Anfang dieses Jahrtausends war der Communicator von Nokia der Inbegriff für mobile Kommunikation. Mitleidig blickten seine Besitzer zu Handy-Nutzern, die mittels T9 ihre Nachrichten schreiben mussten und E-Mails nur auf Monitoren sahen. Das Nokia E7 kann man getrost als Versuch sehen, diesen Glanz wieder aufleben zu lassen.
Das E7 steckt in einem ähnlichen Gehäuse wie das Nokia N8, das Display lässt sich aber ausklappen, darunter ist eine QWERTZ-Tastatur angebracht. Der Mechanismus ist gut verarbeitet: Wenn das Gerät zusammengeklappt ist, sitzt das Display fest im Gehäuse, es hat kein Spiel. Das gilt auch für den ausgeklappten Zustand, Nokia hat hier saubere Arbeit geleistet. Die Tastatur ähnelt vom Material und dem Design dem HTC Desire Z. Die einzelnen Tasten sind gummiert und auch für größere Finger angenehm zu bedienen. Das Display mit einer Diagonale von 10,2 cm ist ein kapazitiver AMOLED-Touchscreen, der im Test auf Eingaben schnell und präzise reagiert - das E7 ist hier um Welten besser als die erste Generation der Nokia-Touchscreen-Geräte.
Bei den Anschlüssen hat der finnische Konzern ebenfalls nicht gespart: Am oberen Ende findet sich ein Micro-USB-Anschluss über den Daten und Strom in das E7 gelangen. Dieser unterstützt die Spezifikation USB On the Go (USB OTG). Damit kann das E7 anderen USB-Geräten gegenüber als Host auftreten, so dass man beispielsweise Videos oder Bilder direkt zwischen Kamera und Handy übertragen kann. Unter einer Abdeckung daneben ist der Mini-HDMI-Anschluss, ganz rechts ist die Buchse für Kopfhörer und Headsets.
Die Technik im Inneren kann sich sehen lassen: Neben Bluetooth 3.0 stecken ein Kompass sowie zahlreiche Sensoren für Lage, Umgebungslicht und Abstand im Gerät. Mit dem mobilen Internet kann das Nokia E7 per HSPDA und HSUPA Kontakt aufnehmen, je nach Netzausbau sind im Download bis zu 10,2 Mbit/s und im Upload bis zu 2,0 MBit/s möglich. Für lokale WLANs ist ein Funkmodul nach 802.11b/g/n integriert.
Für Daten stellt Nokia 16 GByte Speicher zur Verfügung, dieser lässt sich aber nicht per MicroSD erweitern. Auf der Rückseite des Gerätes ist eine Kamera mit 8 Megapixeln samt Blitz untergebracht, seitlich am Gerät gibt es einen dedizierten Knopf, der sie auslöst.
Nokia E7 in der Praxis
Leider führt die Software die guten Vorgaben der Hardware nicht weiter. Nokia setzt auch beim E7 auf Symbian^3, das auf Symbian Series 60 basiert, aber für die Benutzung mit einem Touchscreen optimiert wurde. Das Problem hierbei: Sobald man tiefer als eine Programmebene navigiert, etwa beim Wechseln der Einstellungen, wird Symbian unübersichtlich. Teilweise finden sich widersprüchliche Programmpunkte, Funktionen sind versteckt in weiteren Untermenüs und Optionen einfach nicht klar ersichtlich.
Dank dem HDMI-Anschluss kann das E7 direkt an HD-Fernseher oder entsprechende Projektoren angeschlossen werden. Nokia liefert eine spezielle App mit, die startet, sobald sie eine HDMI-Verbindung erkennt. Das E7 verwandelt sich anschließend in eine Fernbedienung, über die man Musik wiedergeben oder Bilder und Videos anzeigen lassen kann. Leider erstreckt sich diese Funktion nicht auf andere Apps, so ist es beispielsweise nicht möglich, Präsentationen aus der vorinstallierten Office-Suite über HDMI auszugeben. Schade, hier hätte Nokia eine Chance gehabt, Business-Kunden mit einer idealen Präsentationslösung auszustatten.
Beim Thema PIM und E-Mail zeigt das E7 dagegen kaum schwächen. Konten von Ovi, Exchange, Google, Yahoo, T-Online, Freenet und Hotmail werden direkt im Assistenten unterstützt, POP und IMAP sind ebenfalls möglich, auch in der verschlüsselten Variante. In der Praxis hatten wir lediglich Probleme, als wir das Smartphone mit Office 365 koppeln wollten - das ein ähnliches Problem aber auch unter Android 2.3 auftritt, dürfte das Problem am von Microsoft verwendeten Exchange-Server liegen. Ein Nachteil: Es lässt sich nur Exchange-Postfach einrichten, wer also beruflich und privat über Exchange seine E-Mails abholt, muss zumindest einmal auf Alternativen ausweichen.
