kindle mit Tastatur besser beraten sein. Dafür ist das Kindle ohne Tastatur klein und handlich. Der zweite negative Punkt ist die Darstellung der PDF-Dateien. Die Schrift ist bei angepassten Ansicht entweder zu klein, bei einer größerer Darstellung ist flüssiges Lesen durch das hin- und herschalten zwischen beiden Seitenhälften kaum möglich. Dafür gibt es eine zufriedenstellende, aber umständliche Lösung: PDFs in ein Kindle-freundliches Format umwandeln. Der Kindle beherrscht außerdem das ePub-Format nicht. Wer beispielsweise ePub-Bücher aus Bibliotheken ausleihen möchte, kann dies mit dem Kindle deshalb nicht tun. Eine Formatwandlung kommt beim Buchverleih wegen des dort in der Regel verwendeten Rechtemanagements (DRM) nicht in Frage.

Wer ein kleines handliches E-Book zu einem günstigen Preis möchte, ist mit dem Kindle eReader von Amazon aber gut bedient. Möchten Sie Ihren Büchern Notizen und Anmerkungen hinzufügen und auch über den eBook-Reader einkaufen, sollten Sie dagegen auf einen E-Book-Reader "Amazon Kindle Keyboard 3G" mit echter Tastatur zurückgreifen. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation PC-Welt.