Smart Data Innovation Lab

Deutschland als Vorreiter bei Analyse großer Datenmengen

08.01.2014
Digitale Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Die Technik für ihre Auswertung steht noch am Anfang. Eine gemeinsame Plattform von Wirtschaft und Wissenschaft nimmt sich viel vor und verspricht Wachstum und mehr Lebensqualität dank "Smart Data".

Daten gibt es wie Sand am Meer. Ihre intelligente Verknüpfung verspricht Milliardengeschäfte - und bereitet Datenschützern Kopfzerbrechen. Mit Unterstützung der Bundesregierung haben Forschungsinstitute und Unternehmen am Mittwoch in Karlsruhe ein "Smart Data Innovation Lab" (SDIL) gestartet, ein Innovationszentrum für intelligente Daten. "Wir wollen Weltmeister werden, wenn wir das Thema Smart Data anzünden", sagt der Forschungschef von Siemens, Wolfgang Heuring.

Zum Start des Zentrums zeigte das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) am Beispiel von Veranstaltungen, wie aus großen Datenmengen - "Big Data" - durch intelligente Verknüpfungen verborgene Zusammenhänge - "Smart Data" - sichtbar werden. Dafür wurde eine Smartphone-App mit Informationen zu einem Großfeuerwerk in Zürich entwickelt. Die Nutzer wurden gebeten, ihre ortsbezogenen Daten anonym zur Verfügung zu stellen. Damit konnte dann die Entwicklung der Besuchermenge in Echtzeit beobachtet und analysiert werden.

"Wir sehen, wie sich die Menschenmenge entwickelt und können das Verhalten von Besucherströmen vorhersagen", erklärt der DFKI-Forscher Paul Lukowicz. "In Duisburg hätte das viele Menschenleben retten können", fügte der Professor mit Blick auf die Katastrophe bei der Love Parade im Juli 2010 hinzu. Anhand von Erfahrungswerten früherer Veranstaltungen können Modelle entwickelt werden, die mit den Echtzeit-Daten verknüpft werden, so dass das System lernfähig wird. "Langfristig wollen wir Systeme bauen, die Millionen von Benutzern mit Smart-Daten erfassen können", sagt Lukowicz. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) soll dies bei der Fußball-Weltmeisterschaft in diesem Jahr in Brasilien zum Einsatz kommen.

Big Data: Vorteile und Probleme -
Trendthema Big Data
Von der Auswertung der riesigen Datenmengen, die täglich von IT-Systemen erfasst werden, versprechen sich Unternehmen, aber auch öffentliche Einrichtungen große Vorteile.
Vorteile von Big Data
Laut der Untersuchung von Barc erwarten sich Unternehmen von Big Data vor allem Vorteile auf strategischer Ebene. Doch das setzt voraus, dass Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen Hand in Hand arbeiten: Business Manager, IT-Fachleute und Experten für das Sammeln und Auswerten von großen Datenbeständen.
Benno Zollner, Chief Information Officer von Fujitsu Technology Solutions
" Big Data Lösungen kombinieren Informationen aus unterschiedlichen Quellen und einer Vielzahl von Technologien. Deshalb müssen Big-Data-Fachleute interdisziplinäre Erfahrungen mitbringen."
Big Data: Wer analysiert?
Die Analyse der Daten, die im Rahmen von Big-Data-Projekten erfasst werden, erfolgt laut einer Studie von TCS vornehmlich durch die Fachabteilungen, die diese Informationen verwenden. Die IT-Abteilung spielt eine untergeordnete Rolle.
Kay Müller-Jones, Head of Global Consulting Practice bei Tata Consultancy Services:
"Neben technischen Fertigkeiten und fachlichem Wissen sollten Big-Data-Fachleute über ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl im Umgang mit Kollegen verfügen. Denn gerade Big Data erfordert ein fachbereichsübergreifendes Denken, das Informationen aus vormals klar abgegrenzten Bereichen zusammenführt."
Big Data, die Probleme
Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Barc zählt fehlendes Fachwissen zu den größten Hemmnissen, mit denen sich europäische Unternehmen bei Big-Data-Projekten konfrontiert sehen.
Big Data: Wer ist zuständig?
Die Verarbeitung, das "Processing", von Big Data ist Aufgabe von IT-Fachleuten. Das können hauseigene Mitarbeiter sein, aber auch externe Spezialisten.
Analytische Infrastruktur für Big Data

Solche "Smart Cities" sind einer von vier Schwerpunkten des SDIL, neben der Effizienzsteigerung in der Produktion unter dem Schlagwort Industrie 4.0, einem intelligenten Netz für die Stromversorgung und dem Gesundheitswesen. Betreiber des Labs ist das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Dort wird nun als erstes die Hardware und Software eingerichtet. SAP stellt Server bereit und seine Datenbank-Technologie Hana. Von der Software AG kommt der Hana-Konkurrent Terracotta. Und Microsoft bringt die Daten mit seiner Azure-Plattform in die Cloud. Dann wollen die Beteiligten die ersten Ausschreibungen für konkrete Projekte beschließen. Das Geld kommt von den Unternehmen und der Bundesregierung.

Intelligente Datenanalyse schaffe nicht nur Vorteile für Unternehmen jeder Größe, sondern könne auch das Leben der Menschen verbessern, sagt Jim Hagemann Snabe, einer der beiden Vorstandssprecher des Software-Konzerns SAP. Der Datenschutz spielt für SDIL zunächst nur unter dem Aspekt eine Rolle, dass die bereitgestellten Daten der Unternehmen gesichert werden müssen.

Dabei ist die immer ausgefeiltere Analyse automatisch erstellter Daten auch eine Gefahr für den Schutz der Privatsphäre. Dieses Problem müsse europäisch gelöst werden, sagt Wolf-Dieter Lukas vom Bundesforschungsministerium und fügt hinzu: "Wenn aus Big Data nicht Big Brother werden soll, brauchen wir Vertrauen." Hier habe Deutschland international großes Ansehen. Und das könne durchaus nützlich sein, wenn es um die Nutzung der weltweiten Chancen bei Smart Data gehe.

In der Hardware, in Teilen der Software-Entwicklung und in der Unterhaltungselektronik ist Europa schon lange von Asien und den USA abgehängt worden. Im Geschäft mit der intelligenten Analyse von Datenmassen aber ist noch nichts entschieden. Mit dem "Smart Data Innovation Lab" werde hier ein Ökosystem geschaffen, mit dem das verfügbare Know-how zusammengelegt werde, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Software AG in Darmstadt, Karl-Heinz Streibich. "Das ist die vielleicht letzte Chance, um in der IT-Branche eine weltweit führende Rolle zu spielen." (dpa/hal)