Business-Handy im Test

BlackBerry Storm 9500 - iPhone-Alternative für Unternehmen

12.03.2009 von Moritz Jäger
Mit dem BlackBerry Storm wollen RIM und Vodafone dem iPhone Kunden im Geschäftsbereich und bei den Consumern abjagen. Dazu setzen die Firmen auf einen großen Touchscreen, Multimedia-Fähigkeiten und aktuelle Hardware. TecChannel testet, ob der Spagat gelingt.

Der neue BlackBerry Storm 9500 soll den Business-Bereich so umkrempeln, wie es das iPhone bereits im Consumer-Bereich geschafft hat. Für unseren Test haben wir die zum Redaktionsschluss aktuellste Firmware installiert. Diese hat mehrere Schwachstellen der ursprünglichen Version behoben. Beispielsweise reagiert der Storm nun deutlich besser auf Eingaben als mit der Firmware 4.7.0.65, die bei der Auslieferung im Dezember installiert war.

Zentrales Element des BlackBerry Storm ist der große Touchscreen. Am unteren Ende finden sich vier Tasten, mit denen sich Gespräche an- und ablehnen, das Menü aufrufen oder Aktionen abbrechen lassen. Das Display selbst ist angenehm hell und kontrastreich. Es kann durchaus mit dem Bildschirm des iPhone mithalten. Der Storm reagiert zügig auf Eingaben, deutlich schneller als beispielsweise der HTC Touch Pro. Vergleicht man ihn allerdings mit dem Apple iPhone oder dem Google G1, ist der BlackBerry Storm langsamer. Abhilfe kann man hier schaffen, wenn man in den Einstellungen unter „Bildschirm/Tastatur“ den Wert für den Punkt „Ziehempfindlichkeit“ nach oben setzt.

BlackBerry Storm: RIM liefert erstmals einen BlackBerry mit Touchscreen aus.

Der BlackBerry Storm verfügt über einen Lagesensor. Kippt man das Smartphone seitlich, wechselt die Ansicht entsprechend. Nahezu alle Programme sind an Hoch- und Queransicht angepasst, Ausnahmen gibt es aber, beispielsweise lässt sich BrickBreaker nur hochkant spielen. Ein anderes Problem ist, dass der Sensor zu sensibel eingestellt ist. Man wechselt die Ansicht dadurch oft, ohne dass man dies eigentlich gewollt hat.

Beim ersten Einsatz bemerkt man gleich den größten Unterschied zum Apple-Handy: Drückt man auf das Display, gibt es mit einem „Klick“ nach – man erhält also ein wirkliches taktiles Feedback. In dieser Form haben wir das noch nicht gesehen, es ist, als fühlte man den Tastendruck. Nachteil dabei: Um einen Programmpunkt oder einen Buchstaben auszuwählen, muss man zweimal wählen. Zuerst fährt man über den entsprechenden Punkt, anschließend drückt man die Taste. Das ist anfangs ungewohnt, geht aber nach einiger Zeit schnell von der Hand.

Hochkant zeigt der Storm die Tastatur im SureType-Layout an, ähnlich dem BlackBerry Pearl. Hält man das Gerät quer, schaltet die Tastatur auf ein QWERTZ-Layout um. Ein längerer Druck auf einen Buchstaben schaltet zwischen Groß- und Kleinschreibung um. Um zusätzliche Versionen eines Buchstabens zu tippen, etwa Umlaute, bewegt man den Finger auf einen Buchstaben, drückt aber noch nicht. Ähnlich wie beim iPhone werden dann die entsprechenden Alternativen angezeigt. E-Mails und andere Texte lassen sich im Querformat gut schreiben, allerdings vertippt man sich doch relativ oft. Insgesamt kann der Touch-BlackBerry nicht mit einer richtigen Tastatur, etwa der des BlackBerry Bold, mithalten.

