Datensicherung und Archivierung auf Tape Libraries

Ratgeber: Automatisches Speichern auf Band

21.08.2012 von Beate Herzog
Obwohl Festplatten sich für die Datensicherung flächendeckend durchsetzen, haben Tape Libraries immer noch ihre Existenzberechtigung. Allerdings verlagern sich das Einsatzgebiet und die automatisierte Speicherung mittels Bandautomaten zunehmend in den Archivbereich.

Kein anderes Speichersystem bietet derart hohe Speicherkapazitäten bei vergleichsweise geringen Energiekosten wie Bandbibliotheken. Die Tape Libraries,, also Bandbibliotheken, sind Speichersysteme mit mehr als zwei Bandlaufwerken und einem Fassungsvermögen von bis zu mehreren tausenden Bändern. Diese können in besonders großen Systemen simultan abgefragt oder mit multiplen Streams beschrieben werden. Kleinere Bandroboter heißen Autoloader.

Bandbibliotheken zeichnen automatisiert digitale Daten auf Magnetbänder auf und verfügen über eine mechanische Robotik, die diese Medien bewegt. Die Tapes selbst erhalten einen Barcode, mit dem sie sich indexieren, ablegen und wiederfinden lassen. Eine zeitgemäße Strategie für Backup und Archivierung kombiniert das sogenannte Disk-Backup mit Band als Auslagerungsmedium und zur Archivierung im Langzeit- und Compliance-Bereich und Festplatten als "Kurzzeitspeicher". Darüber hinaus ist mit LTO-5 im Jahr 2010 ein leistungsfähiges Kassettenformat eingeführt worden.

Bandspeicher bieten immer noch Vorteile

Die Vorteile der Tape Libraries sind noch immer wichtig und relevant, wenn auch sicher nicht mehr in einem solchen Ausmaß, dass sie die erste Wahl für Backups wären. Für Bandautomaten sprechen hohe Kapazitäten, ebenso hohe Kompressionsraten, gute Durchsatzleistung sowie Haltbarkeit, Lebensdauer und die Auslagerungsfähigkeit der Medien. Letzteres bringt vor allem Energieersparnisse. Denn ein Disk-System muss ständig unter Strom gehalten werden, um Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Dagegen bieten Tape-Libraries die Option, Medien wirklich physisch an einen anderen Standort zu verbringen, ohne dort zwangsläufig ein weiteres System stets in Betrieb haben zu müssen.

Speichergigant: Oracle vertreibt mit der Sun-StorageTek-SL-Serie ein Bandsystem für den Archivierungseinsatz in Großunternehmen mit sehr großem Speicherbedarf. Das System zur Datenarchivierung lässt sich bis auf 70 PByte Speicherplatz erweitern und bietet damit ausreichend Platz für umfangreichste Archivierungsaufgaben.
Foto: Oracle

Bei der Speicherkapazität speichern LTO-5-Bänder bereits 1,5 TByte unkomprimiert. Mit einem Verdichtungsmodus passen 3 TByte auf die Spur. Die kommende Formatgeneration LTO-6, die noch 2012 in lieferfähigen Produkten verfügbar sein soll, fasst 3,2 TByte, komprimiert sogar 8 TByte an Daten in einer Cartridge zusammen. Die Datendurchsatzrate liegt bei LTO 5 bei 140 MByte/s und in der folgenden Version bei 210 MByte/s.

Mit mehreren Bandlaufwerken lassen sich damit schon einige TByte pro Stunde "wegschreiben", allerdings optimal nur im Stream und nicht in sequentiellen Datenschüben. Auch diese Leistung kann durch Kompression gesteigert werden, jeweils auf 280 beziehungsweise 525 MByte/s. Durch das robuste Design der Kassetten sind die Medien relativ unanfällig gegen Vibration, Sturz oder andere äußeren Einflüsse.

Der Hersteller geben die Lebensdauer von Bandmedien mit 30 bis 50 Jahren an. Dabei ist aber immer zu bedenken, dass sich bei einem Generationswechsel oft die Medien ändern. Deshalb sollte man auf Rückwärtskompatibilität achten und gegebenenfalls mindestens ein Bandlaufwerk der älteren Generationen vorhalten.

