Gebe es einen Preis für das Gerät, das trotz minimaler Stückzahlen ein enormes Interesse, ja einen richtigen Hype ausgelöst hat, ginge dieser in 2013 mit Sicherheit an Google Glass. Bislang gibt es lediglich rund 10.000 Tester, die größtenteils aus den USA stammen, eine Ausweitung auf zirka 40.000 Glass Explorer wurde erst kürzlich angekündigt. Dennoch ist bereits jetzt eine Riesendiskussion entbrannt, die von der Angst vor dem endgültigen Verlust der Privatsphäre, die Aufregung über "Glassholes" bis zu den vielfältigen technischen Möglichkeiten reicht.
Google Glass: Wo führt das hin?
Eine realistische Einschätzung jenseits dieses Hypes zu geben ist nicht einfach, auch wenn der Autor dieser Zeilen Googles Datenbrille selbst bereits fünf Minuten testen durfte. Vielleicht als dreiteiliges Fazit:
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Der digitale "Aufschrei" ist angesichts der aktuellen Features des Geräts und der kaum merklichen Verbreitung außerhalb des Silicon Valley sicher überzogen. Allerdings kann es längerfristig durchaus Sinn machen, wie von Google-Chairman Eric Schmidt ins Spiel gebracht, eine neue soziale Etikette für die Benutzung von Wearables wie Glass zu entwickeln. Aktualisierte gesellschaftliche Regeln könnte man inzwischen allerdings auch schon für Smartphones fordern, wenn man die Verwendung oder den Missbrauch der Geräte im täglichen Leben betrachtet.
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Auch andere Eltern haben schöne Töchter: Während die endgültige Version von Google Glass wohl frühestens Mitte 2014 auf den Markt kommen wird, gibt es bereits Hersteller wie Vuzix oder Epson, die eine Reihe von fertigen Datenbrillen anbieten. Diese sind teilweise vielleicht nicht so elegant und trendig wie Glass, dafür aber bereits erhältlich und deutlich praxistauglicher. So ist etwa im Industrieumfeld eine klassische Brillenform wegen des gebotenen Schutzes vor Augenverletzungen klar vorzuziehen. Google Glass ist außerdem wegen seines Mini-Displays für innovative Anwendungen wie Augmented Reality (AR) nur bedingt geeignet, auch macht der kleine Akku dabei schon nach kurzer Zeit schlapp, wie der Münchner AR-Spezialist Metaio bei der Erprobung seiner Glass-Applikation feststellte.
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Die Faszination von Google Glass und anderen Datenbrillen kommt dank der neuen Form der Interaktion zwischen Mensch und Computer zustande, physikalische und digitale Welten verschmelzen, da Informationen - teilweise automatisch und kontextbasiert - bereitgestellt werden, ohne, dass der Benutzer seinen Blick auf separates Display abwenden muss. Wegen dieser Möglichkeit kann man davon ausgehen, dass uns das Thema noch länger begleiten wird - im privaten und beruflichen Umfeld.
Smartwatches: Auf der Suche nach dem Sinn
2013 war auch das Jahr, indem eine andere Form von Wearables deutlich an Bekanntheit zulegte, nämlich die der Smartwatches. Schuld an dem Durchbruch sind in erster Linie das Kickstarter-Projekt Pebbles Smartwatch, Sonys Smartwatch 2 und Samsung Galaxy Gear. Dabei handelt es sich aber vermutlich nur um die Spitze des Eisbergs, schon bald - wahrscheinlich schon zur CES Anfang Januar 2014 - sind Dutzende neuer Entwürfe zu erwarten.
Die Entwickelung erinnert nicht ohne Grund an den Tablet-Hype vor drei Jahren, als allein das Wissen um Apples iPad-Pläne genügte, um die Fantasie hunderter meist asiatischer Hersteller anzufachen. Weitere Parallele: Wie die Android-Tablets der allerersten Generation fehlt auch den ersten Smartwatches die erforderliche Reife für den breiten Einsatz.
Die Produkte, die bislang auf den Markt gekommen sind, seien in Sachen Design, verfügbaren Apps und Funktionen "ziemlich uninspiriert", urteilt etwa Gartner-Analystin Anette Zimmermann. Bis solche Uhren reif für den Massenmarkt würden, seien noch erhebliche Hürden zu überwinden. Dazu zählen die Marktbeobachter das vielfach klobige Design und die relativ hohen Preise. Möglicherweise wird es also auch hier Zeit, dass Apple mit einem eigenen Entwurf, der mutmaßlich iWatch genannten Uhr, neue Maßstäbe setzt.