Bildergalerie: BlackBerry Storm
Blackberry Storm 9500
Die Front des BlackBerry Storm.
Blackberry Storm 9500
Das Hauptmenü.
Blackberry Storm 9500
Der Dienststatus verschafft einen Überblick über die verfügbaren Dienste.
Blackberry Storm 9500
Der Kurzstatus des Storm.
Blackberry Storm 9500
Vorinstalliert sind die Andwendungen rund um Office. Dank der App World kann man aber zusätzliche Features wie Facebook direkt vom Gerät aus herunterladen.
Blackberry Storm 9500
Google Maps auf dem BlackBerry Storm.
Blackberry Storm 9500
Der Posteingang. Der große Bildschirm sorgt für mehr Überblick.
Blackberry Storm 9500
Im Hochformat aktiviert sich die Sure-Type-Tastatur....
Blackberry Storm 9500
....im Querformat ist dagegen das volle Layout sichtbar.
Blackberry Storm 9500
Die Kalenderansicht.
Blackberry Storm 9500
Erstellen eines neuen Termins.
Blackberry Storm 9500
Liegt der Termin in der Vergangenheit, gibt der Storm einen entsprechenden Hinweis ab.
Blackberry Storm 9500
Der Browser des Storms.
Blackberry Storm 9500
Über das Media-Modul erhalten Sie Zugriff auf die einzelnen Medienelemente.
Blackberry Storm 9500
Der Musikplayer des Storm.
Blackberry Storm 9500
Audio-Dateien lassen sich bequem auf dem Gerät suchen.
Blackberry Storm 9500
Die Optionen während der Wiedergabe.
Blackberry Storm 9500
Videos lassen sich angenehm im Querformat betrachten.
Blackberry Storm 9500
Die einzelnen Videos lassen sich wie Musikdateien suchen.

Ein weiterer Nachteil: Die getestete Vodafone-Version des BlackBerry Storm beherrscht zwar UMTS und HSDPA, allerdings kein WLAN. Laut Vodafone sei dies nicht notwendig, eine Umfrage unter UMTS-Nutzern habe ergeben, dass diese WLAN kaum nutzen würden. Inwieweit diese Aussage stimmt, sei dahingestellt. Einem High-End-Smartphone hätte WLAN in jedem Fall gut zu Gesicht gestanden, allein schon um im Ausland einen günstigen Internetzugang zu haben. An GPS haben die Entwickler dagegen gedacht, ein passendes Modul ist integriert.

Stark bei der Kommunikation, Schwächen beim Surfen

Die E-Mail-Funktionen des BlackBerry Storm deklassieren erwartungsgemäß die Konkurrenz. In Kombination mit einer passenden Infrastruktur kommen E-Mails schnell und problemlos auf dem Gerät an.

Posteingang: E-Mails kommen gewohnt schnell und zuverlässig an.

Kombiniert mit einem BlackBerry Enterprise Server erhalten Nutzer zusätzlich Zugriff auf Kontakte und die Terminplanung. Aber auch die abgespeckte Version des BlackBerry Internet Service (BIS), der etwa von Vodafone angeboten wird, liefert E-Mails schnell und zuverlässig ab. Im Test ließ sich der BlackBerry Storm auch einwandfrei an dem kostenlosen BlackBerry Unite-Server betreiben.

Surfen: Der Browser unterliegt dem iPhone-Browser. Dafür gibt es alternativ auch Opera Mini zum Download.

Schlechter sieht es dagegen beim Internet aus. Auch wenn der Browser des Storm gut ist und Opera Mini als Alternative zur Verfügung steht: Der Safari-Browser des iPhones wird nicht erreicht. Vor allem die Multi-Touch-Bedienung samt Zwei-Finger-Zoom des iPhones fehlt dem Surfer. Wie beim iPhone ist zwar ein Youtube-Player installiert, ein kompletter Flash-Player fehlt allerdings. Hier verspricht Adobe aber Abhilfe: Bis 2010 soll es für das BlackBerry-Betriebssystem einen nativen Flash-Client geben.

Die App World – Programmkatalog für den Storm

Künftig sollen BlackBerry-Nutzer eine zentrale Anlaufstelle für Anwendungen finden, ähnlich dem AppStore von Apple. Geplant ist diese unter dem Namen App World; die Download-Plattform findet sich derzeit in der Beta-Phase. Eine Vorabversion des Softwareverzeichnisses ist bereits auf dem Storm vorinstalliert. Hier finden sich vor allem Clients für verschiedene Instant-Messaging-Systeme oder etwa die Client-Anwendung für Google Maps. Die Anwendungen lassen sich problemlos aus dem Client heraus auf dem Storm installieren.