Nichtsdestotrotz sind diese Vorteile gerade bei großen Datenbeständen nicht von der Hand zu weisen. Anwender, die zudem gesetzliche Vorgaben einhalten müssen, können zusätzlich mit Verschlüsselung und WORM-Bändern (Write-Once-Read-Many) sowie der Auslagerung in einen Safe dafür sorgen, dass Daten definitiv unverändert bleiben.

Vom Backup-System zum Archiv-Spezialisten

Seit einiger Zeit verdrängen Plattensysteme die "klassischen" Tape Libraries immer mehr aus dem Backup- in den Archivbereich. Zwar versuchen die einschlägigen Hersteller, diesen Trend noch mit markigen Werbekampagnen umzudrehen, allerdings wird er kaum noch aufzuhalten sein. Durch Deduplizierung und Kompression, CDP, CRR und nicht zuletzt die Möglichkeiten zur teilweisen oder gänzlichen Abschaltung von Laufwerken und anderen Aktivkomponenten haben die Plattensysteme den Bändern hier auch noch ihre letzten Argumente ausgehöhlt.

Dennoch gibt es einen Bereich im Speichermarkt, der zweifelsohne für Bänder und ihre spezifischen Eigenschaften gemacht scheint: das Archiv. Hier werden völlig andere Anforderungen an Medien, den Umgang mit ihnen und vor allem an die Geschwindigkeit der Verarbeitung gestellt.

Nach Aussagen verschiedener Hersteller sind die treibenden Kräfte hinter der Nutzung von Bändern im Archiv die Medizin mit ihren Patientenakten, das Web mit Bildern, Video- und Musikclips und - vor allem - gesetzliche Regelungen zur Datenhaltung und -sicherung, also Compliance. Hier bleibt das Band mit seinen speziellen Eigenschaften auf absehbare Zeit das Speichermedium der Wahl.

Hinzu kommen neue Bereiche, die beispielsweise aus Überwachungskameras, unterschiedlichen Sensoren, aber auch in der Landwirtschaft Fluten neuer Daten erzeugen. Diese Daten haben oft nach einmaliger Nutzung nur noch rechtliche Relevanz und müssen nicht mehr im schnellen Zugriff stehen. Wichtig dabei ist, dass sie vor allem so wenig Energie wie möglich verbrauchen sollen.

Aus all diesen Gründen geht der Trend für das Band eindeutig vom Backup- in den Archivbereich. Setzten noch zu Beginn des vorigen Jahres mehr als 80 Prozent aller mittleren und großen Datenverarbeitungsbetriebe vor allem Bänder als Backup-Medien ein, werden es zu Beginn des kommenden Jahres nur noch 65 Prozent sein. Und mit dem Auslaufen der meist drei- bis fünfjährigen Nutzungszeit der entsprechenden Systeme werden diese immer schneller in den Archivbereich rücken.

LTO hat sich als Quasi-Standard durchgesetzt

Hatte der Kunde noch vor wenigen Jahren die Qual der Wahl zwischen einem halben Dutzend professionell eingesetzter Bandformate, ist heute LTO das Maß aller Dinge und dominiert bis auf wenige Nischenlösungen den Markt. Dies lässt sich vor allem mit der stringenten Produktentwicklung und der Aussicht auf neue Formate bis zum achten Typ (LTO-8) begründen.

Die einzelnen Formate werden seit langer Zeit mit regelmäßigen Abständen von zwei Jahren verlässlich von der Industrie eingeführt. Natürlich steht zurzeit LTO-5 als noch aktuelle Generation (LTO-6 steht in den Startlöchern) in der Gunst der Anwender an erster Stelle. LTO-Laufwerke verschiedener Hersteller und Generationen sind sowohl abwärts als auch untereinander kompatibel, sodass die Aufrüstung von nunmehr vier und mehr Jahre alten LTO-3-Systemen leicht geplant und durchgeführt werden kann. Abwärtskompatibel heißt hier, dass sich die unmittelbare Vorgängergeneration lesen und beschreiben und die beiden vorhergehenden Generationen lesen lassen. Hiermit können die Hersteller einen direkten Migrationspfad älterer Kassetten auf die aktuelle Version gewährleisten.

Band-Exoten kaum noch von Bedeutung

Linear-Tape-Open, kurz LTO, war nicht immer der Platzhirsch unter den Bandmedien. Über Jahre lieferte sich dieses Format vor allem mit SDLT (Super-Digital-Linear-Tape) ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Position als Marktführer. Letztlich konnte sich LTO aufgrund stabileren Betriebs, kürzerer Entwicklungszyklen und höherer Leistungsprofile durchsetzen.