Tablets: Luftiges iPad Air, strauchelndes Windows RT
Auch bei den Tablets selbst blieb die Zeit 2013 alles andere als stehen. Hier zeichnen sich allmählich im Wesentlichen drei an das Nutzungsverhalten (und die Kaufkraft) angepasste Größeneinheiten ab: 7, 8 sowie rund 10 Zoll Displaygröße. Bei den kleineren Tablets, die häufig zur verbesserten Mobilität mit einem Mobilfunkmodul ausgestattet sind, haben preiswerte Android-Modelle wie das Google Nexus 7 oder das Amazon Kindle Fire noch immer klar das Sagen. Apple hat zwar mit dem iPad mini mit Retina-Display technisch mächtig nachgelegt, allerdings liegt das 7,9-Zoll-Tablet auch in einer höheren Preisklasse.
Anders verhält sich die Sache in der "Königsklasse" 10 Zoll und mehr. Hier liegt Apple noch weitgehend unangefochten vorne - sowohl technisch wie auch, was das Preis-/Leistungsverhältnis anbelangt. Mit dem kürzlich erschienen superdünnen, unter 500 Gramm leichten und mit 64-Bit-A7-Prozessor ausgestatteten iPad Air hat der kalifornische Hersteller dabei die Latte für die Konkurrenz noch einmal höher gelegt.
Zu den Konkurrenten des großen iPads gehören 2013 nicht mehr allein Android-Geräte, wie sie etwa Asus (Transformer Pad, MeMo Pad), Sony (Xperia Tablet Z) oder Samsung (Galaxy Tab, Galaxy Note) anbieten. Mit zahlreichen Tablets versuchen außerdem Microsoft und eine ganze Reihe von Partnern von Acer bis Toshiba, das Betriebssystem Windows 8(.1) oder dessen ARM-Version RT zum Durchbruch im Mobile-Bereich zu verhelfen.
Ob der Plan aufgeht, bleibt abzuwarten. Mit der ersten Version seiner Surface-Tablets, insbesondere der schwachbrüstigen RT-Version hat sich Microsoft nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Vielversprechender ist die nun erschienene zweite Runde an Geräten, insbesondere das Surface 2 Pro, das nun auf Intels Haswell-Plattform basiert und 60 Prozent mehr Akkulaufzeit als der Vorgänger erreichen soll. Die Partner wiederum versuchen, den Kunden mit Hybrid-Geräten einen besonderen Mehrwert über den reinen Tablet-Einsatz hinaus zu bieten.
Generell zeigte sich 2013, dass insbesondere mit der modernen Haswell-Plattform von Intel Tablets mit Windows 8/8.1 an Fahrt aufnehmen. Während von Windows RT Hersteller eher abspringen und Microsoft selbst über eine künftige "Bereinigung" der vielen Windows-Varianten nachdenkt, werden Geräte wie das Surface 2 Pro zu ersten echten Alternativen, um nicht ein Notebook plus Tablet zu brauchen.
Smartphones: Abwärts und aufwärts
Lässt man das Jahr 2013 bei den Smartphones Revue passieren, so fallen einem zwei Trends ein. Wobei ein "Trend" eher ein Abgesang ist: Wir sprechen vom einstigen Smartphone-Pionier BlackBerry alias RIM; das Unternehmen steckt tief in der Krise. Blackberry hatte wichtige Trends verschlafen und geriet zunehmend in finanzielle Schieflage. Der Anfang 2013 gestartete neue Hoffnungsträger BB10-Plattform führte samt neuen Geräten nicht zum Erfolg. Im Gegenteil: 40 Prozent der Mitarbeiter zu entlassen und der Rausschmiss des CEO Thorsten Heins waren die Schlagzeilen der letzten Monate. Auch ein Verkauf des Unternehmens kam nicht zustande, obwohl es immer wieder zur Diskussion stand. Ist der weitere Absturz noch aufzuhalten? Es sieht nicht gut aus.
Beim zweiten Smartphone-Trend geht es dagegen aufwärts. Genauer gesagt bei der Display-Größe. Egal ob Samsung, HTC, Google oder Nokia: der Bildschirm wächst und wächst. Standard bei vielen neuen Geräten wie dem Samsung Galaxy S4 oder Google Nexus 5 sind inzwischen 5 Zoll. Nur Apple hält beim im September vorgestellten iPhone 5S und iPhone 5C weiter am 4-Zoll-Format fest. Noch muss man sagen, den diversen Gerüchten zufolge wird sich auch Apple dem Trend zum größeren Display nicht erwehren können und 2014 "wachsen".
