Mobile Sicherheit

Ratgeber : Wie Sie Android-Smartphones und Tablets absichern

07.03.2012 von Frank-Michael Schlede und Thomas Bär
Moderne Smartphones leisten heute Dinge, für die bis vor wenigen Jahren noch vollwertige PCs erforderlich waren. Viele Anwender vergessen dabei leider, dass die Telefonbetriebssysteme wie Android damit auch von ähnlichen Gefahren bedroht werden wie die PCs.

Glaubt man der Voraussage der Netzwerkspezialisten von Cisco, wird es bereits in diesem Jahr auf der Erde mehr mobile Geräte geben als Menschen. Einen großen Anteil daran werden die Smartphones unter Googles Betriebssystem Android haben. Vom ersten "offiziellen" Android-Gerät, dem T-Mobil G1 (bei dem es sich um das HTC Dream handelte), bis hin zum Galaxy Nexus hat sich Android schnell verbreitet und mindestens ebenso schnell weiterentwickelt. Viele Kritiker meinen, dass gerade diese Schnelligkeit bei der Entwicklung in Zusammenhang mit der Vielzahl an Anbietern von Endgeräten einer der großen Schwachpunkte dieses Systems und damit der mit Android betriebenen Geräte ist: Nach ihrer Meinung bleibe deshalb viel zu häufig die Sicherheit auf der Strecke. Zudem erschwerten der schnelle Versionswechsel (siehe Tabelle) sowie die uneinheitliche Update-Politik der Smartphone-Anbieter, die gerade ältere Systeme nicht auf dem aktuellen Betriebssystemstand hielten, die Sicherheitslage zusätzlich.

Wir beschäftigen uns in diesem Artikel in einem kurzen Überblick mit den Besonderheiten und Herausforderungen des Betriebssystems, schildern die Gefahren und stellen Lösungen vor, die dem Android-Anwender helfen, seine Geräte sicherer zu machen. In weiteren Artikeln in den kommenden Wochen werden wir dann auch Apples iOS und Microsofts Antwort auf diese Smartphone-Betriebssysteme - Windows Phone 7 - unter die Lupe nehmen und diese drei "Kandidaten" dann abschließend vergleichen.

Android: das Betriebssystem

Ein Problem der Android-Systeme ist der schnelle Release-Wechsel, verbunden mit der gleichzeitig schleppenden Update-Politik der Hersteller: Hier ein Blick auf das Release 4.0 (Ice Cream Sandwich), das bis jetzt nur auf wenigen Systemen zu finden ist.
Foto: Android Open Source Project

Wer die Frage nach dem derzeit erfolgreichsten Linux-System am Markt stellt, wird eine Überraschung erleben: Es handelt sich dabei nicht etwa um Ubuntu, Debian, Fedora oder gar SuSE. Die quelloffene und freie Software Android, die auf dem Linux-Kernel 2.6 aufsetzt, ist mit einem weltweiten Marktanteil von 52,5 Prozent sogar der Platzhirsch bei den Smartphone-Betriebssystemen. Diese Zahlen stammen von den Gartner-Analysten und beziehen sich auf das dritte Quartal 2011. Im Jahr zuvor lag Android mit einem Marktanteil von 25,5 Prozent noch auf einem der hinteren Ränge. Bereits im Sommer 2005 kaufte Google die unbekannte Softwareschmiede Android, die zwei Jahre zuvor von Andy Rubin gegründet worden war. Im Oktober 2008 wurde Android dann erstmals auch als Betriebssystem für Mobiltelefone vorgestellt. Mit den an die Java-Standard-Edition angelehnten Klassenbibliotheken, der ebenfalls auf Java basierenden virtuellen Maschine Dalvik (Dalvik Virtual Machine - DVM), einer integrierten SQLite-Datenbank und einer OpenGL-basierten 3D-Grafikbibliothek bietet Android eine sehr attraktive Plattform für Softwareentwickler - was sich auch an der großen Zahl der Apps ablesen lässt, die im Android Market zum Download bereitstehen.

Android-Versionshistorie

Version

Codename

Erscheinungsdatum

1.0

Base

2008

1.1

Base_1_1

Februar 2009

1.5

Cupcake

Mai 2009

1.6

Donat

September 2009

2.0 (2.01/2.1)

Eclair

November 2009 / Januar 2010 (2.1)

2.2

Froyo

Juni 2010

2.3 (2.3.3)

Gingerbread

November 2010 / Februar 2011 (2.3.3)

3.0 (3.1/3.2.)