Im Test fiel Symbian^3 immer wieder durch seltsames Verhalten auf. Ein Beispiel: Selbst wenn das Smartphone in der Reichweite eines bekannten WLANs ist, kann das E7 die Verbindung nicht für den Browser nutzen - surfen ging nur per 3G. Da der Browser auch noch aufzeigt, wie viele Daten er lädt, kann man sein Inklusivvolumen förmlich davonticken sehen. Der Browser unterstützt zudem aktuell nur HTML 4.x, HMTL5 ist noch nicht integriert. Flash ist in der Lite-Version realisiert. Diese kommt leidlich mit YouTube zurecht, an vielen anderen Seiten scheitert der Browser aber.
Eine Sache kann das E7 aber gut: Verglichen mit anderen aktuellen Smartphones ist die Akkulaufzeit enorm gut. Während Android, iPhone und Co normalerweise nach einem Tag an die Ladebuchse müssen, hielt das Nokia-Smartphone im Praxistest mehrere Tage durch.
Fazit: Außen hui - innen mittelmäßig
Das E7 setzt leider einen gängigen Nokia-Trend fort: Hardware und Design sind spitze, Symbian kann aber nicht mithalten. Vor allem im direkten Vergleich mit anderen aktuellen Smartphone-Betriebssystemen merkt man erst, wie aufgebläht und unbequem sich das E7 bedienen lässt.
Das Problem am E7 ist der Preis: Nokia will das Gerät für eine unverbindliche Preisempfehlung von 499 Euro verkaufen - damit muss sich das E7 zumindest preislich mit High-End-Android-Smartphones und dem iPhone 3G S messen lassen. Und während das Design sowie die verbauten Hardware-Komponenten diesen Vergleich locker bestehen, gehen mit der aktuellen Symbian-Version alle gewonnenen Bonuspunkte gnadenlos verloren.
Es scheint, als befinde sich Nokia aktuell in einer Art Limbo: Windows Phone 7 ist als künftiges Betriebssystem schon gesetzt, die Entwicklung von Symbian wurde an Accenture übertragen und dennoch möchte der Konzern weiter Geräte verkaufen. Nutzern gegenüber ist dies aber nicht gerade fair. Es bleibt zu hoffen, dass Accenture die Ressourcen so bündelt, dass die Nutzeroberfläche von Symbian komplett neu entwickelt wird. Denn die eigentlichen Grundlagen sind durchaus gut - beispielsweise ist der Stromverbrauch gegenüber anderen Smartphones mit Symbian deutlich optimierter, was sich positiv auf Laufzeit auswirkt. Schafft es Accenture, auf dieser Basis eine optisch ansprechende und intuitive Nutzeroberfläche für Touch-Screen-Geräte zu entwickeln, wäre durchaus ein Comeback denkbar.
Das E7 ist eines der Geräte, für das Nokia "in den nächsten Monaten" das neue Symbian (Codename Anna) als Update zur Verfügung stellen will. Dies bringt beispielsweise eine überarbeitet Benutzeroberfläche sowie einen angeblich deutlich verbesserten Browser. Wann das Anna-Update aber zur Verfügung stehen wird, darüber schweigt sich Nokia noch aus.
Technische Daten des E7
Prozessor |
680 MHz |
Speicher |
intern: 16 GByte |
Erweiterungs-Slot |
Nein |
Display |
640 x 360Bildpunkte |
Größe (H x B x T) |
123,7 x 62,4 x 13,6 mm |
Gewicht |
176 Gramm inklusive Akku |
Akku |
1200 mAh |
Mobilfunk |
GSM / GPRS / EDGE / UMTS / HSDPA / HSUPA |
WLAN / GPS |
ja / ja |
Bluetooth |
ja, 3.0 |
Schnittstelle |
Micro-USB, Micro-HDMI |
Synchronisation |
Exchange, Google, Yahoo usw |
Betriebssystem |
Symbian^3 |
Hersteller |
|
Preis (voraussichtlich) mit Vertrag |
Ab 129 Euro (Vodafone) |
ohne Vertrag (UVP) |
Amazon: 409 Euro (UVP: 499 Euro) |
Vertrieb |
Vodafone, T-Mobile, E-Plus, O2 |