Anwendungen: Nach der Installation landen alle Programme im passenden Ordner.

Derzeit gibt es die Anwendungen zwar auch schon zum Download, noch sind sie aber über verschiedene Webseiten verteilt. Hier wäre ein zentrales Repository ein deutlicher Fortschritt. Aktuell ist allerdings nur ein Bruchteil der Anwendungen für BlackBerrys enthalten. Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklergemeinde die App World annimmt und wie kompliziert RIM den Zugang gestaltet. Problematisch könnten die Preisvorstellungen von RIM werden. Denn wenn eine Applikation nicht gratis ist, wird sie mindestens 2,75 Euro kosten. Der Kauf von Applikationen wird über die eBay-Tochter PayPal abgewickelt. Gekaufte Programme lassen sich nicht auf einer SD-Karte speichern oder von dieser starten.

Multimedia

RIM hat die Multimedia-Fähigkeiten des Storm deutlich hervorgehoben. Und tatsächlich kann sich das Gerät sehen lassen. Videos werden ruckelfrei und gestochen scharf wiedergegeben, auch Audio-Dateien lassen sich bequem abspielen. Problematisch können lediglich Dateien mit DRM-Schutz sein. Wurde Musik beispielsweise bei iTunes oder bei Napster gekauft, lässt sie sich nicht auf dem Storm abspielen. Vodafone bietet allerdings mit Vodafone Live Music einen eigenen Shop an, über den man auch direkt vom Stom aus zugreifen kann.

Musik-Player: Die Verwaltung von Musikstücken ist einfach, auch komplexe Playlisten sind damit möglich.

Speicher steht dafür ausreichend zur Verfügung. Der interne Speicher lässt sich bequem über microSD-Karten erweitern; bis zu 16 GByte sind hier möglich. Vodafone bietet die entsprechende Speicherkarte wahlweise im Paket mit an.

Video: Wahlweise lassen sich Videos im Hoch- oder Querformat anzeigen.

Praktisch ist, dass RIM beim Audio-Anschluss nicht auf Sonderformate setzt. Denn anders als beispielsweise bei HTC kommt ein Standard-3,5-mm-Klinkenanschluss zum Einsatz; es lassen sich also auch hochwertige Kopfhörer ohne zusätzlichen Adapter anschließen.

Lauf- und Ladezeit

Vergleicht man die Laufzeit des Storm mit anderen BlackBerrys, merkt man schnell: Der große Touchscreen fordert seinen Tribut. Der mitgelieferte Akku mit 1380 mAh hielt in unserem Dauertest 449,21 Minuten durch, also etwa 7,5 Stunden. Damit liegt der Storm in der Laufzeit zwar hinter allen anderen BlackBerrys, ist aber dennoch ein Langläufer unter den aktuellen Touch-Screen-Smartphones. Zum Vergleich: Das iPhone hielt unter gleichen Testumständen vier Stunden durch, das Google G1 war nach 3,5 Stunden leer, und der HTC Touch Pro brachte es auf sechs Stunden. Der Wert deckt sich mit den Erfahrungen aus der Praxis. Wird der BlackBerry Storm intensiver für Online-Dienste und E-Mails genutzt, muss er einmal am Tag an die Steckdose.

Gemächlich: Nach 180 Minuten ist der Akku wieder voll. Nach einer Stunde ist der Akku zu 55 Prozent geladen.

Für unseren Dauertest nutzen wir das leistungshungrigste Szenario. Die Bildschirmbeleuchtung war auf 100 Prozent eingestellt, zusätzlich waren die Datendienste aktiv. Über den Unite-Server wurde das Smartphone regelmäßig mit neuen E-Mails versorgt. Zusätzlich musste der Storm so lange die Kalenderansicht neu aufbauen, bis der Akku leer war.

Im Alltagseinsatz wird man hier sicherlich einiges an Energie einsparen können. Vor allem die Datenverbindung über 3G erweist sich als wahrer Stromfresser. Wann immer möglich, sollten Sie daher auf EDGE setzen.