Honeycomb

Februar 2011 / Juni 2011 (3.2)

4.0 (4.03)

Ice Cream Sandwich

Oktober 2011 / Dezember 2011

5.0

Jelly Bean

Soll 2012 erscheinen

Das Betriebssystem und die Sicherheit

In den Systemeinstellungen von Android kann die grundsätzliche Installation von Anwendungen, die nicht aus dem Android-Market stammen, zugelassen werden. Diese sollte immer wieder zurückgesetzt werden.
Foto: Thomas Bär / Frank-Michael Schlede

Wie sieht es mit den Gefahren für dieses Betriebssystem und damit für die mobilen Geräte aus, die es einsetzen? Eine Gefahrenquelle besteht sicher darin, dass es bei sehr vielen Android-Geräten für die Anwender möglich ist, die vollständige Kontrolle über das Gerät zu übernehmen: Durch das Ausnutzen von Lücken erlangt man alle Rechte des Super-Users "Root" (den Android von Linux geerbt hat). Bei derart "gerooteten" Geräten ist prinzipiell alles möglich. So können die Benutzer zum Beispiel Programme mit Funktionen installieren, die im Normalfall verwehrt blieben. Dadurch steigt das Sicherheitsrisiko enorm. In der Standardkonfiguration werden alle Anwendungen in sogenannten Sandboxen ausgeführt, also in abgeschlossenen Umgebungen. Dadurch ist die grundsätzliche Gefahr für das Gesamtsystem gering, da systemwichtige Dateien in der Regel nicht verändert werden können. Ganz anders bei den "gerooteten" Geräten: Hier kann alles verändert werden, da der Super-User (oder Root) auf den Linux/Unix-Systemen traditionell uneingeschränkte Rechte besitzt, was Schadsoftware dann entsprechend ausnutzen kann. Wer sein Telefon "rooten" möchte, sollte sich diesen Schritt genau überlegen und besonders kritisch alle Anwendungen prüfen, die unbedingt Root-Rechte voraussetzen.

Welche Gefahren drohen

Doch es lauern weitere Gefahren auf die Anwender mit Android-Geräten. Die Experten von Lookout und Kaspersky sind sich in ihren Analysen einig: Die Bedrohungen für mobile Anwendungen auf der Android-Plattform werden noch zunehmen. So gibt es bereits Angriffe, die sich auf ein Einfallstor spezialisieren, das so auf PCs nicht vorhanden ist und deshalb leider von den Anwender häufig nicht als Sicherheitslücke vorgenommen wird: die Kurznachrichten SMS. Folgende Gefahren werden nach einhelliger Meinung der meisten Experten die mobilen Geräte im Jahr 2012 verstärkt bedrohen:

Das Security-Team von Lookout hat in einem Vortrag auf der Black Hat Konferenz 2011 in Las Vegas sehr schön dargestellt, wie der Patch Lifecycle bei Android die Sicherheit auf die gleiche Art und Weise beeinflusst, wie das auch bei anderen Betriebssystemen auf "großen Rechnern" der Fall ist.

Was der Anwender tun kann (einfache Sicherheitstipps)

Wie schon auf PC-Systemen, kann den Anwendern aller Mobil-Geräte und besonders natürlich denen, die ein Android-Gerät einsetzen, nur geraten werden, gerade beim Einsatz dieser Geräten den "gesunden Menschenverstand" nie außer Acht zu lassen. Die folgenden Sicherheitsratschläge können dabei helfen:

Software, die kostenlose Sicherheit bietet: AVG Free für Android

Aus der vorherigen Auflistung geht es bereits hervor: Die Benutzer sollten sich nicht von den kleinen Abmessungen ihres Smartphones oder Tablet-PCs in die Irre führen lassen. Es handelt sich bei diesen Geräten um beinahe ausgewachsene Computer.

Die AVG-Lösung machte nach der Installation sofort darauf aufmerksam, dass der sogenannte USB-Debugging-Modus, der auf diesem Gerät aktiviert war, eine Sicherheitslücke darstellt.
Foto: Thomas Bär / Frank-Michael Schlede

Das Risiko, sich auf einem Android-basierten Computer mit einem Virus oder Trojaner zu infizieren, ist dabei ebenso hoch wie auf einem Windows-Rechner. Aber Antivirenlösungen gibt es auch für Android-Systeme - unter anderem vom Anbieter AVG sogar in einer kostenfreien Version. Beinahe 135.000 positive Bewertungen für dieses Programm mit fünf Sternen im Market sprechen eine überaus deutliche Sprache. Direkt nach dem Download und der Installation prüft diese Software, ob sie gefährliche Schadprogramme im System findet.

Weitere Vorteile dieser freien Lösung

Durch einen Fingerdruck kann der Anwender aus dem AVG-Fenster den jeweiligen Einstellungsdialog öffnen und die risikobehaftete Einstellung direkt abschalten. Soll eine Einstellung dauerhaft aktiv bleiben, beispielsweise der von Softwareentwicklern benötigte "USB-Debugging-Mode", ist es durch das Setzen eines Häkchens möglich, diesen Warnhinweis nie wieder anzuzeigen.

Obwohl der EICAR-Test-String dem Android-System nicht direkt schaden kann, wurde die Datei auf der SD-Karte bemerkt und gemeldet.
Foto: Thomas Bär / Frank-Michael Schlede

Bei unseren Tests entdeckte AVG Free zwar die EICAR-Testsignatur auch in ZIP-Archiven, war aber leider nicht in der Lage, typische Windows-Viren, die wir über die SD-Karte auf ein Android-Tablet kopiert haben, zu finden und den Nutzer entsprechend zu alarmieren. Zwar können diese Programme dem Android-Gerät nichts anhaben, dennoch kann es leicht als Zwischenspeicher dienen, von dem aus dann die Viren bei der nächsten Synchronisation auf den Windows-PC gelangen!