Und wer dachte, bei 5 Zoll ist Schluss, der täuscht. HTC blähte das One Max auf 5,9 Zoll auf. Nokias Lumia 1520 hat 6,0 Zoll zu bieten und das Sony Xperia Z Ultra toppt alle mit einem sogar 6,44 Zoll großen Bildschirm. Fast handelt es sich hier schon um Tablets, die bei 7 Zoll anfangen. Daher kommt auch der Zwittername "Phablet" = Phone + Tablet.
Trends ausgelöst hat aber auch Apple mit dem iPhone 5S. Zum einem wäre da der TouchID-Sensor. Per Fingerabdruck das Smartphone entsperren ist zwar nicht neu und gab es vor vielen Jahren schon einmal, doch nun scheint es massentauglich zu werden. So bietet auch das neue HTC One Max einen Fingerprint-Sensor zum Entsperren des Displays. Auch mit seinem Schritt auf 64 Bit beim Betriebssystem iOS 7 und dem A7-Prozessor des iPhone 5S macht sich Apple fit für die Zukunft. Und schon ziehen auch Samsung, ARM & Co. mit Nachrichten über 64-Bit-Architekturen nach.
Mobile OSe: Platzhirsche und Frischlinge
Fangen wir mit einem mobilen Betriebssystem an, dass 2013 nicht wirklich als Erfolg gefeiert werden konnte: BlackBerry 10. Dabei kann das Betriebssystem nicht wirklich etwas dafür, denn an der Bedienung, den Features und auch der App-Anzahl gab und gibt es wenig zu mäkeln. Das "Drumherum" machte dem Betriebssystem schwer zu schaffen. Immer mehr in Fahrt kommt dagegen Microsofts Windows Phone 8. In Deutschland kommt Windows Phone bereits auf einen Marktanteil von 8,5 Prozent. Laut den Analysten von Kantar World Panel waren es im Q3 des Vorjahres noch mickrige 2,5 Prozent. Damit kommt Windows Phone zumindest in Deutschland Apples iOS (10,7 Prozent) schon gefährlich nahe. Android dominiert mit 77,9 Prozent weiterhin.
Konträr diskutiert wurde und wird natürlich Apples iOS 7, das seit September verfügbar ist. Einigen ist es zu bunt, anderen zu schlicht und die Änderungen in der Bedienung sind vielen auch zu viel des Guten. Wenn ein seit Jahren gewohntes Bedienkonzept auch nur ein bisserl verändert wird, ist der Aufschrei bei vielen immer laut. Passieren musste aber etwas beim schon angestaubten iOS, denn sowohl Android als auch Windows Phone haben Apple in der Funktionalität in vielen Bereichen überholt.
Zumindest etwas für Aufsehen sorgte im Februar 2013 auch das von Mozilla vorgestellte Smartphone-Betriebssystem Firefox OS. Bei der Bedienung erinnert Firefox OS mit Sperr- und Startbildschirm, Benachrichtigungsleiste sowie App-Übersicht an Android und Co. Die Unterschiede stecken primär unter der Haube: So nutzt Firefox OS die Fähigkeiten des Web-Standards HTML5 und der Skriptsprache JavaScript, um direkt auf Hardware-Ressourcen zugreifen zu können. Durch HTML und JavaScript lässt sich Firefox OS auch sehr einfach individualisieren und für spezielle Gerätegattungen wie Senioren-Smartphones oder Mobile-TV-Devices anpassen und auf diese Funktionen einschränken, wie Dr. Hermann Lichte, Director Innovation Management, net mobile AG, im Gespräch mit TecChannel skizzierte.
Neben den erwähnten etablierten, bröckelnden und aufstrebenden mobilen Betriebssystemen haben es weitere Neulinge wie Sailfish OS von Jolla natürlich schwer. Die Entwicklerschmiede, gegründet von ehemaligen Nokia-Mitarbeitern, bietet seit Ende November in Finnland das erste Smartphone mit Sailfish OS an. Als Besonderheit laufen auf dem System auch Android-Apps. Da sich die Geräte aber technisch nicht von Geräten wie iPhone 5S, HTC One, Google Nexus 5 oder Samsung Galaxy S4 mitsamt ihrer App-Flut abheben können, muss es in erster Linie der Preis machen. Bleibt zu hoffen, dass viele Startups wie Jolla einen langen Atem haben und weiter frischen Wind in die Szene bringen. (cvi)