Tabelle: Der BlackBerry Storm 9500 im Überblick

Hardware

Prozessor

Qualcomm
MSM7600
524 MHz

Speicher

ROM: 1024 MByte
RAM: 128 MByte

Erweiterungs-Slot

MicroSD

Display

480 x 360 Bildpunkte

Größe

112,5 x 62,2 x 13,95 mm

Gewicht

155 Gramm inklusive Akku

Akku

1400 mAh

Verbindung, Kommunikation und Betriebssystem

Mobilfunk

GSM / GPRS / EDGE / UMTS / HSDPA

WLAN / GPS

nein / ja

Bluetooth

ja, 2.0

Profile u. a.: mono/stereo headset, handsfree, phone book access profile, serial port profile

Schnittstelle

Micro-USB

Synchronisation

BlackBerry Desktop, BIS, BES, Unite

Betriebssystem

RIM OS

Getestete Firmware

4.0.7.109

Vertrieb und Preis

Hersteller

RIM

Preis (voraussichtlich) mit Vertrag

Vodafone: ab 99 Euro, ab 129 Euro mit 16 GByte Speicherkarte
O2: nicht im Sortiment
T-Mobile: nicht im Sortiment
E-Plus: nicht im Sortiment

ohne Vertrag

Etwa 520 Euro

Vertrieb

Vodafone

Fazit: iPhone-Alternative für Business-Nutzer

Der Storm ist, zumindest im Business-Bereich, eines der besten Smartphones mit Touch-Bildschirm. Dennoch unterliegt er dem iPhone in verschiedenen Disziplinen, die in erster Linie mit Unterhaltung, zusätzlichen Anwendungen und Web-Surfen zu tun haben. Allerdings deklassiert RIM Apples Smartphone vor allem in seinen Stammdisziplinen E-Mail und Verwaltbarkeit mit Leichtigkeit. Und auch die Akku-Laufzeit spricht für den BlackBerry. Dafür müssen Nutzer auf WLAN verzichten – in dieser Preisklasse ist das für ein High-End-Smartphone enttäuschend.

E-Mails: Im Querformat schaltet die Tastatur auf eine Vollansicht um.

Wie jedes RIM-Smartphone integriert sich auch der BlackBerry Storm in eine bestehende Infrastruktur, aktuelle Versionen des BlackBerry-Servers vorausgesetzt. Zeitaufwendige Workarounds oder zusätzliche Software wie beim iPhone sind nicht notwendig. Wer also auf den Coolness-Faktor des iPhones verzichten kann und Standardschnittstellen, wechselbare Speicherkarten und eine ausgezeichnete Verwaltbarkeit vorzieht, der sollte sich den Storm ansehen. Er erhält ein modernes Smartphone, das mit einem cleveren Bedienkonzept aufwartet und sich auch im Multimedia-Bereich nur wenige Schwächen erlaubt. (mja)

Alternative 1: Der BlackBerry Bold

Das aktuelle High-End-Gerät von RIM ist der BlackBerry Bold. In diesem Smartphone steckt nahezu alles, was derzeit an Technologie machbar und sinnvoll ist. Zusätzlich verfügt der Bold über einen brillanten Bildschirm. Den Test lesen Sie hier.

Alternative 2: Das iPhone

Zum iPhone sollten Sie greifen, wenn Sie zwar auf die Management-Features, aber nicht auf den besten Touchscreen im Markt verzichten wollen. Das iPhone ist ein großartiges Smartphone mit intuitiver Steuerung – es sollte aber trotz einiger Business-Funktionen eher als privates Handy verwendet werden. Den passenden Test finden Sie hier.

Alternative 3: Das Sony Ericsson Xperia X1

Mit dem Xperia X1 liefert Sony Ericsson eins der besten Smartphones auf Windows-Mobile-Basis ab. Das Gerät ist arbeitet flink, sieht gut aus und verfügt über alle aktuellen technischen Features. Ein besonderes Highlight sind die auswechselbaren Oberflächen. Mehr zum X1 lesen Sie hier.