Mehr Möglichkeiten: Lookout Mobile Security

Die Lookout-Software Security & Antivirus bei der Installation: Die Lösung wurde sehr gut lokalisiert und erläutert dem Anwender die einzelnen Schritte.
Foto: Thomas Bär / Frank-Michael Schlede

Der bereits erwähnte Hersteller Lookout, der sich auf den Schutz mobiler Systeme spezialisiert hat, bietet seit Dezember 2011 ebenfalls eine deutschsprachige Version seiner Security-Lösung an. Neben dieser mehr traditionellen Software (Lookout Security & Antivirus) bietet der Hersteller weitere Apps an, die helfen sollen, die Sicherheit auf Android-Smartphones zu erhöhen:

Für Otto Normalanwender …

Für die meisten Anwender dürfte aber die "normale" Security- und Antiviren-Lösung des Herstellers die interessanteste Anwendung sein. Ganz ähnlich wie bei anderen Anbietern bietet auch Lookout dem Android-User eine kostenlose und eine deutlich erweiterte und kostenpflichtige Premium-Version dieser App an. Aber auch die Freeware kann schon mit vielen Sicherheitsfunktionen punkten:

... und für Fortgeschrittene

Weiterhin bietet nur die Premium-Version zwei weitere Features, die als "App-Berater" und "Sicher surfen" bezeichnet werden. Während die Funktion "Sicher surfen" vor Phishing und Malware in Links oder beim Surfen mit dem Web-Browser schützen soll, zeigt der App-Berater sehr genau an, welche Apps auf dem Telefon beispielsweise den Standort nachverfolgen oder auf die persönlichen Daten zugreifen.

Mithilfe der Anwendung Mobile Threat Tracker wird dem Anwender sehr eindringlich die aktuelle Bedrohungslage visualisiert.
Foto: Thomas Bär / Frank-Michael Schlede

Bereits die freie Version dieser Software bietet dem Anwender eine ganze Menge Schutz: Im Gegensatz zur Lösung von Avast oder zur Security-Lösung von Kaspersky, die wir auf einem älteren Android-Systeme einsetzten, bemerkte diese Lösung den EICAR-Test-String auf der SD-Karte aber nicht. Auch hier kann man sicher einwenden, dass diese Art von Viren sowieso nicht gefährlich sind für Android-Systeme; trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl, wenn diese einfache Textdatei - die der Anwender in der Regel nur mit großer Mühe an den Standardschutzprogrammen auf einem PC vorbeischleusen kann - völlig ignoriert wird.

Fazit: Aufmerksamkeit ist geboten

Zum Abschluss noch eine beruhige Erfahrung, die wir bei unseren Tests mit Android-Telefonen und -Tablets machen konnten: Im krassen Gegensatz zu der häufigen "Panikmache" in den Medien (gerade Android ist hier ein beliebtes Ziel vieler IT- und auch Massenmedien), ist ein erfolgreicher Angriff auf ein Standard-Android-Gerät, auf dem sich die üblicherweise installierte Software befindet und das nicht manipuliert (= gerootet) wurde, glücklicherweise nicht so einfach zu bewerkstelligen. So haben wir im Testlabor einen Tablet-PC mit Android Version 2.3.5. mit dem Apple MAC OS 10.5 Port-Scanner eingehend übergeprüft, ohne dass ein geöffneter Port als Lücke entdeckt werden konnte. Einen entsprechenden Online-Portscanner bietet beispielsweise der Landesbeauftragte für den Datenschutz des Landes Niedersachsen an.

Die testweise gestartete Suche mit Nexpose, einem in der Community Edition freien Vulnerability-Scanner, ergab zwar zumindest eine theoretische Lücke im ICMP-Zeitstempel. Diese wurde jedoch bereits 1997 dokumentiert. Der Angriff mit der Software zum Penetrations-Test Metasploit, den wir anschließend starteten, verlief dann allerdings ergebnislos - wir konnten das Gerät auf diese Weise nicht angreifen.

Anwender, die bewusst mit ihren Android-Geräten umgehen und bei diesen mindestens ebenso viel Vorsicht walten lassen, wie sie es bei einem Notebook-System tun, mit dem sie sich beispielsweise in einem öffentlichen WLAN befinden, können von der Vielfalt und den vielen Möglichkeiten des Android-Betriebssystems sowie von der riesigen Auswahl an Apps profitieren. Zudem sollte ein Android-Anwender seine Aufmerksamkeit in puncto Sicherheit auch auf telefontypische Funktionen wie SMS richten und auf jedem Fall eine entsprechende Sicherheitssoftware auf seinem System einsetzen. (mec)



Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von Computerwoche.