IBM System Storage TS3100: Die IBM-TS3100-Serie richtet sich vor allem an mittlere bis große Unternehmen mit hohem Speicherbedarf für bestehende Backup-Systeme.
Foto: IBM

Daneben existierten noch zahlreiche andere Formate, die sich in Nischenbereichen großer Beliebtheit erfreuten. Dazu gehören AIT und S-AIT von Sony, Mammoth von IBM, VXA von Exabyte oder das vor einigen Jahren wiederbelebte DAT von HP. Unterstützten Bandbibliotheken früher oft mehr als ein Format, findet man heute eben nur noch LTO.

Die einzige Extrawurst wird von IBM gebraten: Die TS-Reihe ist eine hochperformante Eigenentwicklung von Big Blue. In den dazugehörigen Bibliotheken lässt sich aber auch LTO einsetzen. Anwender, die noch benötigte Daten auf solchen Bändern schlummern haben, tun gut daran, sich eine Migrationsstrategie zurechtzulegen und umzusetzen.

Welche Bandbibliothek für wen?

Die Anschaffung einer Bandbibliothek sollte nach Abgleich aller Kriterien erfolgen. Zu den "harten", also technischen Kriterien zählen die Skalierbarkeit von Laufwerken und Kassetteneinschüben, die Möglichkeit zur Partitionierung, die rund um das Gerät angebotenen Dienstleistungen und der Kundendienst durch den Hersteller oder einen seiner Partner. Natürlich muss auch der Preis für dieses "Paket" stimmen.

Jeder Anwender und Hersteller wird darin übereinstimmen, dass sich eine gute Bandbibliothek durch stabile Bauweise, robuste Mechanik und eine leichte Bedienbarkeit auszeichnet. Eine moderne Bandbibliothek ist vor allem durch die mögliche Anzahl von Laufwerken und Kassettenfächern gekennzeichnet. Dies ist heute das annähernd einzige Kriterium; da sich kleinere, mittlere und große Bibliotheken kaum noch in ihren Funktionalitäten unterscheiden. Eine durch den verstärkten Einsatz im Archivumfeld immer wichtiger werdende Eigenschaft ist auch die regelmäßige, selbstständige und vor allem automatische Überprüfung der genutzten Kassetten auf Lesbarkeit und Datenintegrität.

Zu den "weichen" Kriterien für die Anschaffung einer Bandbibliothek zählen neben dem leichten Umgang mit der Steuersoftware auch der unterbrechungsfreie Umbau möglicherweise ausgefallener Netzteile, Lüfter und anderer Komponenten im laufenden Betrieb. Darüber hinaus sollte die Möglichkeit zur Fernwartung und zur Abgabe von Statusmeldungen über E-Mail oder andere Kanäle geprüft werden.

Das neu anzuschaffende System muss mindestens den Speicherbedarf der kommenden drei Jahre abdecken und die Möglichkeit zur Umrüstung der Laufwerke auf die dann folgende Technologie bieten. Allerdings sollten nicht die gesamte Hardware und die ganze Anzahl an Kassetten für den Zielbedarf angeschafft werden, sondern nur die im laufenden Jahr benötigte Menge. Alle anderen Laufwerke und Kassetten sollten nachrüstbar sein. Nur so lassen sich die niedrigsten Betriebskosten und eine erträglich niedrige Wechselschwelle zur nächsten Technologie erreichen.

Vom Einstieg bis zur Unternehmenslösung

Die Einstiegsklasse bilden Bibliotheken mit zwei bis vier Laufwerken. Darunter sind die Autoloader platziert, die nur mit einem Laufwerk ausgestattet sind und sich meist nicht erweitern lassen. Den Midrange-Bereich bilden Systeme mit einer Ausbaufähigkeit auf bis zu 18 Laufwerke und mit bis zu 600 Kassetten. Das Enterprise-Segment besetzen Bibliotheken mit bis zu 100 Laufwerken sowie teilweise bis zu 100.000 Kassetten.

In puncto Bandbibliotheken und Autoloader bieten unter anderem folgende Unternehmen entsprechende Lösungen an:

(hal/cvi)